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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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vielleicht zu einem Konzert mit dem renommierten Kammerorchester der Stadt, Musica Vitae, zusammentun wolle.
    Humpen glaubte, dass sich da jemand einen Scherz mit ihm erlaubte, und fühlte sich provoziert. Eines Nachts ließ er also den nächsten Kiosk links liegen und fuhr stattdessen zum Konzertsaal in Växjö. Dort schmiss er einen Pflasterstein ins Foyer, um den Verantwortlichen mal die Flötentöne beizubringen.
    Alles lief nach Plan, abgesehen davon, dass Humpen bei diesem Wurf auch seines Lederhandschuhs verlustig ging, der mitsamt dem Stein ins Foyer flog. Da im selben Moment der Alarm losheulte, war es wenig ratsam, sich das gute Stück zurückzuholen.
    Einen Handschuh zu verlieren, war schon blöd. Er war ja auf dem Motorrad gekommen, und auf dem Heimweg nach Braås fror Humpen die ganze Zeit an einer Hand. Noch viel schlimmer war jedoch, dass Humpens Freundin, dieses Unglücksmensch, Humpens Namen und Adresse in den Handschuh geschrieben hatte, für den Fall, dass er ihn verlor. Daher dauerte es gerade mal bis zum nächsten Vormittag, bis die Polizei Humpen zum Verhör abholte.
    Beim Verhör erklärte Humpen, dass die Leitung des Konzerthauses ihn provoziert habe, und so landete die ganze Geschichte mit The Violence alias The Violins in der Smålandsposten , und Humpen wurde die Lachnummer von Braås. In seinem Zorn verfiel er darauf, sich beim nächsten Kiosk nicht damit zu begnügen, die Tür aufzubrechen, sondern ihn gleich ganz abzufackeln. Das führte wiederum dazu, dass der türkisch-bulgarische Kioskbesitzer, der sich in der Bude schlafen gelegt hatte, um Einbrüchen vorzubeugen, mit Müh und Not seine Haut retten konnte. Humpen verlor am Tatort seinen zweiten Handschuh (der ebenso sorgfältig beschriftet war wie der erste), und wenig später trat er zum ersten Mal den Weg in eine Vollzugsanstalt an. Dort lernte er den Chef kennen, und als er seine Strafe abgesessen hatte, befand Humpen es für besser, Braås und seine Freundin hinter sich zu lassen. Beide schienen ihm ja offensichtlich nur Unglück zu bringen.
    Doch The Violence blieb weiterhin bestehen, und die Lederjacken mit der fehlerhaften Aufschrift behielt man ebenfalls bei. Allerdings wechselte der Club seinen Tätigkeitsbereich und verlegte sich auf Autodiebstähle und Tachomanipulationen. Gerade Letzteres konnte sehr lukrativ sein. Oder, wie es Humpens kleiner Bruder, der neue Anführer, ausdrückte: »Nichts macht ein Auto so sexy, wie wenn’s plötzlich nur noch halb so viel rumgefahren ist.«
    Humpen hielt sporadisch Kontakt zu seinem Bruder und seinem alten Leben, sehnte sich aber nicht zurück.
    »Nee, nee, verdammich«, fasste Humpen die Erinnerungen an seine Lebensgeschichte zusammen.
    Es war stressig, an Neues zu denken, aber genauso stressig, sich an Vergangenes zu erinnern. Dann doch lieber ein drittes Bier bestellen und danach, genau nach Anweisung des Chefs, im Hotel einchecken.
    * * * *
    Es war schon fast ganz dunkel, als Kommissar Aronsson mit Hundeführer und Polizeihund Kicki nach einem langen Spaziergang über die Eisenbahngleise in Åkers Styckebruk ankam.
    Der Hund hatte die ganze Zeit keine Reaktion gezeigt. Aronsson fragte sich, ob das Tier überhaupt wusste, dass es sich hier um einen Arbeitseinsatz handelte und nicht um einen ausgedehnten Abendspaziergang. Aber als das Trio an der verlassenen Draisine ankam, ging der Hund in Habachtstellung, oder wie auch immer das heißen mochte. Dann hob er eine Pfote und begann zu bellen. In Aronsson glomm ein Fünkchen Hoffnung auf.
    »Hat das was zu bedeuten?«, fragte er den Hundeführer.
    »O ja, das kann man so sagen«, antwortete der Hundeführer.
    Und dann erklärte er, dass Kicki auf unterschiedliche Art anzeigte, je nachdem, was sie einem melden wollte.
    »Ja, dann erzählen Sie mir doch endlich, was der Hund damit sagen will!«, rief der immer ungeduldigere Kommissar Aronsson und zeigte auf das Tier, das immer noch auf drei Beinen stand und kläffte.
    »Das«, antwortete der Hundeführer, »bedeutet, dass ein Toter auf der Draisine gelegen hat.«
    »Ein Toter? Eine Leiche?«
    »Eine Leiche.«
    Im ersten Moment sah Kommissar Aronsson vor seinem inneren Auge, wie das Never-Again -Mitglied den armen hundertjährigen Allan Karlsson erschlug. Aber dann verband sich diese neue Information mit der bereits abgespeicherten.
    »Es muss genau umgekehrt gegangen sein«, murmelte er und fühlte sich seltsam erleichtert.
    * * * *
    Zu Frikadellen mit Kartoffeln und Preiselbeeren

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