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Der Hüter des Schwertes

Der Hüter des Schwertes

Titel: Der Hüter des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Duncan Lay
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könnten höchstens davon träumen, so zu sein wie wir?«
    Sie gestattete sich ein siegesfreudiges Lächeln, sah in die Runde und seufzte. An den verschlossenen Gesichtern konnte sie ablesen, dass jedes Wort von ihr auf taube Ohren stoßen würde. Diese Sitzung war offensichtlich eine von Gello eingefädelte Farce. Er hatte es irgendwie geschafft, all seine Gegner von dieser Versammlung fernzuhalten, und seinen Favoriten klare Anweisungen erteilt, wie sie handeln und was sagen sollten. Sie stellte fest, dass es keine Debatte gab. Sie würden sich alle dafür aussprechen, das Heer zusammenzuziehen und Herzog Gello anzuflehen, genau das zu tun, was er wollte – die Herrschaft über das Land übernehmen. Natürlich würden sie es mit netten Begriffen wie »vorübergehend« oder »so lange wie nötig« beschönigen, diese Worte waren jedoch nur ausgeklügelte Lügen. Den Worten des nachfolgenden Redners schenkte sie kein Gehör und ließ sie einfach über sich ergehen.
    Sie hatte begriffen, dass diese Sitzung des Kronrats das Ende bedeutete. Wenn dieser Tag zu Ende ging, würde Gello sein Ziel erreicht haben. Jetzt konnte sie nur noch ein Wunder retten. Ja, sie hatte Barrett ausgesandt, aber der Magier war auf sich allein gestellt. Was konnte er alleine schon ausrichten?
    Der Gedanke, den Thron aufzugeben, schmerzte wie ein Dolch, den man ihr ins Herz gestoßen hatte. Es gab so viele Dinge, die sie als Königin erreichen wollte, aber der ihr aufgezwungene Kampf um den Thron hatte all ihre Zeit verschlungen. Es ärgerte sie maßlos. Nach jenem schicksalhaften Tag, als Gello beschämt aus dem Thronsaal geflohen war, hatte sie gewusst, dass es ihr Schicksal war, als Königin zu herrschen. Die erste Königin von Norstalos zu sein. Und sie hatte sich diesem Ziel verschrieben. Ungeachtet dessen, was König Croft und Herzogin Ivene vereinbart hatten, und in klarem Widerspruch zur offensichtlichen Einschätzung ihres Vaters wussten sowohl Merren als auch Gello, dass es nur einen endgültigen Sieger geben konnte. Norstalos konnte nur einen Herrscher haben, nicht zwei. Und heute erreichte der Kampf zwischen ihnen seinen Höhepunkt. Ein Kampf, von dem sie jetzt wusste, dass sie ihn verlieren würde; und das konnte sie nicht ertragen.
    Sie stand abrupt auf, und Graf Cessor, der sich lauthals darüber ausließ, dass Norstalos sich jetzt im Notstand befinde und in Chaos versinken würde, wenn man dem Heer nicht freie Hand gab, verstummte, sodass eine peinliche Stille eintrat.
    »Majestät?«, fragte Worick.
    »Ich werde keine weitere Sekunde meiner Zeit mit einer Meute von Gellos Schoßhunden verschwenden«, erklärte sie. »Ich weiß, was Ihr vorhabt, ich habe keinerlei Interesse, an diesem lächerlichen Schauspiel teilzuhaben. Erlasst die Verfügung, die Euer Herr wünscht, und kriecht in der Hoffnung, dass er Euch den Kopf tätschelt und Euch für Eure gute Arbeit lobt, zu ihm zurück.«
    »Majestät, ich muss protestieren!«, rief Cessor laut.
    »Protestiert, soviel Ihr wollt, Ihr fetter Narr. Aroaril wird das entscheidende Urteil darüber fällen, was Ihr hier anrichtet. Möge er Euren verderbten Seelen gnädig sein, denn glaubt mir, ich werde sie zu Zorva schicken, wenn ich die Gelegenheit dazu bekomme«, fauchte sie ihn an. Dann stürmte sie aus dem Saal und genoss die entgeisterten Gesichter, wohl wissend, dass dies nur eine Feder war gegen das Bleigewicht von Gellos hinterhältigem Sieg. Sie ging langsam zurück in ihre Räume, und ihr kam der Gedanke, dass sie ihre letzten Augenblicke als Königin ruhig genießen konnte. Also ließ sie auftischen, bestellte ihre Hofdamen und Musiker zu sich und dachte sogar darüber nach, einen Barden kommen zu lassen. Aber es war ihr dennoch nicht möglich, zur Ruhe zu kommen. Ihr Magen rebellierte, die köstlichen Speisen schmeckten auf ihrer Zunge wie Asche, und die Musik klang in ihren Ohren misstönend.
    Sie musste nicht lange warten. Die Musiker hatten gerade ihr zweites Stück angestimmt, als es draußen so laut wurde, dass sie ihre Einsätze versäumten. Die Hofdamen starrten die Königin an, während Schreie, Trompetensignale und Pferdegetrappel zu hören waren. Merren schickte Rana hinaus; sie sollte nachsehen, was vor sich ging.
    »Meine Königin! Der Palast ist von Berittenen des Heeres umstellt!«, rief sie.
    Merrens Herzschlag beschleunigte sich. So rasch! Gello musste seine Truppen schon in Bereitschaft gehalten haben! Sie trat auf den Balkon und blickte hinab. Die noch

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