Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman
Männer stehen und kam auf ihn zu.
„Deine Mutter sucht dich. Beeil dich. Es ist Besuch da.“
„Das sehe ich. Wer?“
Die Magd, die kaum zwei oder drei Jahre älter als Felix war, lachte nervös auf.
„Große Herren. Aus Metz.“
Felix überlegte, ob er das Mädchen beschwatzen konnte. Wenn sie den Mund hielte, könnte er sich still und heimlich wieder aus dem Staub machen und warten, bis der hohe Besuch verschwunden war. Er hatte keine Lust auf die Begegnung. Aus Metz, das hatte ihn die Erfahrung gelehrt, kam nichts Gutes. Aber da waren ja noch die Knechte, die neugierig herüberstarrten, und überhaupt! Er sollte doch wissen, wie sich ein Sohn von Wittiges, dem anstrustio des Königs, zu verhalten hatte.
„Ist gut. Wo finde ich meine Mutter und den Besuch?“
Ratlos zuckte die Magd die Schultern. „Versuch’s im großen Speisezimmer.“ Sie warf einen Blick zurück zu den Knechten. „Soll ich mitkommen?“, setzte sie zögernd hinzu.
„Auf keinen Fall“, winkte Felix großzügig ab. „Ich will nicht, dass du deine Pflichten vernachlässigst. Bestimmt wirst du hier noch gebraucht.“
Die Magd schenkte ihm ein spitzbübisches Lächeln, knickste artig und rannte mit fliegenden Röcken zurück zu den Knechten, die sie lachend in Empfang nahmen.
Auf dem Weg zum großen Speisezimmer, dem eigentlichen Empfangssaal des Hauses, kam Felix der Gedanke, dass die Besucher aus Metz vielleicht eine Nachricht von seinem Vater überbracht hatte. Unversehens schlug sein Herz schneller, während er losrannte.
Wie sah der Junge bloß aus! Aletha seufzte, als sie Felix betrachtete, der zögernd auf der Türschwelle stehen geblieben war. Seine Hose sah feucht und schmutzig aus, die Haare hingen ihm zerzaust in die Stirn, und die Hände, die er verlegen an der Tunika abwischte, waren offensichtlich nicht sauber. Sie nahm an, dass er sich wieder mit dem Bruder des Schmieds herumgetrieben hatte, einem stillen, etwas linkischen Burschen, zu dem Felix eine unbegreifliche Zuneigung gefasst hatte. Unter anderen Umständen hätte sie darüber hinweggesehen, nun aber zeigte sich allzu deutlich, dass dieses Bürschchen keinen guten Einfluss auf ihren Sohn hatte. Er verbauerte, wenn sie nicht aufpasste.
Einer der Herren, Wandalenus, comes der civitas von Metz, einer der Aufsteiger am Hof des kleinen Königs, drehte sich auf seinem Scherenstuhl herum und blickte zur Tür.
„Da ist er! Komm her, Felix.“
Wandalenus hatte Felix oft genug in Berthos Gesellschaft gesehen.
Fragend wandte sich Felix an seine Mutter. „Gibt es Nachricht von Vater?“, fragte er atemlos.
„Felix, du bist unhöflich“, mahnte Aletha ruhig.
Felix riss sich sichtlich zusammen, trat auf Wandalenus zu, begrüßte ihn förmlich und danach seine Begleiter, zwei alte anstrustiones König Sigiberts, beides Männer über vierzig. Wandalenus, obwohl deutlich jünger, war der wichtigste der drei.
„Hast du eine Nachricht von meinem Vater?“, wiederholte Felix.
„Er kommt schnell zur Sache“, bemerkte Wandalenus schmunzelnd, aber seine Augen blickten kalt. „Nein, leider nicht. Dennoch hast du Grund zur Freude. Wir sind hier, um dich nach Metz mitzunehmen.“
Nur zu deutlich sah Aletha, wie ihr Sohn erschrak. „Aber, das kann nicht sein“, widersprach er heftig. „Mutter, sag’s ihm, bitte. Ich bin erst seit zwei Tagen wieder zu Hause.“ Er machte einen Schritt auf sie zu, aber sie bedeutete ihm mit einer raschen Geste, neben Wandalenus’ Stuhl stehen zu bleiben.
„Du hast noch genügend Zeit, dich umzukleiden und etwas zu essen. Deine Sachen sind schon gepackt. Wandalenus hat nur auf dich gewartet.“ Eine gewisse Schärfe klang in ihrer Stimme auf. Dabei verstand sie ihren Sohn durchaus. Gern hätte sie sich Brunichilds Forderung widersetzt, ihr Felix umgehend nach Metz zurückzuschicken. Aber sie wusste, dass sie ihm damit auf lange Sicht geschadet hätte. Er hatte der zu sein, der er war, der Gefährte und Vertraute eines Königs. Es blieb ihm keine Wahl, wenn er in dieser Welt bestehen wollte.
Mühsam rang Felix um Fassung und nickte schließlich. „Dann muss es wohl so sein. Aber darf ich erfahren, warum ich zurück soll?“ Er wandte sich nicht an Wandalenus, sondern an seine Mutter. Aber sie kam nicht dazu, ihm zu antworten.
„Hoher Besuch, wie ich sehe. Hübsche Pferde habt ihr mitgebracht, die gefallen mir“, dröhnte eine Stimme von der Tür her. „Bleibt ihr länger?“, fügte der Eintretende noch ungehobelt hinzu.
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