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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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schwächliche Kreaturen, die Angst haben, sich mal die Hände schmutzig zu machen.«
    »Ganz recht, ganz recht. Ich wollte damit ja auch nur sagen, dass Sie von Miss French geachtet und geschätzt wurden und ihr mehr waren als eine Angestellte.«
    »Zwanzig Jahre habe ich für sie gesorgt und ihr Vertrauen genossen, und manches Mal habe ich sie daran gehindert, eine Dummheit zu begehen. Sie war zu warmherzig und impulsiv.«
    »Wann haben Sie den Angeklagten zum ersten Mal gesehen?«
    »Ende August kam er ins Haus. Erst einmal die Woche, dann zwei- oder dreimal. Scharwenzelte immer um sie herum, erzählte ihr, wie jung sie aussehe, und schmeichelte ihr, wenn sie etwas Neues anhatte.«
    Myers unterbrach hastig diesen Redefluss und veranlasste sie, den Geschworenen noch einmal die Ereignisse des verhängnisvollen Abends zu schildern, was sie auch in epischer Breite tat.
    »Sind Sie ganz sicher«, fragte Myers schließlich, »dass es der Angeklagte war, dessen Stimme Sie gehört haben?«
    »O ja, ich kenne seine Stimme zur Genüge.«
    »Wie wissen Sie denn, dass die von Ihnen angegebenen Zeiten stimmen?«
    »Ich habe meine Uhr mit der meiner Freundin verglichen und sie gingen ganz gleich. Und als ich dann gegen elf nachhause kam« – hier zitterte ihre Stimme vor Erregung – »lag die arme Seele am Boden. Ihr Kopf war eingeschlagen. Sämtliche Schubladen waren herausgezogen und der Inhalt durcheinander gewühlt. Eine Vase lag zerbrochen auf dem Fußboden. Die Gardinen bauschten sich im Wind. Ich habe dann gleich die Polizei angerufen.«
    »Glaubten Sie wirklich, dass es Einbrecher gewesen waren?«
    Sir Wilfrid erhob hier heftigen Einspruch, und der Richter ließ die Frage nicht zu. Stattdessen fragte Myers:
    »Was haben Sie getan, nachdem Sie die Polizei angerufen hatten?«
    »Ich habe das Haus nach einem Eindringling durchsucht, habe aber außer dem Durcheinander im Wohnzimmer nichts weiter entdeckt.«
    »Was wussten Sie eigentlich über den Angeklagten?«
    »Ich wusste, dass er Geld brauchte.«
    »Hat er Miss French um Geld gebeten?«
    »Nein, dazu war er zu schlau.«
    »Hat er Miss French bei ihren Geschäftsangelegenheiten geholfen?«
    »Ja, das hat er getan, obwohl es gar nicht nötig war. Miss French hatte einen klaren Kopf für solche Dinge.«
    »Ist Ihnen bekannt, wann Miss French ihr letztes Testament machte?«
    »Das war am 8. Oktober. Ich hörte, wie sie am Tage vorher mit ihrem Rechtsanwalt telefonierte. Er solle kommen, da sie ein neues Testament machen wolle. Der Angeklagte war auch dabei und protestierte dauernd, und die gnädige Frau sagte: ›Aber ich möchte es gern, mein lieber Junge. Ich wäre neulich beinahe vom Bus überfahren worden, und das kann jeden Augenblick wieder passieren.‹«
    »Miss MacKenzie, wussten Sie, dass der Angeklagte verheiratet war?«
    »Nein, und meine Herrin auch nicht.«
    Sir Wilfrid erhob Einspruch mit der Begründung, dass Miss MacKenzie nur Vermutungen darüber anstellen könne, was ihre Herrin gewusst oder nicht gewusst habe.
    »Dann wollen wir es anders ausdrücken«, fuhr Myers fort.
    »Sie waren zu der Ansicht gelangt, dass Miss French Leonard Vole für unverheiratet hielt. Stützte sich diese Ansicht auf irgendwelche Tatsachen?«
    »Ja, die Bücher, die sie von der Bibliothek bestellte. Sie las das Leben der Baronin Burdett Courtts und ein Buch über Disraeli und seine Frau. Beide Bücher handeln von Frauen, die sehr viel jüngere Männer geheiratet hatten. Ich wusste schon, was sie im Sinn hatte.«
    »Ich fürchte«, unterbrach sie der Richter, »dass dies aus dem Protokoll gestrichen werden muss.«
    »Warum?«, fragte Janet MacKenzie.
    »Weil ich es für durchaus möglich halte, dass eine Frau ein Buch über das Leben Disraelis liest, ohne eine Heirat mit einem jüngeren Manne zu planen.«
    Diese Bemerkung löste unter den Zuschauern Heiterkeit aus, die aber bald vom Gerichtsdiener unterdrückt wurde.
    Sir Wilfrid begann sein Kreuzverhör mit ein paar sanften und freundlichen Redensarten, um kernen Antagonismus bei ihr zu erwecken. Dann kam er auf das Testament zurück.
    »Miss MacKenzie, war Ihnen bekannt, dass Miss French in ihrem vorletzten Testament fast ihr ganzes Vermögen Ihnen vermacht hatte?«
    »Ja, das hat sie mir selbst gesagt. ›Alles Schwindel, diese Wohltätigkeitsvereine‹, erklärte sie. ›Hierfür Geld und dafür Geld. Nur an die Stellen, für die es eigentlich gedacht ist, kommt es nicht. Ich habe Ihnen alles vermacht, Janet, und Sie können

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