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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Balken klebten Zettel mit Wünschen und Segenssprüchen, bunte Bänder waren um das Holz gebunden, und aus der Küche wurden Holzplatten mit süßen Kuchen getragen, den man mit gezuckerten Beeren bestreut hatte.
    Lida hatte man, als sie erwacht war, in Huangs Bett gebracht. Sie lag auf dem Bauch und versicherte auf Jinvans Fragen immer wieder, es tue ihr nichts weh, und daß sie in Ohnmacht gefallen sei, sei nur der Schreck gewesen, plötzlich unter den Hufen des Esels zu liegen. Zhou kam mit seiner Salbe und der Tinktur, rieb Lidas Rücken damit ein, und es stank wie Mottenpulver.
    »Ich habe beides selbst hergestellt!« sagte Zhou mit großem Stolz. »Ich war einer der Besten in meinem Lehrgang, mußt du wissen, Keli. Ich habe sogar ein Medikament erfunden, das eine Krankheit heilt, vor der jeder Arzt machtlos ist.«
    »Und das ist?«
    »Der Schnupfen. Mein Medikament trocknet die Schleimhäute aus. Weg ist das Laufen der Nase!« Zhou schraubte die Flasche mit der Tinktur zu. »Es hat nur eine unbedeutende Nebenwirkung.«
    »Und was ist das?«
    »Die Behandelten bekommen Durchfall.« Zhou hob mit Bedauern die Schultern. »Man muß sich nun entscheiden, was man haben will: eine immer tropfende Nase oder einen donnernden Darm.«
    »Ich würde die Nase vorziehen, Zhou.«
    »Das sagen sie alle.« Zhou blickte Huang an, als erwarte er Mitleid von ihm. »Die Arzneimittelkommission hat das Medikament auch abgelehnt. Dabei ist es das einzige, das wirklich den Schnupfen verjagt. Und dann der doppelte Nutzen: die Nase frei und ein gereinigter Darm. Warum erkennt das keiner? Es müßte ein Mittel gegen die Dummheit geben.«
    Bis in die Nacht hinein dauerte das Fest, dann gingen die letzten schwankend davon, und der Sekretär der Einheit sagte zu Huang: »Es ist also sicher, daß Lida diesen Tong aus Kunming heiratet?«
    »Ja, es ist sicher. Er hat sein Wort gegeben.«
    »Und wenn er es vergißt?«
    »Dann werde ich die Ehre meiner Tochter von ihm zurückholen.«
    »Du wirst ihn töten?«
    »Ja.«
    »Und Lida?«
    »Wird sich selbst töten.«
    »Und das sprichst du alles mit solcher Ruhe aus?«
    »Die Huangs sind zwar arm an Geld, aber reich an Ehre. Und das bringt Ruhe über uns.«
    Als auch der Sekretär gegangen war, saß Huang allein in dem neuen Anbau auf einem abgesägten Balkenstück und blickte zum Himmel hinauf, an dem die Sterne funkelten. Er schrak zusammen, als plötzlich Jinvan vor ihm stand. Sie war so lautlos gekommen, als hätten ihre Füße den Boden nicht berührt.
    »Kommst du nicht ins Haus, Keli?« fragte sie. »Warum sitzt du hier allein im Dunkeln?«
    »Ich muß mich an einen Zustand gewöhnen, der lange dauern wird.«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst, Mann.«
    »Ich, Huang Keli, Lehrer von Huili, bin jetzt der Ärmste im Dorf. Das Fest hat mich meine letzten gesparten Yuan gekostet. Ich habe nichts mehr. Wovon soll ich das Dach bezahlen, auch wenn ich es selbst decke? Und auch die Tür schenkt mir keiner.« Er zeigte auf einen der Zettel, die man an die Balken geheftet hatte. »Lies, was da steht«, sagte er. »›Glück liegt über diesem Haus.‹ Der Spruch ist falsch. Er muß heißen: ›Schulden liegen auf diesem Haus.‹«
    »Wir werden auf dem Markt von Yao'an die gesamte Ernte von zwei Feldern verkaufen.«
    »Und leben im Winter von den Würmern im Boden.«
    »Bis dahin wird Jian wieder hier gewesen sein. Er wird uns helfen.«
    »Ich bettle nicht bei meinem Schwiegersohn.« Huang stützte den Kopf in beide Hände. »Ich überlege, was wir verkaufen könnten.«
    »Wir haben nichts, was wir entbehren können und was uns Geld bringt.«
    »Der Büffel. Ich kann den Büffel verkaufen.«
    Voll Entsetzen starrte Jinvan ihren Mann an. »Das kannst du Lida nicht antun, Keli.«
    »Ich werde sie fragen: Was ist dir lieber und mehr wert, ein Haus für Jian und dich oder ein Büffel? Was wird sie antworten?«
    »An einem Haus kann man Jahre bauen, einen Büffel braucht man jeden Tag. Und der Tag ist uns näher als das Jahr. Aber die Entscheidung liegt bei dir. Du bist der Herr.« Sie ging wieder zum Haus, lautlos, wie sie gekommen war, und ließ ihn allein mit seinen Gedanken und den Sternen.
    Am Morgen zog Lida mit ihrem Büffel aufs Feld, und Huang hatte nicht den Mut, ihr zu sagen, daß er ihn verkaufen wolle. Er sagte nur: »Zhou hat angeordnet, daß du vier Tage im Bett liegen bleibst.«
    »Er kann anordnen, ich aber muß arbeiten. In vier Tagen ist Markt in Dayao, und ich muß noch den Mais

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