Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
VW-Typen kennt… Also der Wagen war etwa zehn Tage vor Hollerbachs Tod vor dem Pfarrhaus geparkt, wo die Religionslehrerin wohnt, und zwar in Stuttgart ist das, oder hab ich das schon gesagt…«
»Na schön«, meint Steinbronner. »Den Frankreich-Feldzug könnt man mit Ihnen nicht gewinnen. Aber die Fakten haben wir jetzt. Was tun wir damit?«
Er blickt sich fragend um. Doch niemand sagt etwas.
»Es ist ganz einfach«, fährt er schließlich fort. »Wir ordnen die Fakten.« Diesmal ist es kein einzelnes großes, sondern es sind mehrere unsichtbare kleine Pakete, die er mit seinen Händen auf den Tisch stellt. »Logistik, sagte ich. Und moderne Logistik ist das Prinzip der Container. Hier…« – wieder schneiden die Hände ein unsichtbares viereckiges Etwas aus der Luft – »haben wir den Container, der in Rotterdam gefilzt wurde. Und daneben haben wir den Container, der in Lauternbürg beladen wurde. Als Erstes finden wir heraus, ob das zwei Container sind oder einer. Und hier haben wir den Fernfahrer, den wir nicht haben. Wir kriegen ihn aber, und wenn der Hinweis auf die Jagdhütte stimmt, müssten wir ihn bald haben. Und dann nehmen wir ihn auseinander, bis auch das letzte Schräubchen auf dem Tisch liegt. Und schließlich…« Er sieht sich um, erblickt einen leeren Aschenbecher und zieht ihn zu sich her. »Und schließlich haben wir hier noch das Puppenschächtelchen für die Religionslehrerin.« Er blickt zu Kuttler. »Sie werden sie vorladen und in der Pfeife rauchen, und wenn Sie das nicht schaffen, dann bringen Sie sie zu mir, und ich zeige Ihnen, wie das geht…«
»Was für ein viereckiger widerlicher Arsch«, sagt Kuttler halblaut, als er mit Tamar durch den Korridor zu den Büros des Dezernats I geht. »Was hat er jetzt eigentlich angeordnet?« »Kuttler«, sagt Tamar, »wenn du vor diesem Menschen noch einmal so herumstotterst, melde ich dich in der Volkshochschule an für einen Kurs ›Wie spreche ich frei in der Öffentlichkeit‹, irgendsoetwas wird es dort ja geben…«
»Dieser Sack hat mich an meinen Turnlehrer erinnert«, sagt Kuttler, »plötzlich hing ich wieder am Reck und kam nicht hoch…«
Auf der Bank vor ihrem Dienstzimmer sitzt ein einzelner Mann. Dunkler Anzug, aufmerksames, gesammeltes Gesicht, beginnende Stirnglatze. Er steht auf.
»Verzeihen Sie«, sagt er höflich, »ich hätte gern Herrn Kriminalkommissar Kuttler gesprochen… Hartlaub ist mein Name, Guntram Hartlaub.«
Auch Kuttler stellt sich vor, dann geht er mit dem Besucher in sein Büro.
»Sie haben am Freitag meine Frau aufgesucht«, sagt Hartlaub, als sie Platz genommen haben. »Sie wollten sie wegen dieses unglücklichen Herrn Hollerbach sprechen. Schade, dass Sie nicht vorher angerufen haben.«
Wir machen keine Höflichkeitsbesuche, mein Lieber, denkt Kuttler und sagt nichts.
»Sie haben sie wohl gefragt, ob Hollerbach bei uns gewesen wäre … Und da muss sie Ihnen unwissentlich eine falsche Auskunft gegeben haben. Hollerbach hat nämlich mich besucht.« Er holt ein Notizbuch aus seinem Jackett und schlägt es auf, »am 23. Oktober, kurz nach 15 Uhr, meine Frau nahm an diesem Nachmittag an einem Seminar teil.«
»Und was wollte er von Ihnen?«
»Er sagte, er kenne mich von früher, aus Lauternbürg, wo ich aufgewachsen bin und wo mein Vater Pfarrer war. Leider konnte ich mich nur mit Mühe an ihn erinnern, er war ein unauffälliger Junge gewesen, einer, den man gerne übersah. Er sagte mir, er habe gehört, dass ich in Ulm Dekan werden solle, und er würde gerne einen Artikel über mich schreiben…« Kuttler wartet. »Und?«, fragt er schließlich, »hat er ein Interview mit Ihnen gemacht?«
»Eigentlich nicht«, kommt die Antwort. »Ich habe ihm zu verstehen gegeben, dass über meine Bewerbung für Ulm noch gar nicht entschieden sei. Ich könne also unmöglich jetzt schon ein Gespräch mit ihm führen.«
»Hat er sich damit abgefunden?«
»Ich weiß nicht. Er hat so getan, als ob er das verstehe, und meinte, er würde sich dann wieder melden, wenn die Entscheidung gefallen sei… Wir haben dann noch etwas geplaudert, über Lauternbürg und wie mein persönlicher Werdegang gewesen ist, verstehen Sie, ich wollte ihn nicht einfach so wegschicken. Aber er muss dann doch verärgert gewesen sein, als er gegangen ist, sonst wäre es ja nicht zu diesem hässlichen und dummen Artikel über meine Frau gekommen.«
»Hat er sich bei diesem Gespräch Notizen gemacht?«
»Nein, das hätte ich auch
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