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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Familie noch nie in tausend Jahren einen Verräter gegeben. Ich will, daß sein Name nicht mehr genannt wird.«
    Es mochte drei Uhr nachmittags sein, als sich zwischen Nanhua und Chuxiong zwei Autos begegneten und mit quietschenden Bremsen hielten. Aus dem einen Wagen, einem VW Santana, sprangen Tong und Fengxia, und fast gleichzeitig ging die Tür des japanischen Wagens auf, und Jian stürzte heraus. Er rannte auf die andere Straßenseite und wäre fast von einem Lastwagen erfaßt worden, der, ohne die Geschwindigkeit zu drosseln, aber mit anhaltender schriller Hupe, auf ihn zuraste. Jian rettete sich mit einem Sprung und prallte gegen die Karosserie von Wus Auto.
    »Schade«, sagte Fengxia kalt. »Alle Probleme wären gelöst gewesen.«
    »Was habt ihr mit Lida gemacht?« schrie Jian ohne Einleitung. »Flüchtet euch nicht in Lügen, ich weiß, daß ihr in Huili wart! Onkel Zhang hat mit mir telefoniert.«
    »Ich will den Namen Zhang nicht mehr hören«, sagte Tong in scharfem Ton. »Aber warum sollen wir lügen? Ich war bei Huang und habe mit ihm verhandelt. Er ist ein ehrenwerter Mann.«
    »Verhandelt? Was hast du mit ihm zu verhandeln?«
    »Ich habe mich davon überzeugt, daß mein Sohn, ein Tong, Schande über seine Familie gebracht hat. Wir werden morgen darüber reden.«
    »Nein, jetzt! Hier auf der Stelle!« schrie Jian. »Die Straße ist ein passender Ort.«
    »Das ist sie für einen Straßenköter wie dich!« Fengxias Augen glühten ihn an. Sie fühlte sich zwischen ihrem Vater und ihrem Mann sicher. »Mit einer läufigen Straßenhündin hast du dich ja gepaart.«
    Jian atmete tief ein, holte aus, und der Schlag, der Fengxia im Gesicht traf, war so kräftig, daß sie gegen das Auto geschleudert wurde und ihr Kopf gegen das Dach schlug. Wu machte einen Satz nach vorn, aber Jian streckte ihm beide Fäuste entgegen und stieß ihn zurück. »Vergiß nicht, daß ich Studentenmeister im Boxen bin«, sagte er gefährlich leise. »Und einem Funktionär die Nase einzuschlagen macht mir ein besonderes Vergnügen.«
    »Du schlägst eine Frau?« Es war kein Ton mehr in Tongs Worten. Er stöhnte erstickt auf. »Du schlägst deine Schwester?«
    »Sie ist beides nicht, sie ist ein giftspeiender Drachen.« Jian trat näher an seinen Vater heran. Auge um Auge standen sie sich gegenüber, während Wu seine Frau umarmte, sie an sich drückte und sich darüber verwunderte, daß Fengxia weinen konnte, denn er hatte bei ihr noch nie Tränen gesehen.
    »Und du – bist du noch mein Vater?« fragte Jian. Sein Mund zuckte.
    »Was ist aus dir geworden, mein Sohn?« fragte Tong so leise, daß Jian ihn kaum verstand.
    »Ein Mensch mit eigenem Willen.« Jian wartete, bis wieder zwei Lastwagen an ihnen vorbeigedonnert waren, und dann packte er seinen Vater an den Aufschlägen seiner Jacke und zog ihn an sich heran. »Was habt ihr mit Lida getan?« schrie er ihm ins Gesicht, und Tong schloß die Augen vor dem heißen Atem, der über ihn wehte, und vor der Schande, die nie mehr abzuwaschen war. »Gib Antwort!«
    »Er ist verrückt geworden!« stotterte Wu und umklammerte Fengxia, als halte er eine Ertrinkende im Arm. »Er ist verrückt geworden! Er greift seinen Vater an. Er gehört in eine Anstalt.«
    Tong hatte sich wieder gefangen, aber sein Atem ging stoßweise. Er befreite sich nicht aus Jians Händen; es war unter seiner Würde, sich mit einem rasenden Sohn zu schlagen. »Ich habe der Familie Huang gesagt, daß sie dich nicht wiedersehen wird.«
    »Das ist ein Versprechen, das du nicht halten kannst. Ich bin auf dem Weg zu Lida.«
    »Es wird dein letzter Besuch sein.« Tong atmete auf, als Jian ihn losließ, und er trat einen Schritt von ihm zurück. »Ich habe mit dem Kulturminister gesprochen und mit dem Rektor der Universität. Ich habe alle Genehmigungen bekommen, und ein Flugschein ist für nächste Woche ausgestellt. Man erwartet dich. Du hast einen neuen Studienplatz bekommen.« Es war der letzte, der größte Triumph, den er in der Hand hielt, und er spielte ihn aus. »Du bist an die Universität von Beijing versetzt.«
    Einen Augenblick war es still, so still, als seien alle gelähmt, von der Zunge bis zu den Zehen. Fengxia und Wu starrten Jian mit weiten Augen an, und Jians Gesicht überzog sich mit Röte, sein Mund zitterte stärker. Tong war zufrieden, daß er Sieger geblieben war.
    »Beijing«, sagte Jian endlich mit so hohler Stimme, als sei sein Körper ein leeres Gefäß. »Beijing. Du verbannst mich nach

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