Der Implex
einer »heroischen Generation« der Quantenmechanik, in der Eigenschaften wie die des Antimaterie-Entdeckers vergleichsweise häufig, wenn auch bei kaum jemandem sonst so gebündelt gegeben waren – gelten unfairerweise manchmal als Pioniere einer als »Halt den Mund und rechne«-Schule der bewußten Abstinenz von allen sogenannten »Interpretationen« der Quantenmechanik verspotteten Richtung; diese hat allerdings, soweit es sie überhaupt gibt und ihr Name nicht einfach eine Schmähung für solide Forschungsarbeit im Gegensatz zu hochmögender Spekulation ist, inzwischen ihren Ansehensrückstand auf die radikalen Realisten (Einstein, Schrödinger) und die Neopyrrhoniker (Bohr, Heisenberg), die es damals auch gab und die zusammen sogar die Mehrheit bildeten, mehr als aufgeholt, da sich mittlerweile herausgestellt hat, daß die philosophisch gemeinten Kategorien, in denen seinerzeit um den Wirklichkeitsgehalt der Quantenmechanik gestritten wurde, der Sache vielfach unangemessen waren und daher diejenigen, die sich aus dem Streit zunächst einmal einfach heraushielten, die Ehre behalten, den Raum geschaffen haben, in dem sich jetzt neue, andere Kategorien bilden lassen (aktuelle, etwa an geometrischen Überlegungen orientierte Versuche vereinheitlichter physikalischer Theorien sind eher vom Dirac-Ansatz geprägt als von der Jagd nach – oder umgekehrt: dem dogmatischen Verbot – der Anschaulichkeit).
Das Philosophische außen vor gelassen, bedeutet die Errichtung der »dritten Säule« aber vor allem eine organisatorische Herausforderung. Was für eine Astronomie wird das, wenn man kaum mehr durch Teleskope und immer häufiger durch Datenfilter schaut, welche Ergebnisse ihrer Sensorennetzwerke muß sich die Umweltwissenschaft zu Herzen nehmen, wie verändert sich die Nosologie der Medizinforschung, wenn sich das kausale Denken dort statistifiziert, wie bringt man (semantic science) Computerverbundsystemen Bedeutung bei (nicht jede Korrelation ist wichtig), kontrollierte Vokabulare, Taxonomien, am Ende eben auch so etwas wie Ontologie? Letztere enthüllt in solcher Lage ihr Wesen als etwas durchaus Technisches im Sinne unseres fünften Kapitels und macht auf diesem Umweg deutlich, was wir mit unserer Bestimmung der philosophischen Arbeit als einer Art Ingenieurswissenschaft im dreizehnten Kapitel sagen wollen.
So wie die Frage »Deduktion oder Empirie« durch die »dritte Säule« auf eine dialektisch höhere Stufe gehoben wird, auf der sich eine neue Synthesis abzeichnet, wird auch die Frage der Organisation der wissenschaftlichen Arbeit durch die Vernutzung von informatisch aufbereiteten Datenmengen neu gestellt; die Dichotomie, die dabei ihren binären Charakter verliert, ist die von »zentral oder dezentral« – wie dezentral ist denn etwas, das überall ist? (von Spinozas deus sive natura würde man ja auch nicht sagen wollen, er sei verstreut). Clay Shirky, einer der findigsten Internetdenker der Gegenwart, hat über die berühmte Vorhersage des IBM-Mitschöpfers Thomas Watson, es gebe auf der Welt keinen Markt für mehr als fünf personal computers, den nicht unebenen Witz gemacht, Watson habe sich um vier nach oben verschätzt – die Konsequenz von Vernetzung und ubiquitous computing, will Shirky wohl sagen, führt dazu, daß man etwas, das nicht vernetzt ist, in Zukunft gar nicht mehr als Rechner ansehen wird, eine Perspektive, auf die unter Modelabels wie »Schwarmintelligenz« natürlich auch die Funktionseliten der ständig zu optimierenden Ausbeutung ein Auge geworfen haben. Wer sich noch an Marx erinnert, wird sich wie etwa Georg Fülberth Mühe geben, das Verhältnis der Gewinnung des gesellschaftlichen Reichtums mittels einerseits Vernutzung von Naturressourcen, andererseits Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft im Lichte der Arbeitsverhältnisse der Techniki und knowledge workers neu zu überprüfen; anstatt allerdings die Mehrproduktion und die kapitalistische Mehrwertaneignung sowie den ungleichen Tausch in einer Art Generalüberholung des Konzepts der Kapitalzusammensetzung relativ unwichtiger, Dinge wie den Schumpeterschen »Innovationsgewinn« (durch Verbilligung der Produktion, bessere Arbeitskoordination, dadurch auch wachsenden Natur- wie Arbeitskraftzugriff et cetera) relativ wichtiger zu nehmen, könnte man auch fragen, ob »Innovationsgewinn« nicht vielleicht ein allzu freundlicher Name für die schizoiden Schübe ist, in denen das Kapital immer wieder (und zunehmend irrealer)
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