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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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als wir kriegt er auch nicht, zu einem Luxus-Coupé? Und außerdem, da das ja nicht reicht, auch noch zu einem Luxus-Drilling?
    Hinter ihm waren Schritte zu hören.
    Charlie drehte sich um.
    Der braungebrannte fette Kerl, der da stand, trug Khakizeug und hatte eine Art Militärkoppel um. Darin steckte ein Handy. Auf dem Kopf trug er etwas, das wohl eine Dienstmütze sein sollte. Unter dem Schatten des schrägen Schirms blickten Charlie ein paar helle Augen an, das Weiße darin war von roten Äderchen gesprenkelt. Auf der roten dicken Nase schälte sich die Haut.
    »Was hast du hier zu suchen?«
    Charlie holte erst mal Luft. »Und du?«
    »Ist das deine Maschine?« Der Fette drehte den schweren Kopf zur Kawasaki. Das reichte nicht, er spuckte auch noch eine Ladung in die Richtung.
    »Das ist meine Maschine. Anspucken läuft nicht.«
    »Schnauze! Ausweis.«
    Charlie hatte ein feines Singen in den Ohren; es war nicht laut und doch stärker als der ganze Krach von der Baustelle. Vorsicht, sagte er sich noch, aber da knallte eine schwere Hand auf seine Schulter, und ein harter Daumen schob sich gegen seine linke Halsschlagader.
    »Ein bißchen schwer von Begriff, was? Also kein Ausweis? Gut, dann gehen wir mal …«
    Es war sein letztes Wort. Charlie hatte sich mit einer schnellen Linksdrehung von der Pranke befreit, trat aus Vorsicht gleich einen Schritt zurück, und da kam der erste Schwinger. Charlie duckte sich, die Faust sauste an seinem Kopf vorbei, er griff sich den Arm, der dazugehörte, riß das linke Knie hoch und stieß es dem fetten Kerl mit aller Kraft, zu der er fähig war, zwischen die Beine.
    Der Mann brüllte nicht einmal. Er sackte einfach zusammen und lag nun, die Beine hochgezogen, auf dem ölverschmierten Beton. Seine lächerliche Mütze hatte er verloren. Das Gesicht war schneeweiß.
    Ohnmächtig, dachte Charlie. Und dann: Weg! Bloß weg!
    Er schwang sich in den Sattel, ließ die Maschine an und gab Gas.
    Für die Fahrt zum alten Hafen von Saint-Michel brauchte er keine zwölf Minuten. Das Motorrad stellte er in den Schatten der großen Mauer an der Nordseite. Dann sah er sich um. Auf dem grauen Zementstreifen am Hafenbecken dünsteten die Netze die letzte Feuchtigkeit vom Morgenfang aus. Niemand war zu sehen, nichts als die Katzen vom Dienst – oder doch? Ganz am Ende hockte der alte Gautier und flickte ein paar Maschen.
    Charlie überlegte, ob ihm nicht drüben über der Straße im Le Pêcheur ein Bier guttäte? Hunger hatte er auch. Die Stühle vor dem Le Pêcheur waren leer, der ganze Laden war es wahrscheinlich, denn um diese Zeit hatten alle zu tun. Aber er mußte seinen Vater finden. Der fing erst um zwei Uhr wieder mit dem Dienst an.
    Also marschierte Charlie los, immer sauber am Netz entlang. Der alte Gautier hob erst den Kopf, als er seinen Namen hörte.
    »Hast du meinen Vater gesehen?«
    Gautier zupfte an seinem Netz herum. Charlie wußte nicht einmal, ob er ihn überhaupt gehört hatte …
    »Er hat heut' morgen frei. Er wollte zum Fischen.« Gautier nahm wieder die Nadel.
    »Er war also nicht da?« Charlie kam sich blöd vor.
    »Doch.«
    »Und wann, Herrgott noch mal?«
    »Vor zehn Minuten. Vielleicht auch 'ner halben Stunde.«
    Charlie zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Er versuchte sich zu beruhigen, indem er sich sagte: So ist es halt, so ist das, wenn du fünfzig Jahre lang auf diesem Mistkai sitzt und dir die Mistsonne auf die Rübe brennen läßt.
    »Hast du gesehen, wohin er gegangen ist?«
    »Zur alten Mole. Wohin denn sonst?«
    Da hatte Gautier auch wieder recht. Die alte Mole war der Lieblingsplatz seines Vaters.
    Charlie ließ den Alten sitzen, wo er saß, und lief los. Sein Tempo beruhigte sich rasch, der Schweiß brach ihm aus den Poren und lief ihm über den Rücken, doch dann kam der Wind, und es wurde besser. Ein Geschwader Möwen übte Tiefflug und strich dicht über seinen Kopf.
    Die alte Mole war eigentlich gar keine richtige Mole, eher eine Art großer Wellenbrecher zum Schutz des Hafens. Sie war zu Beginn des Krieges von Pionieren gebaut worden, und die Stürme in der Bucht hatten ihr über die Jahre gewaltig zugesetzt. Das Schüttmaterial, riesige Steinbrocken, gab's zwar noch, aber den Zementpanzer hatte die Brandung zerschlagen.
    Charlie sprang von Zementplatte zu Zementplatte, von Stein zu Stein.
    Ganz am Ende erhob sich ein halbverrostetes Eisengestell, das die Markierungslampe trug. Seitlich davon stand eine Gestalt. Himmel und See waren vom selben

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