Der Jakobsweg - El camino.
freute.
23. September 2011 – Gonzar
Heute gingen wir nach Gonzar. Unterwegs stieß Falk, ein Stuttgarter, zu uns, der in O Cebreiro gestartet war, da er nur zehn Tage Urlaub hatte. Falk sah aus wie ein Teenager, war aber bereits über 30 Jahre alt. Er fragte uns ganz neugierig nach unserem bisherigen Weg, wie wir uns gefunden hatten und wie man den Weg am besten laufen solle. Da die beiden ersten Fragen in diesem Camino-Bericht erzählt werden, möchte ich nur auf die letzte Frage eingehen und zwar, wie man den Camino am besten laufen sollte. Denn auch hier gibt es viele Meinungen von Experten und Leuten, die meinen, sie seien welche. Die Antwort auf diese Frage ist so einfach – jede/r muss den Weg so laufen, wie es für ihn/sie am besten ist. Wir wurden häufig gefragt, wie wir nur mit Sandalen und Turnschuhen eine so lange Strecke laufen konnten. Das sei doch bestimmt total unangenehm und das ginge doch gar nicht. Wie man sieht, ging es doch und das sehr gut. „Das“ Rezept gibt es nicht. Es ist möglich, den Weg zu laufen mit viel oder wenig Geld, mit viel oder wenig Ausrüstung, mit guter oder schlechter Ausrüstung. Alles, was zählt, sind der Wille, der Einfallsreichtum und auch ein wenig Glück. Es mag vielleicht hier und da mit der ein oder anderen Sache – seien es die besten Wanderschuhe oder der beste Rucksack – leichter gehen, aber genauso gut kann sich das schlagartig ändern und der beste Rucksack oder die besten Schuhe zum Hindernis werden.
Falk jedenfalls beendete seine heutige Etappe bereits in Portomarín. Dort war die Ausschilderung gleich Null. Wir verliefen uns erst ein wenig in dem kleinen Ort, bevor wir dann den Camino fortsetzen konnten.
In Gonzar aßen wir lecker zu Abend und begannen eine To-Do-Liste zu erstellen. Beim Abendessen konnten wir ein Gespräch zwischen einem Österreicher und einem Deutschen am Nebentisch nicht überhören. Beide waren bereits über 65 oder 70 Jahre alt. Der Österreicher erzählte, dass ein richtiger Pilger nach Finisterre laufen müsse, um als ein richtiger Pilger zu gelten. Er habe das ja schon mehrfach gemacht. Es sah für uns allerdings eher danach aus, dass er doch sehr angeben wollte, denn richtig rund lief er am nächsten Tag nicht. Aber der deutsche Zuhörer klebte an seinen Lippen.
Am Abend schliefen wir mal wieder in einer Albergue mit 20 anderen in einem Raum. Die Landschaft heute war erneut herrlich. Es sah aus, wie man Schottland oder das ländliche Großbritannien aus Film und Fernsehen kennt.
24. September 2011 – Melide
Heute liefen wir nach Melide. Die Stadt war schrecklich. Überall sahen wir Blockbauten, die sehr dem Plattenbau der DDR ähnelten. Louise hatte den kompletten Weg über Schmerzen, da ihr Rucksack sehr auf ihren Rücken drückte. Die Herberge war auch eher bescheiden, da viele Menschen in einem großen Raum schliefen, der durch kleine Trennwände unterteilt war. Trotzdem hörte man auch den Schnarcher in der letzten Ecke. Als wir dort ankamen, bekamen wir Nummern für die Betten zugeteilt. Unser Bett lag aber direkt an einem Durchgang und so entschieden wir uns, einfach zwei andere Betten zu nehmen. Leider kamen schließlich die wahren „Besitzer“ dieser Betten für die Nacht und baten uns zu gehen, was uns natürlich ärgerte, aber wir konnten es total nachvollziehen, denn wir hätten nicht anders gehandelt. Also mussten wir doch im Durchgang schlafen. Am Abend trafen wir wieder Matteo und die anderen Italiener und aßen lecker in einem Restaurant. Der Ort stieß uns jedoch eher ab.
25. September 2011 – O Pedrouzo
Da es heute unser letzter Wandertag vor Santiago de Compostela war, beschloss ich, mich zu betrinken. Einfach mal der Erfahrung halber. Denn so hatte ich den Camino noch nicht erlebt. So trank ich auf den ersten Kilometern zwei Liter Bier bis 8:00 Uhr.
Mitten im Wald stand auf einmal Pedro vor mir. Er war sehr alternativ, hatte nicht viel Geld und lief barfuß ohne Licht. Wir unterhielten uns, bis Louise hinter uns auftauchte und ich mit ihr weiterging. Eigentlich hatten wir geplant, dass ich vorliefe und wir uns am 31-Kilometer-Stein träfen. Dazu kam es aber nicht, denn wir wollten uns nicht wieder verlieren wie in Fonfría. Da das Laufen heute viel Konzentration verlangte, ließ ich das Biertrinken dann sein. Der Weg war voll mit Wochenend-Pilgern und „Hunnies“ (Leute, die die letzten 100 Kilometer liefen). Schrecklich! Mit ihren kleinen Tagesrucksäcken hatten sie natürlich keine
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