Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
kannte, hattest du keine andere Möglichkeit.«
»Du hast ihn gut gekannt.«
»Kennen Sie auch die beiden anderen?« unterbrach ungeduldig der CIA-Beamte.
»Ja. Sie waren beide mit mir im Gefängnis, aber ihre Namen wußte ich nie. Der rechte hatte sich die Hose beschmutzt; der andere hatte zottiges langes Haar und einen starren Blick, als hätte er einen Messiaskomplex. Meiner Meinung nach war er ein Psychopath.«
»Sie haben uns alles gesagt, was wir wissen müssen. Alle vier, die Sie identifiziert haben, waren mit Ihnen in Oman.«
»Ja, ich habe sie alle gekannt. Sie wollten sich an mir rächen, und ich weiß nicht, ob ich an ihrer Stelle nicht denselben Wunsch gehabt hätte.«
»Sie sind kein Terrorist, Herr Abgeordneter.«
»Was unterscheidet einen Terroristen von einem ›Freiheitskämpfer‹?«
»Erstens, Sir, sind Terroristen darauf aus, unschuldige Menschen zu töten. Ganz durchschnittliche Männer und Frauen, die zufällig an Ort und Stelle sind, junge Leute mit Rucksäcken, Angestellte – ob jung, ob alt -, die ihrer Arbeit nachgehen. Was haben Sie dazu zu sagen, Sir?«
Kendrick sah den Agenten lange an und zuckte plötzlich zusammen, weil er an Fairfax und an die Hassans denken mußte. »Ich entschuldige mich für eine dumme und kindische Bemerkung. Ich bedaure sie tief.«
»Ach, zum Teufel!« Der Agent schüttelte seinen Ärger ab. »Wir sind alle gereizt, und außerdem wird heutzutage ohnehin alles viel zu sehr in Schablonen gepreßt.«
Sie gingen ins Haus zurück, wo Kalaila auf der Veranda mit den Krankenschwestern sprach. Die drei hörten der >Vertreterin des Außenministeriums< buchstäblich hingerissen zu. Kendrick und Weingrass gingen schweigend zur Bar, während der CIA-Agent im Gästezimmer nach dem Gefangenen und dem Kollegen sah, der ihn bewachte.
»Ich habe alles erklärt, Herr Abgeordneter Kendrick«, sagte Kalaila in förmlichem Ton. »Natürlich nur, soweit ich das durfte, und die Damen haben sich bereit erklärt zu kooperieren. Eine sollte morgen Besuch bekommen, aber sie wird ihn wegen einer schweren gesundheitlichen Komplikation bei ihrem Patienten telefonisch absagen.«
»Vielen Dank«, sagte Weingrass und schenkte sich vor Kendrick, der ihn mit Argusaugen beobachtete, einen Drink ein. »Jetzt bin ich eine Leiche.«
»Da hätten wir zu danken, Manny«, entgegnete eine Schwester trocken.
»Ich möchte Ihnen allen danken«, warf Kendrick hastig ein. »Washington ist überzeugt, daß es sich um einen vereinzelten Zwischenfall handelt, um einen jungen Irren, der den Helden spielen wollte... Man hat veranlaßt, daß der Gefangene heute nacht in den Osten gebracht wird, und Sie sollten sich nichts dabei denken, wenn Sie auf dem Grundstück oder in der Garage ungewohnte Geräusche hören.«
»Sehr professionell«, murmelte Weingrass.
Plötzlich wurde es draußen laut, Stimmen schrien durcheinander, eine Hupe gellte. »Weg von den Fenstern!« brüllte der CIA-Agent und raste durchs Wohnzimmer. »Auf den Boden! Alle auf den Boden!«
Kendrick machte einen Satz auf Kalaila zu und stellte erstaunt fest, daß sie schon auf dem Boden lag und sich, eine Pistole schußbereit in der Hand, zu einer Schiebetür rollte.
»Alles in Ordnung! Alles in Ordnung!« rief jemand vor dem Haus.
»Das ist einer von uns«, sagte der CIA-Mann, der, ebenfalls mit der Waffe in der Hand, auf den Knien lag. »Was, zum Teufel...« Er sprang auf und lief vor Kendrick zur Haustür und öffnete sie. Von einem Aufseher begleitet, betrat ein gutgekleideter, offensichtlich erschrockener Mann die Diele. Er hatte eine schwarze Arzttasche bei sich.
»Einen solchen Empfang habe ich wirklich nicht erwartet«, sagte der Arzt. »Ich weiß, wir sind nicht immer willkommen, aber das war denn doch des Guten zuviel. Es ist mir eine große Ehre, Herr Abgeordneter...« Sie schüttelten sich die Hand, und der CIA-Mann beobachtete sie verwirrt.
»Tut mir leid, aber kennen wir uns?« fragte Kendrick, genauso verblüfft.
»Nein, wir sind uns noch nie begegnet, aber wir sind Nachbarn, wenn man jemanden, der ungefähr sieben Meilen weiter in den Bergen wohnt, noch einen Nachbarn nennen kann. Ich heiße Lyons.«
»Der unfreundliche Empfang tut mir leid. Sie haben ihn unserem überängstlichen Präsidenten zu verdanken. Was gibt es, Herr Dr. Lyons? Warum sind Sie hier?«
»Weil er nicht da war«, antwortete Dr. Lyons lächelnd. »Ich bin der neue Arzt von Mr. Weingrass. Wenn Sie auf seinem Terminkalender nachsehen,
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