Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman
können warten. Ich bin sicher, Wittiges bringt wichtige Nachrichten, da er hier so hereingeplatzt ist.“
Wittiges trat einen Schritt näher an ihn heran und dämpfte die Stimme zu einem Flüstern. „Hast du Stroh in den Ohren? Das hier geht dich nichts an. Wir reden später miteinander - über meinen Sohn Felix.“ Der comes musste in die Verwechslungsgeschichte eingeweiht gewesen sein, und er würde ihn für seine Beteiligung zur Rechenschaft ziehen. Aber die Hauptschuldige saß hier vor ihm.
Wandalenus hatte endlich begriffen. Er verbeugte sich knapp, machte eine rasche Drehung und ging hinaus. Eilig folgten ihm die anderen.
Wittiges wartete nicht einmal, bis der Vorhang wieder gerade hing. „Wie konntest du das tun?“, stieß er voller Wut hervor.
„Was?“
Das Dumme war, dass er immer noch so stark auf sie reagierte. Er konnte nicht aufhören, die schöne junge Prinzessin in ihr zu sehen, in die er sich vor langer Zeit verliebt hatte. Die Vergangenheit gab ihn nicht frei, und das wusste sie. Damit rechnete sie auch jetzt wieder. Entspannt lehnte sie sich zurück, ihrer Wirkung auf ihn voll und ganz bewusst. Sie war schöner geworden, auch härter und gerissener, aber ehe sie sich versah, packte er sie und zog sie vom Stuhl hoch.
„Spiel nicht die Unwissende. Aletha hat mir alles erzählt, über die Kleidung, die du für beide hast anfertigen lassen, die Stiefel mit den hohen Absätzen, Berthos gefärbtes Haar. Was bist du für ein gewissenloser Mensch! Du hast meinen Sohn geopfert - meinen einzigen Sohn!“, schrie er unbeherrscht und schob sie so heftig zurück, dass sie um ihr Gleichgewicht ringen musste.
„Was fällt dir ein, mich anzufassen!“
Der Vorhang wurde beiseitegerissen, beide starrten verblüfft Wandalenus an, der mit gezogenem Schwert hereinstürmte.
„Was soll das?“, fragte Brunichild kalt. „Hatte ich nicht klargemacht, dass ich ungestört mit einem meiner wichtigsten Gefolgsmänner zu sprechen wünsche? Und ich schätze es nicht, wenn du draußen stehst und lauschst.“
Wandalenus lief rot an, machte kehrt und stapfte hinaus.
„Dieser Schleimpilz“, knurrte Wittiges.
„Rede nicht so von ihm. Während dir nichts Besseres einfällt, als hier flegelhaft hereinzudrängen und mich mit Anklagen zu überhäufen, hat er mir in den letzten Wochen vorbildlich zur Seite gestanden. Ich bin ihm unendlich dankbar für seine Unterstützung, ohne ihn wäre Bertho heute nicht in Sicherheit.“
Wittiges lachte verbittert auf. „Sei nicht albern. Ihm tropft der Ehrgeiz mit dem Schweiß aus allen Poren. Und er ist dir so lange ergeben, wie es ihm nützt.“ Wandalenus war schließlich nicht der einzige Ehrgeizling bei Hof, Wittiges kannte sie alle.
„Ach ja? Also bist du der Einzige, der selbstlos und lauter zu mir steht? Willst du das behaupten?“
„Ab heute nicht mehr“, sagte Wittiges hart. „Seit du meinen Sohn geopfert hast, bist du für mich ...“
„Er ist nicht dein Sohn“, fiel ihm Brunichild wütend ins Wort. „Felix ist nicht dein Sohn, du weißt es, und ich weiß es auch.“
Wittiges musste sich beherrschen, um sie nicht erneut zu packen und durchzuschütteln. Sie hatte genau das gesagt, was ihn am tiefsten schmerzte und verletzte. Woher wusste sie das?
„Er ist mein Sohn seit dem ersten Tag seines Lebens. Und ich bin sein Vater, der für ihn ...“
Brunichild trat näher, bis er ihren Atem im Gesicht spürte. Zu viel Nähe, gefährliche Nähe, die seine Erregung aufputschte, wobei er nicht wusste, ob es Liebe oder Hass war, was er empfand. Dieses Gemach war viel zu klein für ihre Auseinandersetzung. Er wollte Abstand, er überlegte, ob er, um sich abzureagieren, die Stühle zum Fenster hinauswerfen sollte. Dann war wenigsten mehr Platz um ihn herum. Mit ausgestreckten Armen hielt er Brunichild von sich weg.
„Wenn ich sein Gesicht sehe, erkenne ich meinen Vater darin“, sagte Brunichild leise. „Die Wahrheit habe ich schon vor langer Zeit erraten, und irgendwann hat es mir Aletha gestanden. Mein Vater Athanagild hat sie geschwängert, als sie noch eine kleine, unbedeutende Sklavin in Toledo war. Es war allgemein bekannt, dass mein Vater sich an den jungen Mägden vergriff und sie sich nicht gegen ihn wehren konnten. Dafür verurteile ich ihn heute noch. Felix ist mein Halbbruder, also erzähl mir nichts über seine Abstammung. Du jedenfalls bist daran nicht beteiligt.“
„Also ist er nur ein Bastard, auf den es nicht ankommt?“
„Ganz und gar
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