Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
und internationale Beziehungen«, fügte er hinzu.
»Wie bitte?«
»Die beiden Fächer hatte er belegt. Hat auch einen akademischen Grad erworben, soviel ich weiß.«
»Er ist gebildet und intelligent, aber er ist jung. Sehr jung im Hinblick auf die Aufgaben, die ihn erwarten.«
»Wann kann ich ihn sehen?«
»Heut abend. Bevor die anderen etwas von deiner Anwesenheit merken.« Mustafa sah auf seine Uhr. »Verlaß in dreißig Minuten das Hotel und geh vier Blocks nach Norden. Dort wartet an der Ecke ein Militärfahrzeug auf dich. Es bringt dich in die Wüste zum Dschabal Scham.«
Der schlanke Araber in der fleckigen Aba tauchte in den Schatten der Hausfassade gegenüber vom Hotel ein. Schweigend stellte er sich neben Kalaila, die jetzt ein schwarzes Schneiderkostüm trug, das sie in dem schwachen Licht fast unsichtbar machte. Ungeschickt versuchte sie ein Nachtsichtgerät auf ihre kleine Kamera zu schrauben. Plötzlich ertönten rasch hintereinander zwei schrille Signale.
»Beeil dich«, sagte der Araber. »Er ist unterwegs. Ist schon in der Halle.«
»Ich tue mein möglichstes«, antwortete Kalaila und fluchte, noch immer mit der Kamera beschäftigt, leise vor sich hin. »Ich verlange wirklich nicht viel von meinen Vorgesetzten, aber das ›Werkzeug‹ sollte wenigstens in Ordnung sein und funktionieren. Na endlich! Ich hab’s geschafft.«
»Hier kommt er.«
Kalaila hob die Kamera mit dem Nachtsichtgerät und knipste den als Araber verkleideten Kendrick dreimal. »Ich möchte wissen, wie lange sie ihn am Leben lassen«, sagte sie. »Jetzt muß ich telefonieren.«
Höchste Geheimhaltungsstufe
Kein Zugriff
Eingabe
Das Tagebuch wurde fortgesetzt.
Aus Maskat kommen erstaunliche Berichte. Das Objekt hat sich in einen Araber verwandelt, trägt arabische Kleidung und hat sich die Haut dunkel getönt. Er bewegt sich in der Stadt wie ein Einheimischer und hat
offenbar Verbindung mit alten Freunden und Kontakten aus seinem früheren Leben aufgenommen. Die Berichte sind jedoch alles andere als ausführlich, da der Schatten des Objekts alles über Langley weiterleitet und ich bisher noch nicht imstande war, den Code zu knacken, den die CIA für Berichte aus den Golfstaaten benutzt. Wer weiß, was Langley verbirgt? Ich habe meinen Geräten Anweisung gelben, schneller zu arbeiten. Das Außenministerium ist natürlich ein Kinderspiel.
4
Die riesige unfruchtbare Wüste schien nachts unendlich zu sein. Das hin und wieder zwischen den Wolken hervorschimmernde Mondlicht ließ die Umrisse der fernen Berge von Dschabal Scham ahnen – eine unerreichbare, drohende Barriere am dunklen Horizont. Der flache Wüstenboden schien überall ein Gemisch aus Erde und Sand. In der windstillen Ebene fehlten die schwellenden, wandernden Sanddünen, die aus unseren Phantasiebildern von der großen Sahara nicht wegzudenken sind. Die harte Straße war kaum befahrbar, und die braune Militärlimousine schleuderte und rutschte auf ihrer Fahrt zum königlichen Treffpunkt durch unzählige Sandkurven. Auf Anweisung hatte Kendrick neben dem uniformierten, bewaffneten Fahrer Platz genommen. Im Fond saß ein ebenfalls bewaffneter Offizier. Die Geheimhaltung hatte schon begonnen, als Kendrick in den Wagen eingestiegen war. Eine falsche Bewegung von ihm, und er war erledigt. Die Soldaten hatten höflich gegrüßt und seither kein Wort mehr gesagt.
»Wir sind hier in der Wüste«, sagte Kendrick auf arabisch. »Warum hat die Straße so viele Kurven?«
»Es gibt viele Nebenstraßen, Sir«, antwortete der Offizier hinter ihm. »Eine gerade Piste würde im Sand zu sehr auffallen.«
Königliche Sicherheitsmaßnahmen, dachte Kendrick, ohne etwas zu erwidern.
Nachdem sie ungefähr fünfundzwanzig Minuten mit hoher Geschwindigkeit nach Westen gefahren waren, bogen sie in eine dieser Nebenstraßen ein. Ein paar Meilen weiter sah man rechts den rötlich dunstigen Schein eines Lagerfeuers. Als sie näherkamen, stellte Kendrick fest, daß uniformierte Wachen mit dem
Rücken zum Feuer dasaßen und alle Himmelsrichtungen scharf im Auge behielten. In einiger Entfernung parkten zwei Militärlaster. Der Wagen hielt, der Offizier sprang hinaus und öffnete dem Amerikaner die Tür.
»Gehen Sie voran, Sir«, sagte er auf englisch.
»Aber gern«, erwiderte Kendrick und versuchte im Schein des Feuers den jungen Sultan zu entdecken. Doch er sah nur Uniformierte. Er versuchte sich an das Gesicht des sehr jungen Mannes zu erinnern, dem er vor über vier
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