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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zufahrtsstraße der Baustelle von Port Les Fleurs : Ein Loch am andern, Staub sogar zwischen den Zähnen, dazu die Typen mit den Schutzhelmen auf dem Kopf, schwitzende braune Gestalten, Marokkaner, Algerier, Spanier, Franzosen. Meist waren die die Capos, aber das Meer gab's noch immer. Weiter westlich lag der schwarze Leichter vor Anker, von dem aus die Tauchercrews die Wasserbetonierungen vornahmen; die schweren Armiereisen ragten wie spitze Stacheln schon weit draußen aus der See, Zementsilos warfen ihre Schatten, jeder einzelne höher als der Kirchturm von Saint-Michel.
    Irrsinn, der pure Wahnsinn das alles, jawohl! Und Charlie wußte eigentlich nicht so recht, wieso er sich das antat. Aber hinter dem ganzen Chaos von Staub und Krach, das ganz so, wie der arme alte Pascal immer gesagt hatte, nach Krieg und Okkupation roch, dort hinten gab's immer noch ein Stück Strand, das letzte Stück. Das wollte Charlie sehen, es war wie eine Art gottverfluchter Sucht, von der du nicht mehr loskommst, der Strand von Brouis, wo sie ihre ersten Fische harpunierten, die Surfbretter ins Wasser schoben, die Mädchen anmachten. Die Felsen, der Sand – sie waren ein Stück von dir, ein Stück von Gigalo und Saint-Michel, ein Stück deiner Jugend, verdammt noch mal …
    »He, paß auf!«
    Wieder ein verdammter Zehntonner.
    Der Fahrer fuchtelte wild mit den Händen.
    »Idiot!« brüllte Charlie, schob den Walkman vom Kopf, zog die Kawasaki vorbei und bog nach links ab auf den großen Parkplatz vor den vier Baubaracken, um die LKW-Kolonne, die die Silos fütterten, erst mal vorbeizulassen.
    Er stieg aus dem Sattel, ließ den Kippständer einrasten, bockte die Maschine auf und zündete sich eine Zigarette an. Das Staubtuch abzunehmen lohnte sich nicht.
    Er sah zu den drei Gebäuden hinüber. Einstöckig waren sie, ziemlich massiv gebaut, als müßten sie jahrelang halten. Und jahrelang würde die Sauerei hier ja noch dauern. Über den breiten Metallfenstern befanden sich die Kästen der Klimaanlagen. Hinter den Scheiben konnte man die Leute an ihren Zeichentischen und Telefonen erkennen.
    Links vor der ersten Baracke, die am nächsten zum Col stand, hatte sich eine ganze Gruppe von Arbeitern aufgebaut. Sie rührten sich nicht. Geduldig, fast einen Hitzschlag riskierend, warteten sie auf ihr Geld! In den anderen Baracken war man vornehmer. Da hatte man sogar Geranien auf den Fensterbrettern.
    Und dann sah Charlie noch etwas.
    Auf dem großen asphaltierten Parkplatz vor den drei Bürogebäuden standen etwa zwei Dutzend Autos. Sie standen in Dreierreihen. Kleine Peugeots, VWs, Renaults, – die Proletenkutschen, mit denen die Angestellten aus Cavalaire, Le Lavandou, Hyères, ja, selbst aus Toulon herangeschaukelt kamen.
    Der grüne Landrover aber und gleich hinter ihm das schicke flache Sportcoupé?
    Charlie warf die Gauloise weg und setzte sich in Bewegung. Beide Wagen kannte er. Der Landrover gehörte dem Deutschen: Lindner, Boß der Bosse, Zar der Zaren, die Pest von Saint-Michel, der Kerl, der das alles verschuldet hatte …
    Der Sportwagen aber?
    Charlie hatte die Hände in den Taschen und ging langsam darauf zu. Nein, die Nummer kannte er nicht. Coupés in dieser Preisklasse waren selten hier. Charlie kannte nur ein einziges.
    Er stand jetzt auf der Fahrerseite, reckte den Kopf vor und blickte hinein.
    Auf dem Beifahrersitz lag eine blaue Akte: Polizeidepartment VR , 26. Arrondissement … Das 26. Arrondissement aber war das von Cavalaire-sur-Mer. Der Leiter, Inspecteur Paul Donnet, sein Stellvertreter Inspecteur Benoît, Charlies Vater.
    Charlies Blick fiel auf den Rücksitz. Ein blau-grün karierter Schal lag dort, eine Jagdweste mit unzähligen aufgesteppten Taschen, darunter, von Schal und Weste halb verborgen, ein Gewehr. Es war eine Jagdwaffe, ein Drilling – und zwar ein Drilling der sehr besonderen Art.
    Charlie studierte die Gravur. Selbst der Umschaltschieber und die Schiebersicherung waren mit Ornamenten verziert, und als ob das nicht genügte, blinkten die kleinen Schrauben wie Gold. Charlie kannte die Waffe. Aber klar doch, sein Vater hatte sie ihm einmal im Schaufenster eines Waffenladens in Toulon gezeigt. Eine Dasson-Schneider, das Teuerste auf dem Markt. »So ein Ding, Charlie, das wäre mein Traum.«
    Der Alte würde ihn nie verwirklichen.
    Für so 'nen Drilling, dachte Charlie, kriegst du gleich zwei Kawasakis. Aber die Frage ist doch: Wie kommt eine Figur wie Donnet mit seinen paar Francs Gehalt, denn viel mehr

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