Der Huf des Teufels (German Edition)
Aufenthalt in Deutschland sollte sie wieder erden und zurück zu ihren Wurzeln bringen.
»Ja, Sie haben recht«, sagte Shelly also, obwohl ihr das auf Lasse bezogen nicht richtig vorkam. Sie trank ihren Kaffee aus und sah sich im Garten um. »Schön haben Sie es hier. Das ist ein wunderschönes Haus.«
»Ja, mein Mann hat es selbst entworfen, er ist Architekt. Da steckt eine Menge Arbeit drin. Aber für Sie muss das doch nur eine kleine Bude sein.«
»Nein, das stimmt nicht. Ich mag die Architektur hier in Deutschland und auch die Art zu bauen. Viel stabiler als bei uns. Wissen Sie, wenn bei uns in Texas ein Tornado wütet, bleibt am Ende nicht viel stehen, wenn man nur mit Holz baut.«
»Ja, das glaube ich. Aber leben Sie denn nicht in Hollywood?«
»Doch, schon, ja. Aber die Ranch meines Vaters steht in Texas. Sagen Sie, dürfte ich vielleicht mal Lasses Zimmer sehen, oder haben Sie es längst umgebaut? Er wohnt ja nicht mehr hier.«
»Natürlich können Sie es sehen, es ist noch genau wie früher, damit er sich wohlfühlt, wenn er nach Hause kommt.«
Frau Wilhelm führte Shelly durch das mit Parkett ausgelegte Wohnzimmer in einen Flur, von dem aus eine Treppe in die obere Etage führte. Es gab viele Fenster hier, kleine und große, und an allen waren elektrische Rollläden angebracht. Oben erreichten sie einen quadratischen Flur mit vier Türen und einer offenen Dachluke, die über eine hölzerne Leiter zu erreichen war.
»Im Dachgeschoss hat Helmut sein Atelier. Lasses Zimmer ist gleich hier.« Sie öffnete eine Tür, hinter der es stockdunkel war. Anstatt den Lichtschalter zu betätigen, fuhr Frau Wilhelm die Fensterläden hoch. Nach und nach drang immer mehr Sonnenlicht in das Zimmer und erhellte den mit einem weißen Teppich ausgelegten Raum. Die Fensterfront maß mindestens vier Meter. Direkt davor stand ein ausladender Schreibtisch aus schwerem, lackiertem Holz. Rechts an der Wand befand sich auf einer kleinen Empore ein Doppelbett. Die linke Wand wurde von einem Einbauschrank mit schwarzen Schiebetüren komplett verdeckt. Eine Regalkonstruktion aus schwarzen Brettern zog sich über die restliche Wandfläche des Zimmers hin, war aber luftig genug, um in Zwischenräumen großformatigen gerahmten Fotos Platz zu bieten. Es waren Bilder von Lasse beim Reitsport und Filmplakate bekannter Hollywoodstreifen. In dem Regal direkt über seinem Bett waren in einer beleuchteten Vitrine seine Auszeichnungen untergebracht.
»Das ist ein wunderschönes Zimmer«, sagte Shelly und machte ein paar Schritte in den Raum hinein. Die Anlage von Bose im Regal und der Mac-Computer auf dem Schreibtisch hatten mit Sicherheit ein kleines Vermögen gekostet, und jetzt entdeckte Shelly hinter der Tür auch noch einen großen schwenkbaren Plasmafernseher an der Wand. »Kann er gut mit Computern umgehen?«, fragte sie.
»Oh ja, selbstverständlich. Er kann alles mit diesem Ding machen, das ist wirklich erstaunlich.«
Shelly sah sich die Fotos an. Eins zeigte ihn auf einem Pferd, mitten im Sprung über ein Hindernis.
»Wie alt war er da?«
»Da muss er gerade zehn oder elf gewesen sein. Das ist Zeus, unser Hengst, der aber leider schon verstorben ist.«
»Haben Sie viele Pferde?«
»Vier zurzeit.«
Shelly musste beim nächsten Foto lachen. Dort beugte sich ein Pferd über einen Kinderwagen, der von Herrn Wilhelm geschoben wurde.
»Das ist ja klasse!«
»Ja, nicht? Das ist eins meiner Lieblingsfotos. Wir waren so glücklich, als Lasse endlich da war.«
»Hatten Sie sich schon länger Kinder gewünscht?«, fragte Shelly.
»Ja. Nein. Bei Lasse war es etwas kompliziert. Die Schwangerschaft verlief nicht so ideal. Ich war oft und lange im Krankenhaus damals. Musste viel liegen und … na ja, wir hatten Glück, dass Lasse überlebt hat. Es war eine Zwillingsschwangerschaft. Sein Bruder … hat es nicht geschafft.«
»Oh, das tut mir leid. Ich hätte nicht fragen sollen.«
»Ach, das können Sie doch nicht ahnen. Es ist lange her, und Lasse ist gesund und munter. Das ist die Hauptsache. Natürlich macht man sich nach so etwas als Mutter doppelt Sorgen, wenn mal was ist. Vor zwei Jahren hat er sich das Bein gebrochen, da bin ich fast durchgedreht. Verstehen Sie das? Haben Sie Kinder?«
»Nein, leider nicht. Ist das beim Reiten passiert?«
»Ja, er hatte gerade erst die Ausbildung begonnen, da hat ihn dieses Pferd abgeworfen.«
»Wie, bei Simon auf dem Hof? Wissen Sie noch, welches Pferd das war?«
»Natürlich. Dieses
Weitere Kostenlose Bücher