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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Einer der Bestohlenen hatte einen der Beutelschneider erwischt, und während dessen Genossen ihr Heil in einer unauffälligen Flucht suchten, wurde derGefaßte gepackt, festgehalten und mit Faustschlägen und Fußtritten traktiert, bis die Büttel kamen und die Menschen beiseite schoben und das blutende, panisch zuckende Bündel davonschleppten, das der Beutelschneider gewesen war. Der Bestohlene folgte ihnen mit grimmigem Lächeln, seine Börse wie eine Trophäe vor sich hertragend.
    Philipp wandte sich ab. Auf einmal hatte er genug vom Marktplatz. Sein Weg führte ihn in den Vorhof des Doms, aber auch dort stießen und drängten die Menschen einander, kauften und verkauften und stahlen, und er hielt nicht einmal an, als er sah, wie ein Rudel von Gassenjungen einem schlafenden Betrunkenen neben dem Brunnen beim Hohen Gericht mit vielem Gekicher den Beutel leerten und ihn statt der Münzen vorsichtig mit Steinen füllten. Obwohl so die prompte Strafe über einen kam, der dumm genug war, sich mitten in der Stadt schlafen zu legen, fühlte er keine Schadenfreude. Der Betrunkene war der Mann, der ihn vorhin angesprochen hatte. Alles, was er spürte, war das schlechte Gefühl, daß die Reizbarkeit und die Gewaltbereitschaft in der Stadt plötzlich das Maß seiner Toleranz überschritten hatten; daß die stoßenden, schiebenden, fluchenden Bürger alle miteinander auf einen Mahlstrom zudrängelten, den sie sahen und doch nicht wahrhaben wollten und der sein Zentrum in den beiden sich in unversöhnlichem Haß gegenüberstehenden Führern der Christenheit hatte, um die Gewalt, Betrug und Hinterlist strudelten. Vielleicht hatte der Prophet auf seine Weise nicht ganz unrecht mit seinen Verkündigungen.
    Hinter den Marktständen flatterten große Raben herab und schritten durch die Gassen der Stadt, als wäre sie bereits ihr Eigentum.
    Rasmus hatte sein Versprechen gehalten und Philipp nach dem Abflauen der Markttätigkeit abgeholt. Philipp, nachdenklich über einem Becher Wein in der leeren Trinkstube der Herberge brütend, war ihm dafür fast dankbar. Der Bader begrüßte die beiden überschwenglich, warf den Pfennigen, die Rasmus ihm aushändigte, nur einen oberflächlichen Blick zu und gab den Weg in den Auskleideraum frei. Das Badehaus war schwach besucht. Rasmus und Philipp teilten sich einen Zuber mit heißem Wasser und ein Brett mit gebratenen Fleischstückchen, das zwischen ihnen im Wasser schwamm. Der Zuber stand weitab von den anderen Badeplätzen in einer halbdunklen, kaum einsehbaren Ecke des großen Raums, was Philipp erst zu Bewußtsein kam, als der mit einem ledernen Schurz bekleidete Badeknecht eine bewegliche Stellwand heranschleppte und sie damit abschirmte. Danach öffnete sich eine niedrige Tür in der hölzernen Wandverkleidung, und zu Rasmus’ breitem Grinsen schlüpften zwei Frauen in dünnen Kleidern herein.
    »Rasmus ...«, begann Philipp.
    »Still. Ich kenne den Bader schon seit Ewigkeiten. Glaubt Ihr vielleicht, wir sind die einzigen, denen er diesen Dienst gewährt? Von hier läuft ein überdachter Gang bis hinüber zu den Winkelhäusern bei der Mauer.« Er winkte eines der beiden Mädchen zu sich heran. »Was glaubt Ihr, warum ich dieses Haus für eines der besten in der Stadt halte?«
    »Wenn der Magistrat davon erfahrt, treiben sie den Bader mit Ruten aus der Stadt. Und wir stehen über Nacht am Pfahl ...«
    »Die Mitglieder des Magistrats baden hier ebenso wie alle anderen Männer, die auf sich halten – und das seit Jahren.
    Denkt Ihr, das Haus gäbe es noch, wenn der Bader ein unvorsichtiger Mann wäre?«
    Philipp schüttelte den Kopf. Das Mädchen, das Rasmus zu sich herangewunken hatte, war von draller Gestalt, um sie nicht fett zu nennen; ihre Brüste schienen sich durch den dünnen Stoff ihres Kittels zu drängen. In der feuchtheißen Luft schmiegte sich das Gewebe auch an ihre anderen Rundungen und verhüllte nur notdürftig, was ohnehin zum Vorzeigen gedacht war. Philipp beobachtete nachdenklich, wie Rasmus strahlend ihre Brüste, ihren Bauch und ihr umfangreiches Hinterteil streichelte, als sie sich an den Zuber herandrückte
    »Worauf wartet Ihr?« sagte Rasmus und winkte gönnerhaft. »Seid mein Gast.«
    Das andere Mädchen war eine schlanke, dunkle, hochmütig aussehende Schönheit, ein blasses Gesicht mit vollen roten Lippen, schmalen Wangen, großen dunklen Augen und ausgestattet mit einer erstaunlich ausgeprägten Oberarmmuskulatur. Sie entsprach genau Philipps Typ; und er

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