Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman
nicht. Und glaub mir, es fiel mir nicht leicht, was ich getan habe. Aber Bertho ist der König, und Felix war einverstanden. Er hat eine noblere Gesinnung als du.“ In ihrer Stimme klang etwas auf, das ihn flüchtig anrührte. Bedauern, Reue, Trauer. Es konnte nicht alles nur gespielt sein. „Was machst du überhaupt hier? Wir haben dich nicht erwartet. Und weiß Gogo, dass du von den Awaren zurück bist? Was hast du dort überhaupt erreicht?“
Sie setzte auf Ablenkung, aber er war in seinem Zorn auf sie noch nicht mit ihr fertig. „Ein Bote hat uns benachrichtigt, dass Felix in Chalon entführt wurde.“ Als er fortfuhr, schwankte seine Stimme. „Aletha war so entsetzt, dass sie das Kind verlor, das sie erwartete. Sie war schwer krank, als ich aufbrach, vielleicht ist sie bereits gestorben.“
„Nein!“ Brunichild tappte zu ihrem Stuhl, sank darauf nieder und begann zu schluchzen.
Er war derjenige, den all das Unglück getroffen hatte, aber sie schluchzte vor Kummer! Es war zum Verrücktwerden. „Hör auf!“, fuhr er sie an. „Die Tränen waschen dich von deiner Schuld nicht rein.“
„Sie darf nicht sterben“, flüsterte sie außer sich vor Schmerz.
Seit sie zusammen Toledo verlassen hatten, hingen die beiden Frauen aneinander. Das Leben in der Fremde hatte sie zusammengeschmiedet. Sie stritten zwar häufig, vergaßen aber nie, wie sehr sie sich brauchten.
„Sag du das Gott. Auf mich hört er längst nicht mehr.“ Die Bitterkeit stieg ihm wie Galle in die Kehle. „Und ehe ich es vergesse, ich bin hier, um dir deinen Ehemann anzukündigen. Ich habe ihn mitgebracht.“
Merowech hatte ihn gebeten, die Lage in Pompierre auszukundschaften. Er selbst wartete eine Meile entfernt auf einem Hof, der zum Landgut des Königs gehörte.
„Merowech ist hier?“ Brunichild rührte sich nicht, hörte aber auf zu weinen. Endlich wischte sie sich die Tränen ab und schaute ihn ungläubig an. Nun hatte er den Beweis. Er konnte seine Zweifel begraben.
„Du hast ihn wirklich geheiratet?“, fragte er dennoch.
Sie senkte den Blick und legte die Hände im Schoß zusammen. „In Rouen, ja.“
Auf einmal überlief ihn die Erbitterung bis in die Fußspitzen, der Schweiß brach ihm aus und rann ihm unter dem Gewand zwischen den Schulterblättern herab, von einem unangenehmen Jucken begleitet. „Du hast dich an diese halbe Portion gebunden? Einfach so, weil du gerade einen Mann im Bett brauchtest? Wir führen seit Jahren Krieg gegen seinen Vater, und du vergnügst dich mit dieser Laus im Bett?“ Er redete sich neu in Rage.
Aber auf einmal fuhr sie auf und stieß ihn vor die Brust.
„Du unverschämter Maulesel! Du Mistkerl! Ich hab mir jetzt genug von dir angehört. Was Felix betrifft, verstehe ich deinen Schmerz und verzeih dir deine Beleidigungen, aber rede nicht so von Merowech und mir.“
Hinter ihnen hustete jemand.
Angriffsbereit griff Wittiges zum Schwert. Jetzt würde er sich nicht mehr zurückhalten und seinem aufgestauten Ärger die Zügel schießen lassen, gleichgültig, was er sich damit einhandelte.
Der Vorhang hob sich und Merowech spazierte herein. Er grinste verlegen. „Ich hab das Warten nicht mehr ausgehalten, ich hab mir gesagt, was soll’s, ich bin schon andere Risiken eingegangen.“
Brunichild sank zurück auf ihren Stuhl, stand wieder auf, trat auf ihn zu und lehnte sich aufatmend an ihn. Wittiges merkte, dass er vergessen war, ließ das Schwert stecken und wollte sich hinausschleichen.
„Warte“, sagte Brunichild. „Untersteh dich, den Hof zu verlassen. Wir reden noch miteinander.“ Über Merowechs Schulter hinweg sah sie ihn an, tauchte in seinen Blick ein, wie nur sie es konnte, und er musste vor sich selbst zugeben, dass sie ihn immer noch an der Kandare hielt, da konnte er nichts machen. Er nickte verkniffen und riss vor Wut beinahe den Vorhang herunter, als er hinausging.
In der Nacht grübelte Wittiges über das Gespräch mit Brunichild nach.
Dass Felix ihr Halbbruder war, hatte er sich nie ausreichend klargemacht. Aber da war noch etwas anderes, Wichtigeres, zu bedenken. Alethas Abstammung vom alten burgundischen Königshaus. Wahrscheinlich wusste Brunichild auch davon. Und mit dieser Wahrscheinlichkeit tat sich ein ganz anderer Hintergrund der Verwechslungsgeschichte auf. Wenn Brunichild die Dinge genauso beurteilte wie er inzwischen, war Felix im Hinblick auf das Erbe Burgunds ein gefährlicher Konkurrent Berthos. Wittiges wusste, dass es nur eines geeigneten
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