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Der indiskrete Roboter

Der indiskrete Roboter

Titel: Der indiskrete Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Branstner
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erst nächste Woche«, entgegnete Sara, »da kann es schon . . .«
    Der seltsame Ausdruck in Gustavs Gesicht ließ Sara innehalten. Der Altlotse starrte wie geistesabwesend ins Leere.
    »Da stimmt doch was nicht«, sagte er jetzt leise und plötzlich laut: »Da stimmt überhaupt nichts mehr!«
    Fredy blickte von einem zum anderen und begriff nun auch, daß es nicht mehr um einen wohltemperierten Urlaub ging. »Was stimmt überhaupt nicht mehr?«
    »Der Kumosee«, erklärte Gustav, »stimmt nicht mehr, er spielt verrückt. Bisher war das Wasser am Westufer stets kühler als am Ostufer. Und auf einmal ist es genau umgekehrt.«
    »Verwechselst du da auch nichts?«
    Der Altlotse schüttelte den Kopf. »Ich kenne die Verhältnisse genau, schließlich war ich oft genug dort. Der See ist am Westufer bedeutend tiefer, und außerdem wird er an dieser Seite durch einen Zufluß gekühlt. Wie kann da das Wasser wärmer als am Ostufer sein?«
    Fredy machte ein bedeutendes Gesicht und behauptete, daß in dem Falle sich die Dame vom Wetterdienst geirrt haben müsse. Und als Gustav ihn fragend ansah, erklärte er: »Nicht in der Angabe der Wärmegrade, sondern als sie sagte, die Temperatur des Sees sei natürlich und unbeeinflußt.«
    Gustav klopfte dem Junglotsen anerkennend auf die Schulter. »Bist eben doch ein kluges Kerlchen.«
    »Soll das heißen«, fragte Sara besorgt, »daß im Kumosee etwas Unnatürliches vor sich geht?«
    »Das soll es heißen«, bestätigte Gustav. »Vermutlich hat man deshalb Boris mit dem Unikraft angefordert; vielleicht kann er uns schon Genaueres sagen.«
    Der Altlotse stellte sogleich eine Verbindung her, doch Boris wußte nichts zu sagen. Er war noch nicht einmal von der Temperaturumkehrung unterrichtet worden.
    »Das ist ein schlechtes Zeichen«, meinte Gustav. »Wenn sie dir nichts sagen, wissen sie wahrscheinlich selber noch nicht, was für ein Malheur sie angerichtet haben.«
    »Die THERMOCHEMAK ist ein Forschungsinstitut«, entgegnete der Cheflotse, »was kann da schon passieren.«
    »Allerhand«, sagte Gustav, »die forschen nicht nur, die experimentieren auch, und zwar mit Wasserstoff.«
    »Etwa im See?«
    »Das müssen wir jetzt wohl annehmen«, entgegnete Gustav mit Nachdruck.
    »Aber derartige Experimente sind doch abgesichert.«
    »Nur gegen vorhersehbare Reaktionen«, sagte der Altlotse, »die Natur reagiert aber nun einmal nicht immer vorhersehbar, sie hat einen unerschöpflichen Vorrat an Überraschungen auf Lager; das ist ja gerade das Interessante an ihr.«
    Da Boris eben jetzt einen Anruf von der THERMOCHEMAK erhielt, konnte er nicht auf Gustavs Philosophie eingehen. Er versprach, die Lotsen auf dem Laufenden zu halten, und beendete das Gespräch.
    Der Cheflotse war kaum aus dem Bild, da sprang Fredy auf und rief: »Worauf warten wir noch? Auf zum Kumosee!«
    »Nächste Woche«, entgegnete Sara betont ruhig, »und zwar als Urlauber.«
    »Aber jetzt . . .«
    »Ist das Wasser zu heiß. Oder hast du deine Meinung schon wieder geändert?«
     
    Der Direktor der THERMOCHEMAK unterrichtete Boris von dem Geschehen im Kumosee, soweit es gegenwärtig übersehbar war. Eine Taucherkapsel mit drei Insassen hatte die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällige Meldung nicht an das Institut gegeben. Zunächst hatte man angenommen, daß lediglich der Funkkontakt unterbrochen sei. Der plötzliche Anstieg der Wassertemperaturen gab jedoch Anlaß, Schlimmeres anzunehmen.
    »Und was nehmt ihr nun an?« wollte Boris wissen.
    »Wir stehen vor einem Rätsel«, sagte der Direktor, »der Vorgang ist unerklärlich.«
    »Da habt ihr aber nicht gerade viel zu bieten«, sagte Boris sarkastisch.
    Jetzt schaltete sich die Assistentin des Instituts in das Gespräch ein. »Meiner Meinung nach«, sagte sie, »wurde bei den Experimenten wider Erwarten Energie freigesetzt.«
    »Das ist ausgeschlossen«, wies der Direktor die Assistentin zurück, »wir spielen vor Beginn der Experimente alle denkbaren Folgen durch.«
    Die Assistentin ließ sich jedoch nicht abweisen. »Und wie erklärst du dir dann das Ansteigen der Wassertemperatur?«
    »Ich sagte doch bereits, daß es mir unerklärlich ist.«
    Boris ließ seiner Heiterkeit freien Lauf, und die Assistentin schloß sich ihm an.
    »Was gibt es da zu lachen«, rief der Direktor ärgerlich, »die Sache ist ernst genug!«
    »Wir lachen nicht über die Sache«, stellte Boris richtig, »sondern über dich. Du weißt doch: Wenn eine Wirkung bekannt ist, ihre Ursache aber nicht,

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