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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sich in einiger Entfernung zu ihnen aufgestellt hatten und mit den Fingern auf sie zeigten. Philipp wandte sich ihnen zu und sah überrascht, wie zwei von ihnen die Fäuste gegen sie erhoben. Er hörte undeutlich einen aufgebrachten Ruf.
    »Was haben sie auf einmal?« fragte Aude. Philipp verfluchte sich dafür, daß er sich von der Höflichkeit, in die das anfängliche Mißtrauen der Juden umgeschlagen war, hatte in Sicherheit wiegen lassen. Es gab Berichte von Christen, die allein in ein Judenviertel geraten und dort erschlagen worden waren. Es gab Zeugenaussagen, wonach die Juden für ihre Rituale Christenblut brauchten. Zumindest zwei der drei Geldverleiher waren freundlich gewesen, aber das konnte auch Täuschung gewesen sein.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte er rauh. Er beobachtete die jungen Männer, die erregt miteinander debattierten und ihnen immer wieder finstere Blicke zuwarfen. Bis jetzt waren sie noch nicht näher gekommen. Die Menge der Vorüberhastenden wurde spärlicher. Sie verschwanden alle in der Portalsgasse, in die auch Aude und Philipp reiten mußten, wenn sie zum östlichen Ausgang des Judenviertels beim Rathausplatz wollten. Die Juden wußten dies; sie mochten sich hinter der Ecke zusammenrotten und darauf warten, daß die jungen Kerle ihnen die beiden Christen in die Arme trieben. Philipp biß die Zähne zusammen. Yohai ben Davids Stube lag in der Portalsgasse, aber es schien, als sei die Zeit für Auskünfte im Moment vorüber.
    »Wir verschieben unseren Höflichkeitsbesuch besser auf einen anderen Termin«, sagte er. »Reiten wir los.«
    Er trieb sein Pferd an, und Aude folgte ihm. Philipp betrachtete die steile Falte zwischen ihren Augenbrauen und ihre verschlossene Miene und wußte, daß sie sich Sorgen machte; er wußte auch, daß sie nicht deswegen schreien oder vor Furcht zur Salzsäule erstarren würde. Wenn sie zum Tor hinaus würden flüchten müssen, würde sie wahrscheinlich entschlossener als er jeden in Grund und Boden reiten, der sie aufzuhalten versuchte. Ihr Anblick minderte seine eigene Unruhe beträchtlich.
    Die Stimmen der jungen Männer in ihrem Rücken erhoben sich. Es gelang Philipp noch immer nicht, ihre Worte zu verstehen, aber es war ihm klar, daß sie ihnen gefolgt waren. Ihre Pferde schritten langsam weiter. Er fragte sich, ob er sich umdrehen sollte; er wußte nicht, ob sie den Abstand zwischen sich und ihnen nicht etwa verkleinert hatten.
    »Sie folgen uns«, raunte Aude. »Inzwischen sind es doppelt so viele wie vorher.«
    »Wahrscheinlich wollen sie uns nur zum Abendessen einladen«, erwiderte er.
    »Und wir sollen dabei als Hauptgericht herhalten«, sagte Aude und sprach damit seine eigenen Gedanken aus. Er blickte ihr überrascht ins Gesicht und lächelte unwillkürlich. Sie lächelte dünn zurück.
    Etwas flog an Philipp vorbei und prallte von der Mauer des nächststehenden Hauses ab. Ein weiterer Stein fiel seinem Pferd klappernd vor die Hufe. Es zuckte zurück und wieherte. Philipp riß erschrocken an den Zügeln; das Pferdfuhr herum und stellte sich einen Augenblick lang auf die Hinterhand. Philipp kämpfte um seinen Halt auf dem Pferderücken.
    Die jungen Männer wichen gemeinsam zurück. Sie hatten sich ihnen bis auf wenige Dutzend Schritte genähert. Ein paar von ihnen wogen weitere Wurfgeschosse in den Händen.
    Philipps Gaul sank zur Erde zurück und machte einen Satz auf die Männer zu, bevor Philipp die Zügel wieder anziehen konnte. Diejenigen, die noch Steine in den Händen gehalten hatten, schleuderten diese von sich und liefen davon; in Sekundenschnelle schlossen sich ihnen die restlichen an. Sie bogen in die nächste Gasse ein. Philipp hörte sie davonlaufen.
    »Nichts wie weg von hier«, keuchte er und wandte sein Pferd wieder um. Aude nickte. Sie schnalzte mit den Zügeln, und ihr Pferd setzte sich mit einem schnellen Trab in Bewegung. Philipp überholte sie. Sie bogen in die Portalsgasse ein, ohne zu wissen, was sie erwartete. Philipp fürchtete einen entsetzten Augenblick lang, daß Seile quer über die Gasse hochschnellen und sie beide von ihren Pferden fegen würden; er verkrampfte sich und war bereit, sich jeden Moment tief über den Hals seines Reittiers zu beugen. Die Pferde rannten um die Ecke.
    Eine Menschenansammlung befand sich am jenseitigen Ende der Portalsgasse und bewegte sich erregt durcheinander. Die gesamte Breite der Gasse wurde von ihnen versperrt. Sie blickten alle zu einem Hauseingang hin und gaben keinerlei

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