Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Leibe…«
     
    Einen Monat nach dieser Unterhaltung wurde Geoffrey krank. Der Ostwind war kalt gewesen, und Geoff war kein sehr widerstandsfähiges Kind. Der Arzt schüttelte den Kopf und sagte, es sei ein ernster Fall. Mr Winburn vertraute er etwas mehr an und bekannte, dass es ziemlich hoffnungslos wäre.
    »Auf jeden Fall würde das Kind unter gar keinen Umständen so lange leben können, bis es erwachsen wäre«, fügte er hinzu. »Es hat schon lange einen schweren Lungenschaden.«
    Als Mrs Lancaster Geoff pflegte, bemerkte auch sie etwas – von dem anderen Kind. Zuerst waren die Schluchzer ein kaum zu unterscheidender Teil des Windbrausens, aber allmählich wurden sie immer deutlicher, unmissverständlicher. Schließlich hörte sie sie auch in Momenten völliger Stille: das Schluchzen eines Kindes – trostlos, hoffnungslos, mit gebrochenem Herzen.
    Geoffs Gesundheitszustand wurde zusehends schlechter, und in seinem Delirium sprach er wieder und wieder von dem kleinen Jungen.
    »Ich will ihm helfen, hier wegzukommen, ich will!« schrie er.
    Auf das Delirium folgte ein Zustand der Lethargie. Geoffrey lag ganz still, er atmete kaum, ganz in Abwesenheit versunken. Da konnte man nichts mehr tun, nur warten und wachen. Dann eine ruhige Nacht, still und klar, ohne einen einzigen Windhauch.
    Plötzlich bewegte sich das Kind. Es öffnete die Augen. Es sah an seiner Mutter vorbei zur offenen Tür. Es versuchte zu sprechen, und sie beugte sich zu ihm hinab, um die leise gehauchten Worte zu hören.
    »Es ist gut, ich komme«, flüsterte es, dann sank es zurück.
    Die Mutter empfand plötzlich lähmendes Entsetzen, sie rannte durch das Zimmer zu ihrem Vater. Irgendwo in der Nähe lachte das andere Kind. Fröhlich, zufrieden, triumphierend – ein silberhelles Lachen echote durch den Raum.
    »Ich habe Angst. Ich habe solche Angst«, stöhnte sie.
    Er legte schützend den Arm um ihre Schultern. Ein plötzlicher Windstoß ließ beide auffahren, aber er legte sich rasch wieder, und die Luft war wieder ruhig wie zuvor.
    Das Lachen hatte aufgehört, als ein leises Geräusch entstand, so schwach, dass man es zuerst kaum hören konnte, doch es wurde lauter und lauter, bis sie es ganz deutlich erkennen konnten. Schritte – leichte Schritte, die schnell näher kamen…
    Tripp-trapp, tripp-trapp… Sie begannen zu rennen, diese wohl bekannten, leichten kleinen Füßchen. Da – jetzt kamen deutlich andere Fußtritte dazu, vermischten sich mit den ersteren, und beide näherten sich mit noch leichteren, noch schnelleren Schritten.
    Im Einklang hasteten sie zur Tür.
    Dann weiter… tripp-trapp… durch die Tür, an ihnen vorbei… tripp-trapp… unsichtbar gingen die Füße der beiden Kinder im gleichen Takt.
    Mrs Lancaster blickte verzweifelt auf.
    »Jetzt sind es zwei, Vater… zwei!«
    Bleich vor Angst wollte sie zu Geoffreys Bett zurück, doch ihr Vater hielt sie sanft zurück und deutete auf die geöffnete Tür.
    »Da«, sagte er tonlos.
    Tripp-trapp, tripp-trapp… schwächer und schwächer wurden die Schritte.
    Und dann – Stille.

Am falschen Draht
     
    » U nd vor allen Dingen keinen Ärger, keine Aufregung«, sagte Dr. Meynell in dem unverbindlichen Plauderton der Ärzte.
    Mrs Harter wurde bei diesen wohl gemeinten, aber inhaltlosen Worten keineswegs zuversichtlicher, eher skeptischer.
    »Sie haben eine kleine Herzschwäche«, fuhr der Arzt beiläufig fort, »aber es ist nichts Ernstes, seien Sie unbesorgt. Allerdings«, fügte er hinzu, »dürfte es dennoch das beste sein, wenn Sie einen Lift einbauen ließen. Wie denken Sie darüber?«
    Mrs Harter machte ein bekümmertes Gesicht, sie dachte an die Kosten. Dr. Meynell hingegen sah mit sich selbst zufrieden aus. Er behandelte lieber reiche als arme Patienten, weil er bei ersteren seine lebhafte Fantasie walten lassen konnte. Außerdem wusste er, dass er angesehen war, wenn er für ihre Leiden Kostspieliges verschrieb.
    »Ja, einen Lift«, wiederholte Dr. Meynell und versuchte, sich etwas noch Teureres zu überlegen – doch ihm fiel nichts weiter ein. »Dann wollen wir alle unnötigen Anstrengungen vermeiden. Bei schönem Wetter ruhig etwas an die frische Luft gehen, aber keine Gewalttouren! Und vor allen Dingen«, setzte er fröhlich hinzu, »viel geistige Zerstreuung – nur nicht dauernd ans Herz denken.«
    Dem Neffen der alten Dame, Charles Ridgeway, erklärte der Arzt etwas mehr.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch«, sagte er. »Ihre Tante kann noch Jahre leben,

Weitere Kostenlose Bücher