Der Jadereiter
Hmong waren Kämpfer. Sie wurden die Schoßtierchen der CIA, der Nachteil war nur, daß ihr Überleben voll und ganz vom Opium abhing. Natürlich hätten die Franzosen uns all das erklärt, wenn wir auf die Idee gekommen wären, sie zu fragen – aber wir sind nun mal Amerikaner. Die einzige Lösung bestand darin, den Hmong beim Verkauf des Opiums zu helfen. Heuchlerische Rächer mit Maske, die wir waren, wollten wir uns natürlich nicht selbst die Hände schmutzig machen. Die CIA versuchte, sich soweit wie möglich herauszuhalten. Im wesentlichen setzte sie Leute ein, zu denen sie sich hinterher nicht bekennen mußte. Nichtamerikaner waren ihr lieber. Ihr Colonel, damals kaum mehr als ein Junge, hat schnell begriffen. Er stammt aus Udon Thani und spricht fließend Laotisch. Nach einem Zwischenspiel als Koch in einem Schnellimbiß übertrug man ihm die Aufgabe, die Ernte der Hmong oben in den Bergen zu organisieren und zu den Flugplätzen zu schaffen. Die Hmong leben noch in der Steinzeit; Handel ist für sie der Tausch eines Schweins gegen eine Frau. Vikorn schlug sich gut bei ihnen, aber mit den Chinesen kam er auch nicht zurecht. Die chinesischen Händler – genauer gesagt der Chiu-Chow-Clan aus Swatow – verkauften das Produkt weiter, sobald es in den Städten war. Natürlich. Die Chiu Chow sind seit jeher die besten Geschäftsleute der Welt. Sie haben dieses Land, ach, was sage ich, die gesamte pazifische Region in der Hand. Die CIA wollte nicht in dieses Geschäft einsteigen, aber da sie nun schon mal drin war, mußte sie dafür sorgen, daß die Hmong keinen zu großen Schaden nahmen. Sie brauchten einen Händler, der mit den Chiu Chow fertig wurde.«
»Warren.«
»Sylvester Warrens Eltern, Bostoner Bohemiens, waren narzißtische Alkoholiker, die vor der Zeit alt wurden. Die beiden hatten ein schlechtbezahltes chinesisches Kindermädchen, eine Chiu Chow aus Swatow, die kaum Englisch sprach. Als sie sich ganz aus dem aktiven Leben verabschiedeten, übernahm sie das Haus. Sie kümmerte sich um alles, auch um Sylvesters Erziehung, die einen deutlich chinesischen Einschlag bekam. Um zu überleben, mußte der Junge Chiu Chow lernen, und das faszinierte die anderen Chinesen aus Swatow, die in Boston und besonders in New York lebten. Sie sahen in ihm eine Investitionsmöglichkeit mit geringem Risiko. Warren hat seit Kindestagen mit ihnen zu tun. Sie finanzierten ihm das Gemmologie-Studium, halfen ihm bei seinen ersten Geschäften und liehen ihm soviel Geld, wie er wollte. Dafür verkaufte er ihnen Körper und Seele. Als die CIA auf ihn aufmerksam wurde, importierte er bereits Jade in die Staaten. Allzu große Sorgen über Interessenskonflikte machte die CIA sich nicht. Er schien der perfekte Händler für das Hmong-Opium in Saigon und Vientiane zu sein und stellte sich dann auch tatsächlich nicht dumm an mit den Hmong, die ihm das Opium zu einigermaßen vernünftigen Preisen verkauften. Gleichzeitig baute er sich Kontakte innerhalb der CIA auf, und für den Fall, daß sie ihm irgendwann nützen könnte oder ihm gefährlich werden würde, sammelte er Beweise dafür, daß die Heroinschwemme auf den New Yorker Straßen der sechziger und siebziger Jahre hauptsächlich auf den Handel der CIA mit den Hmong zurückzuführen war. Wahrscheinlich trafen er und Vikorn sich nicht öfter als einmal im Monat, aber sie unterhielten sich oft über Funk. Vikorn wollte kein Englisch lernen, also eignete sich der enorm sprachbegabte Warren Thai-Kenntnisse an. Vikorn verehrte ihn. Warren tat das gleiche, was Vikorn machte, nur größer und besser und für viel mehr Geld – wie man es von einem Amerikaner erwartet. Jeder Million Vikorns aus dem Opiumhandel standen zehn bei Warren gegenüber. Doch noch wichtiger: Warrens Kontakte bei CIA und FBI reichen bis in die höchsten Etagen. Sie dachten doch nicht etwa, daß das Geld allein ihm seinen Einfluß verschafft, oder?«
Wir bogen auf dem Weg ins Hilton in die Wireless Road ein. Ich fragte: »Warum haben Sie mir das nicht früher gesagt?«
»Weil ich erst an Ihrer Naivität kratzen wollte, wenn Sie an meiner kratzen. Mir gefiel Ihre fast schon mittelalterliche Loyalität Ihrem Colonel gegenüber – sie spricht für Ihr Herz, aber nicht für Ihren Kopf. Ohne Moos nix los, das hat Ihnen doch schon Ihre Mutter beigebracht, oder?«
»Miststück.« Als sie aus dem Taxi stieg, fragte ich: »Und was hatte Dr. Surichai heute abend dort verloren?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Bin ich
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