Der Infekt
trinken anbieten?«
Die gepflegte, hochgewachsene Endvierzigerin nahm einen großzügigen Schluck, bevor sie antwortete. »Danke, Malcolm. Kein schlechter Tropfen. Was gibt es also? Schlechte Nachrichten?«
Lowe wiegte den Kopf. »Hm, die Situation könnte sich zumindest zu unserem Mißvergnügen entwickeln, möchte ich mal sagen.«
»Welche Situation meinst du genau, mein Lieber? Mir fallen spontan etwa zwanzig Situationen ein, die sich momentan irgendwohin entwickeln. Und deshalb rechne ich auch dauernd damit, daß hin und wieder etwas schiefgeht. Ein bißchen Schwund hat man immer! Das nehme ich nicht weiter ernst, wie du weißt.«
Ihr Mann schüttelte unzufrieden den Kopf. »In diesem Fall wäre es mir lieber, du würdest das alles nicht so einfach abtun. Es geht um die Interclone- Sache.«
Thelma blickte ihn aufmerksam an. »Ich denke, du hast das im Griff!? Wo ist das Problem?«
»Aus irgendeinem verdammten Grund hat sich so ein Typ vom Secret Service in die Sache hineingehängt. Und seitdem läuft dauernd etwas aus dem Ruder, und ich werde das dumme Gefühl nicht los, daß der Geheimdienst mehr davon weiß, als uns lieb sein kann.«
»Der Secret Service hängt mit drin? Und weiter? Wer könnte ihn wieder aushängen, wenn nicht du? Ruf doch einfach den Chef dieses Kerls an, der da rumschnüffelt.«
»Das ist nicht so einfach, wie du dir das vorstellst, Thelma. Was meinst du, was passiert, wenn ich das versuchte? Die Geheimdienstfritzen würden sich nur noch mehr dafür interessieren. Nein, nein, das geht nur über dreiundzwanzig Umleitungen, und zwar so, daß keiner merkt, wann und warum das Ganze einschläft.«
»Ich denke, du hast diesen Collins darauf angesetzt?«
»Ja, ja. Aber ich weiß nicht so recht, ob der den Gesamtüberblick behält. Er klang beim letzten Telefonanruf ziemlich überfordert.«
Thelma Lowe musterte ihren Gemahl scharf. »Nun rück schon heraus damit! Was gedenkst du zu unternehmen? Willst du die ganze Sache etwa platzen lassen?«
Da ihr Mann nicht antwortete, fuhr sie ihn an: »Verdammt, das kannst du nicht machen, Malcolm. Weißt du, was die Parteifreunde mit mir anstellen, wenn FunFries die Verpackungsfabrik in Birmingham zumacht? Ich habe bei der Wahl mein Wort verpfändet, daß die fast zweitausend Arbeitsplätze sicher sind. Glaubst du, ich lasse meine mühsam aufgebaute Parteikarriere von einem lächerlichen Secret-Service-Agenten ruinieren? Glaubst du das?«
Lowe machte eine beruhigende Handbewegung. »Du weißt genau, daß ich die Angelegenheit zu Ende bringen muß! Wenn etwas schiefgeht, ist dein Schicksal noch rosig, verglichen mit dem meinen. Die Öffentlichkeit würde mich zerfleischen. Ich darf gar nicht daran denken!«
»Und? Wie gehen wir jetzt vor?« wollte Thelma ungeduldig wissen.
»Wir können nur auf Collins vertrauen. Vielleicht schafft er es mit seinen Leuten, alle Spuren zu tilgen, bevor der Secret Service sie aufnehmen kann.«
Seine Frau sah ihn aufmerksam an. »Das hört sich ja nicht besonders vielversprechend an, mein Lieber. Warum kannst du denn nicht dafür sorgen, daß alles, was mit der Sache zu tun hat, als geheim deklariert wird?«
Lowe lächelte sarkastisch. »Geheim? Was nützt das? Warum, meinst du, heißt der Geheimdienst Geheimdienst, he? Weil sie sich für geheime Sachen interessieren!«
»Aber es muß doch eine Möglichkeit geben, den Army-Geheimdienst vor den Nachforschungen der Spionageabwehr zu schützen.«
»Warum hörst du mir nicht zu? Ich habe dir doch bereits erklärt, daß ich die ganze Angelegenheit doch nur interessant machen würde, wenn ich Maßnahmen ergreife, um Nachforschungen zu verhindern. Verstehst du das nicht? Wenn ich veranlasse, daß der Secret Service seine Aktivitäten in dieser Sache einstellt, gebe ich doch zu, daß irgend etwas faul ist. Nein, das gefällt mir nicht. Ich werde abwarten, wie Collins und seine Leute die Sache in den Griff kriegen.«
»Und was ist, wenn die das nicht schaffen?«
Malcolm Lowe blickte seine Frau ernst an. »Dann müssen wir uns auf einiges gefaßt machen, liebe Thelma.«
Limerick, Irland
M aureen Meehan nahm den Wasserkessel vom Herd und goß den Tee auf. Dann setzte sie sich an den einfachen Küchentisch und hing ihren Gedanken nach, während sie hin und wieder die gebrühten Teeblätter in der Kanne umrührte. Sie machte sich Sorgen. Sorgen um den jungen Mann, der bei ihr wohnte. Seitdem er ihr seine Notizen anvertraut hatte, war ihr klar gewesen, daß irgend etwas
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