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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nacht hatte ihn sehr mitgenommen. »Was sagt mein Sohn?« fragte er sofort, als Meizhu eintrat.
    »Nichts.« Sie setzte sich auf die Bettkante und vergrub ihr Gesicht in den Händen. »Er hat zwischen sich und uns eine Mauer gebaut. Wir hören unsere Stimmen, aber wir finden nicht mehr zueinander.«
    Sie schwiegen beide, und es dauerte lange, bis Tong sagte: »Wir werden die Farbe finden, mit der man die Mauer bemalen und schöner machen kann.«
    Huang Keli gab sich alle Mühe, den hölzernen Anbau zu einem richtigen, massiven Haus zu machen. Wenn Jian wieder zu Besuch kam, wollte er ihm stolz zeigen, welch schöne Wohnung er für ihn und Lida gebaut hatte.
    Zusammen mit dem Hausmeister der Schule und einem Nachbarn brannte er in den der Einheit Huili gehörenden Öfen die Ziegelsteine und den Kalk, und Lida holte mit dem Kleintraktor und dem Flachwagen Felsgestein aus dem Steinbruch, um den ersten richtigen Kamin des Dorfes zu bauen, denn in den Häusern gab es keine Heizung, oder man wärmte sich an offenen Holzkohlenfeuern, und wer es ganz gemütlich haben wollte, der ließ sich aus Dukou ein blechernes Ofenrohr mitbringen, stemmte ein Loch in die Außenwand oder durchs Dach und ließ den Rauch des Steinofens in den Himmel steigen. Einen richtigen Kamin aber kannte niemand, und so versammelte sich das ganze Dorf vor Huangs Haus und bestaunte, was da hochgemauert wurde. Als das Wunderwerk vollendet war und Huang das erste Feuer anzündete, war die Begeisterung groß, und der Sekretär der Einheit hielt eine Ansprache, in der vom Fortschritt und dem Aufbaugeist des Kommunismus die Rede war.
    Wie üblich mußte auch Huang ein Richtfest veranstalten, als die Dachbalken eingepaßt waren, und die Nachbarn brachten Fleisch, Reis, Nudeln, Hühner und Enten, und Jinvan und Lida kochten schon um fünf in der Frühe, um das Festessen am Mittag fertig zu haben. Reisschnaps und Ingwerbier waren reichlich vorhanden, und es wurde gegessen, gesungen und nach den Klängen einer Rohrflöte und einer Holztrommel getanzt.
    Am Ende dieses schönen Festes geschah dann das Unglück.
    Ein Esel, der alle Tage brav und geduldig Hölzer, Steine und anderes Baumaterial den Hügel hinaufgetragen und den man heute an einen Stützbalken angebunden hatte, riß sich los, als das zu jeder Feier gehörende Feuerwerk begann, ein Krachen, Rattern und Zischen, rannte in blinder Angst in das Gewühl der Gäste und traf auch auf Lida, die nicht mehr zur Seite springen konnte. Der Stoß warf sie um, geistesgegenwärtig riß sie die Arme empor, um ihren Kopf zu schützen, aber die trampelnden Hufe trafen sie an Schultern und Rücken, und sie wurde ohnmächtig von dem Schmerz, der durch ihren ganzen Körper zuckte.
    Huang und zwei Nachbarn trugen sie ins Haus, legten sie auf den Tisch, und der Heilkundige der Einheit Huili, ein ›Barfußarzt‹, streifte die Bluse von Lidas Oberkörper und betrachtete nachdenklich die blutunterlaufenen Stellen.
    Zhou Chen gehörte zu den Heilkundigen, die in den Grundbegriffen der modernen und der traditionellen Medizin ausgebildet worden waren, um den Ärztemangel auszugleichen und vor allem die Landbevölkerung zu betreuen.
    »Ist sie schwer verletzt?« fragte Huang.
    »Es sind Prellungen und Blutergüsse. Ob sie innere Verletzungen hat, kann ich erst feststellen, wenn sie Blut spuckt oder Blut in ihrem Stuhl ist. Aber ich glaube, es sind nur äußerliche Verletzungen.«
    »Kannst du sie behandeln, oder sollen wir sie zur Krankenstation von Dayao bringen?«
    »In Dayao wissen sie nicht mehr als ich. Dort ist zwar ein Arzt, aber er hat seinen Verstand in Alkohol ertränkt.« Zhou tastete die blutunterlaufenen Stellen ab und machte ein zufriedenes Gesicht. »Ich habe eine Salbe und eine Tinktur, die wird ihr helfen«, sagte er. »Sie kühlt und nimmt die Schmerzen weg. Keine Sorge, Keli, es sieht schlimmer aus, als es ist. Ich hole das Medikament. Wenn Lida aus der Ohnmacht erwacht, sage ihr, daß sie in zwei Wochen wieder einen so glatten und schönen Rücken wie früher haben wird. Es bleiben keine Narben zurück.«
    Nachdem sich die Verwirrung gelegt, der Besitzer den Esel eingefangen und mit einer Holzlatte verprügelt hatte, was dieser regungslos über sich ergehen ließ, nahm die Feier ihren Fortgang. Die würdigen Alten, die in der ersten Reihe saßen und das beste Essen bekamen, lobten Huang, den Gastgeber, und waren die ersten, die von ihren Söhnen oder Enkeln betrunken nach Hause gebracht wurden. Überall an

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