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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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durch die Tür mit den Worten:
    »Sie warten am besten hier drinnen. Draußen ist noch eine große Menschenmenge versammelt, und die Volksseele kocht. An Ihrer Stelle würde ich warten, bis die Masse sich verlaufen hat.«
    Mrs Heilger bedankte sich und eilte schnurstracks auf Leonard Vole zu. Aber Sir Wilfrid versperrte ihr den Weg.
    »Wollen Sie Leonard etwa vor mir schützen?«, fragte Romaine Heilger mit leichter Ironie. »Das ist wirklich nicht notwendig.«
    »Sie haben genug Unheil angerichtet«, brummte Sir Wilfrid.
    »Darf ich Leonard nicht einmal gratulieren, dass er nun frei… und reich ist?«
    »Reich?«, fragte Vole zögernd.
    »Ja, Mr Vole, ich glaube, Sie werden Ihre Erbschaft bald antreten können«, versicherte ihm Mr Mayhew.
    »Nach allem, was ich durchgemacht habe, scheint Geld keine besondere Rolle zu spielen. Romaine, ich kann nicht verstehen…«
    »Leonard«, fiel sie ihm ins Wort, »ich kann dir alles erklären.«
    »Nein!«, donnerte Sir Wilfrid dazwischen.
    Mrs Heilger und Sir Wilfrid blickten sich feindselig an.
    »Sagen Sie mir, Sir Wilfrid, komme ich nun wegen Meineides ins Gefängnis?«
    »Das ist so gut wie sicher. Es mag Sie vielleicht interessieren, dass ich Sie gleich bei unserer ersten Begegnung durchschaut habe. Ich habe mir damals sofort geschworen, Ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Und beim Barte des Propheten, ich habe es geschafft! Ich habe Vole frei bekommen trotz Ihrer Schliche!«
    »Trotz – meiner Schliche! Würde man mir geglaubt haben, wenn ich gesagt hätte, Leonard sei an dem Abend bei mir zuhause gewesen und nicht wieder fortgegangen? Nein, man hätte sich gesagt: Diese Frau liebt den Mann – sie würde alles für ihn sagen und tun. Gewiss, man hätte mir vielleicht Sympathie entgegengebracht. Aber geglaubt hätte man mir nicht.«
    »Wenn Sie die Wahrheit gesprochen hätten, schon.«
    »Na, ich weiß nicht… Jedenfalls wollte ich keine Sympathie – ich wollte Abscheu und Misstrauen erwecken, wollte die Geschworenen davon überzeugen, dass ich verlogen sei. Und als ich dann von Ihnen als Lügnerin entlarvt wurde, da glaubten sie endlich…« Sie machte plötzlich eine Handbewegung, und ihre Stimme nahm einen völlig veränderten, vulgären Ton an, als sie fortfuhr: »So, nun kennen Sie die ganze Geschichte, Mister – möchten Sie mir nicht vielleicht einen Kuss geben, Herr Rechtsanwalt?«
    Sir Wilfrid war wie vom Donner gerührt. »Mein Gott! Sie sind also…«
    »Die Frau mit den Narben und den Briefen. Jawohl. Ich hatte die Briefe geschrieben, die ich Ihnen brachte. Ich hatte mir die Narben aufgemalt, die Ihren Ekel und Ihr Mitleid erregten. Nicht Sie haben Leonard das Leben gerettet, sondern ich. Und dafür muss ich ins Gefängnis wandern…« Sie schloss die Augen. »Aber am Ende werden wir wieder vereint und glücklich sein.«
    Sir Wilfrid war sichtlich gerührt. »Aber meine liebe Mrs Vole, warum hatten Sie denn so wenig Vertrauen zu mir? Wir glauben nämlich, dass unsere britische Justiz aufseiten der Wahrheit steht. Wir hätten ihn auch so frei bekommen.«
    »Das konnte ich nicht riskieren.« Nach einer kleinen Pause setzte sie langsam hinzu: »Sie dachten nämlich, Leonard sei unschuldig…«
    Sir Wilfrid unterbrach sie rasch: »Und Sie wussten, dass er unschuldig war. Ich verstehe schon.«
    »Aber Sie verstehen mich ganz und gar nicht, Sir Wilfrid. Ich wusste, dass er schuldig war…«
    Sir Wilfrid verstummte bestürzt. Erst nach einer geraumen Weile fand er die Sprache wieder. »Aber haben Sie denn keine Angst?«
    »Angst? Wovor?«
    »Mit einem Mörder zusammenzuleben?«
    »Sie verstehen wieder nicht, Sir Wilfrid – wir lieben uns doch!«
    »Mrs Vole, bei unserer ersten Begegnung sagte ich Ihnen, Sie seien eine außergewöhnliche Frau – ich sehe keinen Grund, meine Meinung zu ändern.«
    Damit verließ Sir Wilfrid den Saal. In der gleichen Minute stürzte zu einer anderen Tür ein junges Mädchen mit rötlich blondem Haar und von einigermaßen aufdringlichem Benehmen herein. Es war die »Erdbeerblonde«, von der der Staatsanwalt gesprochen hatte. Sie lief direkt auf Vole zu:
    »O Len, Darling, ist es nicht wunderbar? Du bist frei! Man hat mich nicht hineinlassen wollen. Oh, es war schrecklich! Ich bin fast verrückt geworden!«
    »Leonard – wer – ist – dieses Mädchen?«, fragte Romaine heftig.
    Statt Leonard antwortete das Mädchen mit einem gewissen Trotz: »Ich bin Leonards Freundin. Über Sie bin ich orientiert. Sie sind gar

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