Der im Dunkeln wacht - Roman
Zeit nicht gebloggt? Das musste sie herausfinden.
»15.7.2009 . Angies Blog. Sophie ist bei einem tragischen Unfall vor fünf Jahren ebenfalls verbrannt. Frej versuchte sie zu retten, aber das gelang ihm nicht. Da tauchte diese Irene Huss wieder auf und begann alles zu zerstören! Sie spionierte Frej und mir hinterher, damit wir gestehen würden, dass Frej die arme Sophie getötet hatte! Frej vergötterte seine Schwester. Irene Huss hasste ihn und Sophie! Sie waren schön und erfolgreich, was man von ihren Kindern nicht sagen konnte. Sie hatte sich entschlossen, Sophie und Frej zu vernichten! Nicht genug damit, dass Frej seinen geliebten Vater in einem Feuer verloren hatte und so im Alter von acht Jahren Halbwaise geworden war! Jetzt begann Irene Huss ihn Tag und Nacht zu verfolgen! Die Schikanen von Irene Huss und die Trauer um Magnus und Sophie wurden zuviel für meinen sensiblen und künstlerisch begabten Sohn, und er musste wegen eines Nervenleidens mehrfach stationär behandelt werden. Schließlich konnte
er nicht mehr. Das Klinikpersonal fand ihn erhängt in der Dusche. Ich lebe in einem schwarzen Tunnel, und nirgends bekomme ich Gerechtigkeit! Rache! Ich fordere Rache für das zerstörte Leben meiner Kinder und mein eigenes zerstörtes Leben! Ist das so merkwürdig? Eure am Boden zerstörte Angie.«
Zu diesem Blog gab es über fünfzig Kommentare. Alle sympathisierten mit der armen Angie. Man verlieh seinem Hass auf die Polizei im Allgemeinen und auf Irene Huss im Besonderen Ausdruck. Alle schrieben zustimmend, es sei nicht im Geringsten merkwürdig, dass sich Angie rechtlos und im Stich gelassen fühlte. In einem Kommentar stand: »Du musst die Dinge in deine eigenen Hände nehmen! Das weiß schließlich jeder, dass die bei der Polizei zusammenhalten! Schlag diese Sau Irene Huss tot! In dieser schweinischen Gesellschaft ist es überall dasselbe! Die Kleinen haben keine Chance!«
Mit überraschender Bereitwilligkeit schienen die Leute das alles für bare Münze zu nehmen. Irene fand es seltsam. Schließlich konnte jeder Irre einen Blog verfassen.
Nicht zum ersten Mal stellte sich Irene die Frage, ob das Internet wirklich einen Segen für die Menschheit darstellte. Es war ein Eldorado für Pädophile und Sexualverbrecher und für alle möglichen Betrüger. In den zurückliegenden Jahren hatten Irene und ihre Kollegen an der Aufklärung gleich mehrerer Fälle gearbeitet, in denen Mörder und Vergewaltiger ihre Opfer in Chatforen kennengelernt hatten. Zudem standen Informationen aus dem Internet oft nur sehr fragmentarisiert zur Verfügung und wiesen außerdem eine hohe Fehlerquote auf. Jeder war in der Lage, falsche Informationen ins Netz zu stellen. Unmöglich, den Wahrheitsgehalt zu kontrollieren, wenn man die dort getroffenen Aussagen nicht gründlich überprüfte oder ohnehin über ein größeres Wissen verfügte als derjenige, der die Inhalte
verfasst hatte. Das konnten die meisten Informationssuchenden jedoch nicht leisten, im Gegenteil: Viele Menschen suchten ja nach Antworten im Internet. Denn die Welt – und nicht zuletzt die Polizei – wurde vom Internet immer abhängiger. Irene seufzte.
Dann las sie weiter. Mehrmals ließ sich Angelica gehässig über den »gestörten Psychiater Eskil Itkonen« aus. Sie schrieb über Banken, die den Leuten ihr Geld abluchsten, um saftige Bonusse zahlen zu können. Am schlimmsten sei die Nordea Bank am Axel Dahlströms Torg, wo insbesondere der Berater Tony Barkén die Leute um ihr Geld betrüge.
Frej hatte durchaus nicht ohnmächtig zugesehen, wie seine Schwester in dem alten Schuppen im Industriegebiet in Högsbo verbrannt war. Er hatte sie selbst in dem Schuppen auf eine Matratze gelegt und diese dann angezündet. Der damals achtjährige Frej hatte vor fünfzehn Jahren das Haus in Björkil, in dem sein Vater umgekommen war, in Brand gesetzt. Seine verhaltensauffällige Schwester war der Tat jedoch verdächtigt worden. Ihre einzige Verteidigung war es gewesen zu schweigen. Angelica und ihre Schwägerin hatten die ganze Zeit die Wahrheit gewusst, aber keine der beiden hatte versucht, Sophie zu helfen. Man hatte sie vollkommen allein gelassen.
Irene sah ein, dass sie nichts tun konnte. Es hatte keinen Sinn, sich über Angelicas Ergüsse aufzuregen. ihr fehlte die Kraft weiterzulesen, und so legte sie den Stapel auf den Fußboden. Sie wurde von einer Bloggerin im Internet verleumdet und mit dem Tode bedroht. Mama, was hättest du gesagt, wenn du das
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