Der Jade-Pavillon
kann eine Liebe nicht abkaufen! Und was nutzt ein Verbot? Das meine ich, wenn ich sage: Jian hat Unordnung in mein Haus gebracht. Seit er nach Kunming zurückgefahren ist, weint Lida nur noch, läuft mit leeren Augen herum und stiert in die Welt, als begreife sie nicht mehr, wo sie lebt.« Er umklammerte seine Knie. »Wissen Sie einen Rat, Herr Zhang? Darum bin ich zu Ihnen gekommen.«
»Es gibt nur einen Rat: Lassen wir die Zeit wirken. Alles ist noch zu frisch – ein junger Wein trinkt sich erfrischend, aber er ist erst vollendet, wenn er gereift ist. Auch der Mensch muß reifen wie alles in der Natur, sind wir doch ein Teil der Natur, nur daß wir nicht Apfel, Traube oder Kirsche, sondern Mensch heißen.«
»Mit Philosophie ist der Liebe nicht beizukommen, Herr Zhang«, sagte Huang, und er dachte daran, daß Lida nie einen anderen Mann würde lieben können, auch wenn die Jahre dahingingen, und er nie das Glück haben würde, einen Enkel auf seinen Knien zu schaukeln.
»Eine große Liebe steigt über Berge«, erwiderte Zhang.
»In unserem Fall zerstört sie eine Seele.«
»Zwei Seelen, Herr Huang. Sie reden immer nur von Ihrer Tochter Lida – vergessen Sie bitte Jian nicht. Auch er hat eine Seele zu verlieren.«
»Ihm wird es leichter fallen.«
»Es wäre interessant, Ihre Begründung zu hören.«
Zhang prüfte, ob der Fisch gegart sei, und schüttete als letztes die Tofuwürfel in die Suppe. In einem anderen Topf war unterdessen der Reis zu einer guten, klebrigen Masse gequollen. Der Tisch konnte gleich gedeckt werden.
»Wenn die Familie Tong ihm die Liebe zu der armen Tochter eines Miao-Lehrers verbietet, wird er als guter Sohn gehorchen.«
»Ich fürchte, er wird ein ungehorsamer Sohn sein.« Zhang holte die Suppen- und Eßschälchen, die Stäbchen und die kleine Kanne aus Porzellan, in der er die Sojasoße aufbewahrte, aus einem Wandschrank. Er hatte das Porzellan mit seinem Lieblingsmotiv bemalt, dem Erhai-See mit den Schneegipfeln des Diancang Shan.
Huang sprang von seinem Stuhl auf. »Kann ich Ihnen helfen, Herr Zhang?« fragte er.
»Nein. Sie sind mein Gast, Herr Huang.« Zhang schüttete die Fischsuppe in eine tiefe Tonschüssel und trug sie zum Tisch. »Vielleicht hilft uns das Essen. Beim Essen entstehen die besten Gedanken; es gibt einen Zusammenhang von Magen und Gehirn. Nur die wenigsten wissen es und nutzen es aus.«
Dann aßen sie, aber es war ein stummes Essen, und keiner wußte vom anderen, ob ihm gute Gedanken kamen und ob er überhaupt dachte.
Endlich, beim Reis, den sie mit der Sojasoße würzten, war es Huang, der zuerst sprach. »Jian ist ein vortrefflicher junger Mann«, sagte er.
»Das ist er ohne Zweifel.«
»Er könnte an Lida einen Brief schreiben des Inhalts, daß es schöne Tage in Huili waren, aber nun gehe das Studium weiter, vielleicht werde er in Shanghai weiterstudieren, und er glaube nicht, daß ihn sein Weg wieder nach Huili führen werde.«
»Jian wird diesen Brief nicht schreiben.« Zhang legte die Eßstäbchen zur Seite. Der Fisch war köstlich gewesen, er hatte gesättigt, und die Würze blieb noch eine Zeitlang am Gaumen haften. »Er wird zurückkommen. Er hat es dem kranken Chang Lifu versprochen. Er hat mir viel von diesem Chang erzählt.«
»Chang wird bald sterben. Er hat sich einen Sarg gekauft und schläft bereits darin. Seine Krankheit ist nicht heilbar. Auch Jian weiß das. Es gibt keinen Grund mehr, noch einmal nach Huili zu kommen.«
»Und wenn er doch kommt?«
»Dann muß ich ihn – ich bitte um Verzeihung, Herr Zhang – aus meinem Haus jagen. Lida wird es nie erfahren, weil sie auf den Feldern ist. In mir ist nur die Angst, daß sie sich von innen verzehrt.«
»So kehren wir zum Ausgangspunkt unserer Unterhaltung Zurück, und wir haben nichts erreicht. Anscheinend gibt es nur einen Ausweg: Überlassen wir die Entscheidung den jungen Menschen selbst.«
»Es wird zu einer Katastrophe kommen, Herr Zhang.«
»Vielleicht ist sie nur ein Gewitter, das die Luft reinigt.«
»Oder es brechen die Wolken und vernichten alles.« Huang erhob sich von seinem Stuhl und verbeugte sich. »Ich danke Ihnen für Ihre Gastfreundschaft, Herr Zhang.«
»Wo wollen Sie hin?«
»Zurück nach Huili.«
»Jetzt? Es fährt kein Bus mehr in Richtung Dukou.«
»Man kann auch andere Fahrzeuge nehmen als einen Bus. Einen Lastwagen, einen Bauernkarren, ich bin nicht wählerisch, und ich zähle keine Stunden. Ich werde morgen wieder in meinem Dorf sein.«
»Ich
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