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Der Infekt

Der Infekt

Titel: Der Infekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe A. O. Heinlein
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Chef wirkte ziemlich verändert. Vielleicht war es einfach besser, jetzt zu gehen.
    »Haben Sie noch weitere Fragen, Herr Professor? Sonst würde ich mich jetzt verabschieden.«
    »Aber nein. Verzeihen Sie, daß ich Sie so lange aufgehalten habe.«
    Nachdem die Fotografin den Raum verlassen hatte, blickte ihr Chef noch einige Minuten auf die Stelle, an der sie zuletzt gestanden hatte. Dann seufzte er und griff zum Telefonhörer.
    Katie radelte inzwischen auf der Whitney Avenue in Richtung Innenstadt. An der Baker Street bewohnte sie eine kleine Wohnung in einem großen Apartment- und Geschäftshaus. Die zwei Zimmer waren zwar nicht besonders groß, aber gemütlich und ihr kleines Reich.
    Als sie aus dem Lift trat, dachte sie noch einmal über das Gespräch mit ihrem Chef nach. Warum ihn dieser Mr. Green wohl so interessiert hatte? Das Ganze kam ihr doch sehr merkwürdig vor.
    Sie kramte ihren Schlüssel aus der braunen Umhängetasche und schloß die Apartmenttür auf. Als sie hineintrat und den Arm zum Lichtschalter ausstreckte, wurde sie von hinten brutal gepackt. Etwas drückte auf ihr Gesicht. Chloroform! dachte sie entsetzt und starr vor Angst. So roch nur Chloroform! Sie versuchte sich loszureißen, aber es gelang ihr nicht. Im Gegenteil, die Umklammerung und der Druck auf ihr Gesicht nahmen noch zu. Sie wollte schreien, aber der betäubende Wattebausch auf ihrem Gesicht erstickte sie fast.
    Plötzlich durchzuckte sie die Erkenntnis: Die Leute wollten etwas von ihr, was sie nicht mehr besaß. Hoffentlich ist das Päckchen in London angekommen, flehte sie im immer dichter werdenden Nebel der Ohnmacht.

London, Großbritannien
    J eanne Lumadue legte ihre Umhängetasche auf die Schreibtischplatte und betrachtete seufzend den Stapel Papier, der sich im Posteingang angesammelt hatte. Das ist ja wieder typisch, dachte sie, kaum ist man zwei Tage nicht da, schon bricht das Chaos aus. Wieso konnte Kevin nicht mal selber in seine Post gucken?
    Sie hatte den Gedanken noch nicht ganz zu Ende gedacht, als Kevin J. Micheals, Chefredakteur des Daily Mirror , die Tür zu ihrem Zimmer öffnete und den Kopf hereinsteckte. »Hallo, meine Liebe! Schön, daß du wieder da bist. Ohne dich geht es hier drunter und drüber!« meinte er erfreut und sah seine Mitarbeiterin liebevoll an. Welch eine wunderbare, hübsche Frau, dachte er. Nur schade, daß sie den falschen Mann liebt.
    »Hi, Kevin«, antwortete Jeanne weniger begeistert. »Ich habe auch den Eindruck, daß es hier drunter und drüber geht.« Dabei deutete sie auf den Stapel Post. »Du hättest ja eigentlich auch mal den einen oder anderen Brief öffnen können!« fügte sie vorwurfsvoll hinzu.
    Er hob entschuldigend die Schultern. »Komm, Jeanne, bitte. Ich hab ja auch noch ein bißchen Arbeit nebenbei. Außerdem wußte ich ja, daß du heute wiederkommst.« Er grinste. »Bist du mit dem falschen Bein zuerst aufgestanden? Du bist ziemlich schlecht gelaunt.«
    Jeanne schüttelte den Kopf. »Ach, Unsinn. Ich hatte mich nur gerade ans Nichtstun gewöhnt. Und du weißt ja, daß ich die Postarbeit hasse wie die Pest.«
    Micheals nickte lächelnd. »Ich kann's dir leider nicht ersparen. Hör mal, könntest du für heute nachmittag die Redaktionskonferenz organisieren? Es gibt einige wichtige Sachen zu besprechen.«
    »Wann denn? Um 15 Uhr?«
    »15 Uhr ist in Ordnung. Ja, das paßt mir gut.«
    »Der Herr befiehlt«, lächelte sie, »wir gehorchen!«
    Na also, dachte Micheals, ihre schlechte Laune war offensichtlich nur ein kurzer Anfall gewesen.
    Jeanne Lumadue überlegte. Bis zum Mittag sollte sie die angefallene Arbeit eigentlich erledigen können. Danach hätte sie ein wenig Zeit, um das Foto auszuwerten. Aber um es auszuwerten, mußte man es erst einmal haben. Sie griff in die unergründliche Tiefe der Umhängetasche und suchte nach der Filmrolle, die Idwood ihr gegeben hatte. Verdammt, wo war sie denn nur? Ah, da, unter dem Seidenschal. Sie steckte den Schwarzweißfilm in die Tasche ihrer Jeans und fuhr mit dem Lift in den Keller, wo sie zielsicher die Fotoabteilung der Druckvorlagenherstellung ansteuerte.
    Zbigniew Siborsky sah ihr über den Rand seiner schmalen Brille entgegen. »Ah, Jeanne! Was treibt Sie denn in den Keller? Bestimmt wollen Sie uns wieder Arbeit aufhalsen, stimmt's?«
    »Stimmt«, nickte sie verschmitzt und legte dem Polen die Filmrolle auf den Schreibtisch. »Ich brauche Abzüge davon, Zbigniew, und zwar etwa in der Größe vierzig mal fünfzig.«
    Siborsky

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