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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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wie man alles Mögliche in die Luft sprengen konnte.
    Allans Freund trug die Uniform mit Stolz und freute sich schon auf seinen ersten Kampfeinsatz. Seine Einheit bekam den Auftrag, ein paar Brücken in einem Tal in Aragonien zu sprengen, und Estebáns Trupp wurde die erste Brücke zugeteilt. Estebán war so begeistert von diesem Vertrauensbeweis, dass er sich auf einen Felsen stellte, das Gewehr mit der Linken gen Himmel reckte und rief:
    »Tod dem Faschismus! Tod allen Faschist…«
    Er konnte den Satz nicht mehr zu Ende bringen, denn im nächsten Moment wurden ihm Schädel und Teile einer Schulter von der möglicherweise allerersten feindlichen Granate dieses Krieges weggerissen. Allan stand vielleicht zwanzig Meter von ihm entfernt, als es geschah. So bekam er immerhin nichts von den matschigen Einzelteilen seines Freundes ab, die sich rund um diesen Felsen verteilten, auf den er sich unvernünftigerweise gestellt hatte. Einer der gemeinen Soldaten von Estebáns Truppe begann zu weinen. Allan selbst nahm die Überreste seines Freundes in Augenschein und beschloss, dass es sich nicht lohnte, sie zu beerdigen.
    »Wärst du doch in Hälleforsnäs geblieben«, sagte Allan. Und auf einmal sehnte er sich ganz schrecklich danach, vor der Hütte in Yxhult Brennholz zu hacken.
    * * * *
    Die Granate, die Estebán zerfetzt hatte, war möglicherweise die erste dieses Krieges gewesen, aber es war ganz sicher nicht die letzte. Allan zog in Erwägung, nach Hause zu fahren, aber plötzlich war der Krieg überall. Außerdem war es ein ziemlicher Gewaltmarsch heim nach Schweden, und dort gab es ja im Grunde auch nichts, was auf ihn wartete.
    Daher suchte Allan die Kommandanten von Estebáns Einheit auf, präsentierte sich als der führende Pyrotechniker des Kontinents und erklärte, dass er sich vorstellen könnte, Brücken und andere infrastrukturelle Konstruktionen in die Luft zu jagen. Als Entgelt forderte er nur drei Mahlzeiten am Tag und, wenn die Umstände es zuließen, genug Wein, um sich zwischendurch einen gepflegten Rausch anzutrinken.
    Der Kompaniechef war drauf und dran, Allan erschießen zu lassen, weil dieser sich weigerte, das Loblied des Sozialismus und der Republik zu singen, und außerdem verlangte, in Zivilkleidung arbeiten zu dürfen. Oder, wie Allan sich ausdrückte:
    »Und noch was … Wenn ich für Sie Brücken sprengen soll, dann mach ich das in meinen eigenen Sachen. Ansonsten können Sie Ihre Brücken von mir aus selber in die Luft jagen.«
    Der Kompaniechef, der sich von einem Zivilisten so anreden lässt, muss erst noch geboren werden. Nur hatte dieser leider das Problem, dass der einzige seiner Soldaten, der für diese Aufgabe getaugt hätte, vor Kurzem in seine Einzelteile zerlegt und über einen Felsen auf einer Anhöhe ganz in der Nähe verteilt worden war.
    Während der Kompaniechef auf seinem Feldstuhl saß und überlegte, ob er Allan nun anheuern oder füsilieren lassen sollte, nahm sich einer der Zugführer die Freiheit, ihm ins Ohr zu flüstern, dass der junge Feldwebel, der unseligerweise gerade in Stücke gerissen worden war, ihnen diesen seltsamen Schweden als Meister der Sprengkunst vorgestellt hatte.
    Damit war die Sache entschieden. Señor Karlsson durfte a) am Leben bleiben, b) drei Mahlzeiten am Tag erhalten, c) seine Zivilkleidung tragen und d) genau wie alle anderen ab und zu Wein in vertretbaren Mengen trinken. Im Gegenzug sollte er alles sprengen, was ihm die Offiziere zu sprengen befahlen. Außerdem trug man zwei gemeinen Soldaten auf, den Schweden gut im Auge zu behalten, denn es war nach wie vor nicht auszuschließen, dass er vielleicht doch ein Spion war.
    So vergingen die Monate und wurden zu Jahren. Allan sprengte, was man ihm auftrug, und er tat es mit größter Geschicklichkeit. Das war beileibe keine ungefährliche Arbeit. Oft musste er zum betreffenden Objekt schleichen und kriechen, einen Zeitzünder anbringen und sich anschließend robbend wieder in Sicherheit bringen. Nach drei Monaten musste einer von Allans Bewachern das Leben lassen (er war versehentlich direkt ins feindliche Lager gerobbt). Nach einem weiteren halben Jahr ging auch der zweite drauf (er war aufgestanden, um den Rücken durchzustrecken, woraufhin ihm selbiger mittendurch geschossen wurde). Der Kompaniechef verzichtete darauf, sie durch neue Wachen zu ersetzen, dazu hatte Señor Karlsson sich bis dahin viel zu gut geführt.
    Allan sah allerdings nicht ein, warum er unnötig Menschen in den Tod reißen

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