Der Hund, die Krähe, das Om... und ich!
sie wenig redet, komme ich mit. Atmen ist etwas Internationales. Wenn das so beschaulich weitergeht, dann wird das eine wenig anstrengende, aber etwas langweilige Stunde, denke ich.
Von wegen! Was aufs ausführliche Atmen und Kopf- und Schulterkreisen folgt, ist so was wie die mallorquinische Yoga-Hölle. Paula fordert alles. Zig Sonnengrüße der anspruchsvollen Art – mit Liegestütze, herauf- und herabschauendem Hund – und dazu jede Menge Kriegerhaltungen. Nach einer Viertelstunde Asanas bin ich schweißgebadet. Es interessiert mich nicht mehr, ob irgendwer im Raum tiefer in Stellungen kommt, die Fersen vielleicht nicht auf den Boden durchdrücken kann … Ich bin nur froh, wenn ich selbst mitkomme.
Das Schöne am Yoga: Die Namen der Asanas sind in jedem Land gleich. Manchmal erteilt Paula Anweisungen in Spanisch, die ich nicht verstehe – aber da sie wunderbar voryogat (Sie kann sich biegen und beugen, dass es eine Wonne ist zuzusehen!), gucke ich einfach hin. Nach 40 Minuten ist meine Matte eine Rutschbahn. Alles nass. Schweißnass. So geschwitzt habe ich schon lange nicht mehr – und ich mache Yoga! Keinen Iron-Man. Ich muss ein Handtuch auf meine Matte legen, sonst könnte ich glatt wegglitschen oder direkt schwimmen. Ich schwitze an den irrsten Stellen, sogar auf meinen Fußrücken. (Muss ich mich nächste Stunde prophylaktisch komplett mit Deo überrollen?) Ich schaue nicht mehr nach rechts und links – es geht nur noch ums Überleben.
Nach eineinhalb Stunden wird endlich entspannt. Nie habe ich mich so nach Entspannung gesehnt. Ich kann mir nicht vorstellen, aus Shavasana überhaupt wieder aufzustehen. Wahrscheinlich werde ich den Rest meiner Ferien hier auf dem Boden liegend verbringen.
Ganz behutsam deckt uns Paula ein bisschen zu, und diese Geste hat etwas sehr Rührendes und Liebevolles.
DANKE, PAULA. ICH WERDE WIEDERKOMMEN, OBWOHL ICH ZWISCHENDRIN NUR GEHOFFT HABE, DASS ES BALD VORBEI IST …
TAG 91
Ziel erreicht!
Als ich heute morgen auf meinen Kalender gucke, springt es mir ins Auge: Die drei Monate sind rum. Zu Beginn meines Yoga-Versuches hatte ich mir das Datum markiert. Ich habe mein Plansoll somit erfüllt. Drei Monate täglich Yoga. Jeden verdammten Tag habe ich meine Matte ausgerollt. Sie sieht schon richtig abgenutzt aus. Besonders die „Hundespuren“ sieht man. Ich bin stolz darauf. Stolz, es durchgehalten zu haben, es wirklich getan zu haben. Stolz darauf, dass ich mein Versprechen gehalten habe. Erstaunlicherweise war es gar nicht so schwer. Mein Schweinehund, der sonst sehr laut und aufdringlich und vorherrschend sein kann, hat sich wirklich zurückgehalten. Nur selten gemuckt. Und sich auch immer wieder schnell eingekriegt. Selbst der wird bemerkt haben, dass Yoga gut für mich ist. All das ist schön. Aber Stolz ist nicht das vorherrschende Gefühl, es überwiegt ein anderes: Glück. Yoga macht mich zufrieden. Glücklich und fröhlich.
YOGA TUT MIR GUT. ICH FÜHLE MICH GUT. VOLLER ENERGIE.
TAG 92
Wahnsinn
Ich komme gar nicht auf die Idee, mit dem Üben aufzuhören. Es geht einfach weiter. Nicht zuletzt deswegen (hurra!): Unser Projekt klappt. Ursula und ich machen eine Yoga-DVD. Wie verrückt: Vor nicht einmal 100 Tagen konnte ich nichts mit Yoga anfangen und jetzt mache ich eine DVD. Ist das nur bekloppt oder auch vermessen? Was bilde ich mir eigentlich ein? Wie will ich, als ziemlicher Yoga-Neuling, Menschen Yoga näherbringen. Äußere meine Bedenken bei Ursula und sie beruhigt mich.
Wir entscheiden, eine DVD genau für Leute wie mich zu machen. Menschen, die denken, Yoga sei nichts für sie. Weil sie zu unbeweglich sind. Zu alt. Zu moppelig. Zu hippelig. Genau diese Leute (So wie ich! Hippelig, moppelig, unbeweglich!) sollten Yoga machen. Denn Yoga bringt auf all diesen Gebieten was. Man wird ruhiger, beweglicher und Yoga knabbert am Moppel-Ich. Sogar sehr gründlich!
Ich behaupte mittlerweile außerdem: Yoga kann jeder. Weil Yoga nicht gleich Yoga ist. Jeder kann sein persönliches Level finden. Der eine kommt in der Vorbeuge nicht mit den Händen auf den Boden. Dann eben nicht. Er kommt ans Schienbein – fein. Ein anderer kommt nur bis an die Knie – auch gut. Man muss im Yoga kein Soll erfüllen. Es gibt keine Einstiegsnorm.
Unsere DVD soll alle ermutigen, Yoga auszuprobieren. Ich will verschiedene kurze Programme haben. Niemand soll direkt abgeschreckt werden. Gleich mal 55 Minuten am Stück Yoga zu machen, ist jedenfalls für mich
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