Der Infekt
Aktenkoffer und ging hinunter. Zehn Minuten später hielt der Dienstwagen am Flughafen. Auf dem Rollfeld wartete bereits eine kleine, zehnsitzige Maschine. Fünf Minuten später zogen die beiden Pratt&Whitney-Propellermotoren das Flugzeug in den Himmel. Dr. Santos-Cruz näherte sich seinem ersten Ziel, dem etwa zweihundert Flugkilometer entfernten Flugplatz der Breedwell Farms Inc. in der Nähe von Mercedes.
Im Verwaltungsgebäude von Breedwell fand zum gleichen Zeitpunkt eine sehr vertrauliche Besprechung statt. »Aber wieso kommt er gerade hierher, zum Teufel?« fragte der Leiter der tiermedizinischen Abteilung, Dr. Colin Lorimer, dem eine gewisse Nervosität vom Gesicht abzulesen war.
»Ich habe doch gestern abend schon gesagt, warum«, meinte der Sicherheitschef, Emilio Roessner. »Die Sekretärin dieses Dr. … wie war noch sein Name?«
»Santos-Cruz«, warf der dritte Anwesende ein.
Roessner nickte. »Richtig, Santos-Cruz. Seine Sekretärin hat behauptet, er habe Hinweise darauf, daß die schwere Grippe, an der bisher weit über zweihundert Leute erkrankt sind, irgendwo in unserem Gebiet ihren Ausgang genommen habe. Und aus Gründen der staatlichen Gesundheitsfürsorge sehe er sich deshalb verpflichtet, die Lage vor Ort zu überprüfen.«
»Das mag ja sein, verdammt«, schimpfte Lorimer aufgebracht, »aber deswegen weiß ich immer noch nicht, wer ihn überhaupt darauf gebracht hat, daß es eine Art Grippewelle gibt! Ob ihn jemand angerufen hat?«
»Unsinn, Lorimer«, erwiderte der dritte Mann, der sich bisher zurückgehalten hatte, »Sie wissen doch auch, daß es einige Einweisungen ins Zentralkrankenhaus gegeben hat. Und wie man hört, sind ein paar Leute am Fieber gestorben. Da liegt doch auf der Hand, wieso Santos-Cruz hierher kommt. Er braucht doch nur herauszufinden, woher die Patienten kamen, und schon weiß er, wo er suchen muß.«
Lorimer blickte ihn entsetzt an. »Was heißt das: Ein paar Leute sind am Fieber gestorben? An dieser Grippe?«
Der Mann nickte gelassen.
»Aber, meine Herren, das ist ja grauenvoll! Ein paar Leute? Wie viele Tote genau hat es gegeben, Mr. Cruikshank, wissen Sie das auch?«
Der groß gewachsene, blonde Mann im Maßanzug zuckte leicht die Achseln. »Nicht genau. Aber etwa zwanzig, glaube ich.«
Dr. Lorimer war am Boden zerstört. »Zwanzig? Mein Gott …! Zwanzig!« stammelte er erschrocken vor sich hin.
Cruikshank sah ihn ärgerlich an. »Jetzt machen Sie sich bloß nicht ins Hemd, Lorimer. Ab und an sterben immer mal welche an irgendeiner Krankheit.«
»Für Sie immer noch Doktor Lorimer, Mr. Cruikshank!« fauchte Lorimer aufgebracht. »Läßt Sie das einfach kalt, daß da Leute gestorben sind?«
Cruikshank sah den Veterinärmediziner von oben herab an. »Sie machen sich lächerlich, Lorimer«, erwiderte er, wobei er die titellose Anrede besonders betonte, »diese Frage könnte ich Ihnen genausogut stellen. Schließlich haben Sie die Rinder geimpft!«
»Sie … Sie …! Sie wissen genau, daß das nicht mein Fehler war!« brüllte Lorimer. »Ich habe nur das angelieferte Impfserum ausgetestet, zusammen mit Dr. Heistrom. Den Fehler haben andere gemacht! Mein Gott, wenn ich das nur geahnt hätte …!«
Emilio Roessner platzte langsam der Kragen. »Zum Teufel, Lorimer, nun fangen Sie nicht gleich an zu heulen! Außerdem haben wir keine Zeit, um uns zu streiten. Santos-Cruz muß in etwa einer Stunde hier eintreffen. Wir haben also nicht mehr viel Zeit, um uns noch einmal genau abzusprechen.«
»Ah, Señor Roessner, ich beginne zu verstehen! Sie wollen Santos-Cruz nicht etwa helfen, Sie wollen das Ganze hier unter den Teppich kehren, die Infektionen und die Toten! Ist es das, was Sie wollen?«
Roessner seufzte resignierend. Der Kerl ging ihm auf den Wecker.
Lorimer aber war noch nicht fertig. Er deutete auf Cruikshank. »Und deshalb sind Sie auch hier, Mr. Cruikshank, nicht wahr? Ich hatte mich schon gewundert, was Sie hier wollen. Der Konzern hat Sie hierhergeschickt, um die Behörden irrezuführen!«
Cruikshank lächelte gezwungen. »Sie träumen ja, Lorimer!« sagte er herablassend.
»Nein, Mr. Cruikshank, ich träume nicht. Und daher sage ich Ihnen: Wenn Sie versuchen sollten, Dr. Santos-Cruz die Unwahrheit zu sagen, werde ich auf der Stelle meine Kündigung einreichen! Das sollten Sie sich überlegen, bevor er hier eintrifft, und mich vorher von Ihrer Entscheidung informieren. Ich bin in meinem Büro zu erreichen.« Damit wandte sich Lorimer mit
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