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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sondern sie – sie ganz allein. Sie hat ihn mir ausgespannt und gegen mich aufgehetzt. Aber ich habe auf eine günstige Gelegenheit gelauert. Ich habe ihr nachgestellt und sie beobachtet. Ich weiß so einiges von ihr. Weiß auch, wo der Bursche wohnt, den sie hin und wieder heimlich besucht. Auf diese Weise habe ich auch die Briefe in die Hände gekriegt. So, jetzt kennen Sie die ganze Geschichte, Mister. Möchten Sie mir nicht vielleicht einen Kuss geben, Herr Rechtsanwalt?«
    Sie strich das Haar wieder zur Seite und hielt Sir Wilfrid die zerschlitzte Backe hin. Als er zurückwich, lachte sie kurz auf.
    »Na, ich nehme es Ihnen nicht krumm, wenn Sie kein Verlangen spüren.«
    »Sie tun mir aufrichtig leid«, stammelte Sir Wilfrid, dem der Auftritt sehr peinlich war. »John, hast du noch einen Fünfer?«
    Als Mr Mayhew ihm die leere Brieftasche zeigte, nahm Sir Wilfrid einen Fünfpfundschein aus seiner eigenen Tasche und reichte ihn ihr: »Wollen noch fünf Pfund hinzulegen.«
    Die Frau griff hastig danach. »So, ihr habt mich also hintergangen, wie? Hab’s ja gleich gewusst, dass ich viel zu nachgiebig war. Die Briefe haben es in sich, was?«
    »Ja«, entgegnete Sir Wilfrid, »ich glaube, sie werden uns nützlich sein. John, lies einmal diesen.«
    Während sich die beiden Anwälte von Neuem über die Briefe beugten, schlich sich die Frau auf leisen Sohlen zur Tür hinaus.
    »Wir ziehen am besten einen Handschriftenexperten hinzu«, schlug Mr Mayhew vor.
    »Vor allen Dingen«, erklärte Sir Wilfrid, »müssen wir den Namen und die Adresse des Mannes haben, an den die Briefe gerichtet sind.«
    Er drehte sich um und entdeckte zu seiner Überraschung, dass die Frau verschwunden war. Er stürzte ins Vorzimmer und schickte Greta hinter ihr her.
    »Bei diesem Nebel«, meinte er resigniert, als er zu Mr Mayhew zurückkehrte, »wird es nicht viel Zweck haben. Verdammt noch mal.«
    »Du wird den Namen nie erfahren. Sie hat alles sehr sorgfältig ausgeklügelt. Weigerte sich sogar, uns ihren Namen zu geben, und schlüpfte uns dann wie ein Aal durch die Finger. Es ist ein zu großes Risiko für sie, als Zeugin aufzutreten.«
    »Sie würde unter Schutz stehen«, wandte Sir Wilfrid ein. Aber es klang nicht sehr überzeugend.
    »So? Wie lange wohl? Letzten Endes würde er sie doch fassen. Sie hat schon allerlei gewagt, indem sie hierher kam. Den Mann will sie ja auch nicht mit hineinziehen. Sie hat es in der Hauptsache auf Romaine Heilger abgesehen.«
    »Und was für ein nettes Pflänzchen unsere teure Romaine ist! Aber jetzt werden wir ihr das Handwerk schon legen.«
     
     

3
     
    Am nächsten Morgen begann der letzte Verhandlungstag, der die Urteilsverkündigung bringen sollte.
    Sobald alles im Gerichtssaal versammelt war, klopfte der Gerichtsdiener dreimal an die Tür des Richters und forderte alle Anwesenden auf, sich von den Plätzen zu erheben. Als der Richter den Saal betrat, verkündete der Gerichtsdiener:
    »Wer vor dem Königlichen Gerichtshof zum Zwecke der Rechtsprechung noch etwas vorzubringen hat, der trete vor und bezeuge dem hohen Gericht seine Achtung. Gott schütze die Königin.«
    Nachdem alle wieder Platz genommen hatten, erhob sich Sir Wilfrid und bat den Richter um Erlaubnis, die Zeugin Romaine Heilger noch einmal vernehmen zu dürfen, da ihm nach Schluss der gestrigen Verhandlung äußerst wichtiges Beweismaterial in die Hände gefallen sei, woraufhin Staatsanwalt Myers aufsprang und heftig dagegen protestierte. Der Richter wies ihn mit ruhiger Sachlichkeit zurecht und gab Sir Wilfrid das Wort, der sofort einen Präzedenzfall zitierte. Der Richter erkundigte sich dann, worum es sich bei diesem neuen Beweismaterial handle.
    »Um Briefe, Mylord, Briefe, die Mrs Heilger geschrieben hat.«
    Der Richter wünschte die Briefe zu sehen. Sie wurden ihm gereicht, und er begann zu lesen.
    Myers stand wieder auf: »Da mein Herr Kollege mich eben erst von dieser Sache unterrichtet hat, hatte ich keine Gelegenheit, etwas darüber nachzuschlagen. Aber es schwebt mir da ein Fall vor, ich glaube aus dem Jahre 1930, das Verfahren gegen Porter…«
    »Nein, Mr Myers«, erwiderte der Richter, »es war das Verfahren gegen Potter, und es war im Jahre 1931. Ich erinnere mich sehr gut daran; denn ich war damals Staatsanwalt.«
    »Und wenn mein Gedächtnis mich nicht täuscht, so erhoben Sie einen ähnlichen Einspruch, Mylord, und dieser wurde angenommen.«
    »Ihr Gedächtnis täuscht Sie aber leider, Mr Myers. Mein Einspruch

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