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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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erholen. Philipp erkannte die falsche Bescheidenheit dahinter.
    »Ohne Zweifel hast du ihm diesen Umstand eindringlich deutlich gemacht«, sagte er.
    Johannes senkte den Kopf, bis der Schatten der Kapuze seine Gesichtszüge verbarg. Als er ihn wieder hob und Philipp ansah, wirkte er in sich gefestigter, als er es bis jetzt gewesen war.
    »Niemand hegt Groll gegen dich, Philipp«, sagte er. »Ich am allerwenigsten. Es besteht kein Grund, mich anzugreifen.«
    Philipp hatte diese Direktheit nicht erwartet; aber ich hätte sie erwarten sollen , dachte er, zornig auf sich selbst. Er räusperte sich.
    »Deine Begrüßung hörte sich feindselig an.«
    »Sie war nicht so gemeint; wenngleich ich dir recht gebe, daß ich meine Worte hätte anders wählen sollen.«
    Philipp zuckte mit den Schultern, und Johannes sah ihn einen Augenblick lang schweigend an. Dann tat er etwas Erstaunliches: Er legte Philipp die Hand auf die Schulter und sagte: »Willkommen. Ob du nun innerhalb des Ordens oder außerhalb dein Leben in Gott lebst, zählt nicht; ich betrachte dich nach wie vor als meinen Bruder.« »Wer sagt dir, daß mein Leben in Gott verläuft?«
    »Die Tatsache, daß du hierhergekommen bist, um Hilfe zu suchen.«
    Philipp verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. Johannes preßte seine Schulter leicht zusammen und nahm seine Hand dann zurück. Er sah ihm offen ins Gesicht.
    »Bastulf sagte mir, daß du Dokumente einsehen willst«, fuhr er fort. Philipp sah sich unschlüssig um, und Johannes deutete seinen Blick richtig.
    »Laß uns in die Kirche gehen«, schlug er vor. »Es ist jetzt niemand mehr dort, und du kannst mir in Ruhe erzählen, worum es geht.«
    Das Innere der Kirche war leer bis auf die Bänke links und rechts des Altars, auf denen die mit Ämtern betrauten Brüder während der Messe saßen, und den Altar selbst. Johannes trat ein paar Schritte in das kühle, hallende Innere des Kirchenschiffs hinein, kniete im Mittelgang nieder und bekreuzigte sich. Philipp fragte sich, ob Johannes ihn in die Kirche geführt hatte, damit er keine Lügen erzählte. Schätzte Johannes seinen Respekt vor den kirchlichen und klösterlichen Riten noch immer so hoch ein, daß er erwartete, der Anblick des Altars würde Philipp zur absoluten Offenheit zwingen? Überrascht erkannte Philipp, daß essich tatsächlich so verhielt; noch ehe es ihm selbst recht bewußt war, hatte er Johannes die gesamte Geschichte erzählt. Er besaß nur soviel Geistesgegenwart, Dionisia und seine Hoffnungen in bezug auf ihre Person auszulassen.
    Das Gesicht des Mönchs war während seiner Erzählung beinahe unbewegt geblieben. Nun kniff Johannes die Augen zusammen und sagte: »Es ist nicht recht, eine Lüge mit einer anderen ungeschehen machen zu wollen.«
    Philipp, der gefürchtet hatte, daß er sich auf Spitzfindigkeiten würde einlassen müssen, erwiderte: »Ich will keine Lüge fabrizieren, sondern die Wahrheit wiederherstellen.« »Die Wahrheit muß nicht erst hergestellt werden; die Wahrheit ist immer da.«
    »Aber in verschiedenen Stadien der Sichtbarkeit.«
    »Wer sagt dir denn, daß es das richtige Stadium ist, das du verfolgst?«
    Wie schön , dachte Philipp; da bist du also genau auf das Problem gestoßen, das auch mich beschäftigt, allerdings in bedeutend kürzerer Zeit.
    »Das kann ich nur herausfinden, indem ich die ursprünglichen Dokumente einsehe«, erklärte er. Johannes nickte langsam; wie es schien, konnte er sich diesem Argument nicht entziehen. »Also gut«, sagte er. »Ich werde dich zum Bruder Archivar begleiten. Natürlich nicht mehr heute. Morgen, nach der Prim. Reicht dir das?« »Muß es wohl.«
    »Wie lange, glaubst du, wird deine Suche dauern?«
    »Das kommt darauf an, ob die Unterlagen überhaupt da sind. Wenn nicht – so wie Radolf glaubt –, dann dauert es nur ein paar Augenblicke. Wenn ich aber Fredgar richtig eingeschätzt habe, wird es zwei oder drei Stunden dauern,bis ich Daten kopiert und Schriftproben angefertigt habe.« Johannes verengte die Augen, während Philipp sprach, aber er erwiderte nichts.
    »Was ist?« fragte Philipp.
    »Nichts, nichts. Nun, wenn alles soweit geklärt ist, schlage ich vor, du hältst dich morgen nach der Frühmesse bereit. Ich hole dich ab. Selbstverständlich bist du zur Messe eingeladen.«
    »Danke. Die Einladung nehme ich gerne an. Mußt du nicht vorher dem Abt Bescheid sagen, daß du mich ins Archiv mitnehmen willst?«
    »Der Abt ist nicht im Kloster; er ist auf Reisen.«
    »Pech für

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