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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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zu, fasste es an den Schultern und sah sich beunruhigt um. „Rigunth, du hast mich nicht gesehen. Hörst du?“ Er wandte sich an einen der Knechte. „Holt mein Pferd, ich bleibe nicht.“
    Rigunth riss sich los und schrie im Davonlaufen: „Ich sag Mutter Bescheid, dass du da bist, sie wird’s wissen wollen.“
    Merowech machte Anstalten, ihr nachzusetzen, zuckte aber dann nur die Schultern und stieß heftig die Luft aus. „So ein Pech“, knirschte er. „Verdammte Göre!“
    Von den Kriegern, die das Mädchen begleitet hatten, blieben alle bis auf zwei, die ihr folgten, im Hof. Einer trat ruhig auf Merowech zu. „Bringst du eine Botschaft?“, fragte er.
    „Natürlich hat er eine Botschaft, schließlich kommt er geradewegs aus Paris“, mischte Wittiges sich ein. Er amüsierte sich. „Dann hast du ja jetzt Familienanschluss gefunden, viel Spaß mit deinen Lieben“, wandte er sich an Merowech. „Du machst deiner Stiefmutter Fredegund besser gleich deine Aufwartung. Mich brauchst du nicht mehr. Tja, es tut mir leid, Samur“, verabschiedete er sich auch von dem Awaren. „Ich hab in der Stadt zu tun, aber irgendjemand wird sich deiner schon annehmen.“ Ohne auf eine Entgegnung zu warten, wies er seine Knechte an, im Palast um Quartier zu bitten, befahl Ulf, bei ihnen zu bleiben, und machte sich zu Fuß zu den Händlern auf, die er in der Stadt mehr oder weniger flüchtig kannte. Für Erkundigungen blieben ihm nur noch wenige Stunden, bevor jeder dieser Händler sein Haus für die Nacht verriegelte.
    Der erste empfing Wittiges freundlich, lud ihn zu einem frühen Abendessen ein, aber er begnügte sich mit einem Becher verdünntem Wein. Auf einmal kam es ihm auf jede Stunde an. Hier in Chalon war Felix zuletzt gesehen worden, und jede Stunde, die er vertrödelte, schien die Möglichkeit ihn, wiederzufinden, ferner zu rücken. Natürlich fragte er nicht geradeheraus nach seinem Sohn, sondern nach etwaigen besonderen Vorkommnissen während der Trauerfeierlichkeiten. Erst beim zweiten Becher erwähnte der Händler das Verschwinden eines Kindes, welches, wie das Gerücht besagte, der kleine Sohn der Königin von Austrasien war.
    „Und was erzählt man sich über dieses Verschwinden?“, fragte Wittiges mit mühsam unterdrückter Erregung.
    Der Händler wiegte den Kopf hin und her und warf Wittiges unter schweren Lidern einen abwägenden Blick zu. „Auf Befehl Guntrams wurde jedes Haus durchsucht. Hast du eine Vorstellung davon, wie es ist, wenn dein Warenlager durcheinandergebracht und dein Gesinde zu Tode erschreckt wird? Und alles nur wegen eines Balgs, das uns nichts angeht.“ Er stockte. „Entschuldige, ich vergaß, dass du selbst aus Austrasien stammst. Du bist sogar anstrustio der Königin, sagt man. Tut mir leid, ich weiß nichts Genaues. Was uns nicht unmittelbar selbst betrifft, kümmert mich nicht. Du bist nicht in Geschäften hier, nehme ich an?“
    Dabei blieb es. Nahezu gleiche Gespräche führte Wittiges mit drei weiteren Händlern. Er wusste, er war hier in Burgund und nicht in Austrasien, aber die Händler - zumindest die wichtigen - bildeten über die Herrschaftsgrenzen hinweg eine Bruderschaft, der er vor vielen Jahren beigetreten war, als er mehr oder weniger zufällig in eine Handelstätigkeit hineingeschlittert war. Damals hatte er Purpur und Edelsteine in Marseille gekauft, sie im Norden verkauft und nach anfänglichen Schwierigkeiten gute Gewinne erzielt. Einen Teil des Purpurs, den er immer noch von Zeit zu Zeit im Süden besorgte, verarbeitete Aletha in ihrer Wollweberei.
    Die Mitglieder der Händlerbruderschaft waren durch heilige Eide verpflichtet, sich gegenseitig zu helfen. Wenn er hier keine Unterstützung erhielt, dann nirgends. Es ging auf Mitternacht zu, in den Straßen trieb sich nur noch Gesindel herum und er gab auf. Im letzten Haus der Gasse brannte noch Licht, es war ein kleines, schäbiges Eckhaus, dessen Obergeschoss aus windschiefem Fachwerk nicht zum soliden Mauerwerk des unteren passte. Obwohl Wittiges nicht wusste, wer hier wohnte, hämmerte er an die Tür. Zu seiner Überraschung wurde sie fast augenblicklich geöffnet.
    Ein Mann lugte heraus. „Bist du der Arzt?“, fragte er hastig.
    Wittiges drängte sich durch die Tür, schloss sie hinter sich und lehnte sich dagegen. „Danke, dass du mich zu so später Stunde noch empfängst. Nein, ich bin kein Arzt.“
    Erschrocken wich der Mann zurück. Es war ein älterer, nachlässig gekleideter Mann mit dünnem Haar

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