Der Janson-Befehl
ersten Dienstzeit ein Navy Cross geholt«, sagte der Unterstaatssekretär. Sein Blick fiel auf ein vergilbendes Blatt aus der Akte, und er reichte es herum.
Fitness Report, Anmerkungen 20. November 1970
Die Leistungen von Lieutenant Junior Grade Janson in SEAL/Special Force Einheit A8 waren außergewöhnlich gut. Sein ausgeprägtes Urteilsvermögen, seine taktischen Kenntnisse im Verein mit seiner Kreativität und seiner Vorstellungskraft haben ihn in die Lage versetzt, Swift-
Strike-Operationen gegen feindliche Einheiten, Guerillakräfte und feindliche Anlagen zu planen, die mit einem Minimum an Verlusten durchgeführt werden konnten. Lt. j.g. Janson hat in ungewöhnlich hohem Maße die Fähigkeit demonstriert, sich an schnell ändernde Umstände anzupassen, und wurde dabei auch durch widrigste Begleitumstände nicht beeinträchtigt. Als Offizier legt er natürliche Führungsfähigkeiten an den Tag; er fordert nicht nur Respekt, sondern erwirbt ihn sich auch.
Lieutenant Harold Brady, Beurteilungsoffizier.
Lt. j.g. Janson lässt hochgradiges Potenzial erkennen: Seine Geschicklichkeit im Feldeinsatz im Verein mit seiner Improvisationsgabe unter widrigsten Umständen sind geradezu großartig. Ich werde ihn persönlich im Auge behalten, um sicherzustellen, dass sein Potenzial im vollen Maße genutzt wird.
Lieutenant Commander XXXX XXXXXXXX, begutachtender Offizier.
»Von der Sorte gibt es kaum ein Dutzend. Der Bursche absolviert einen Einsatz nach dem anderen, ständig in Kampfhandlungen verwickelt, pausenlos. Dann eine große Lücke. Gar nicht so leicht, als Kriegsgefangener etwas für seinen Lebenslauf zu tun. Im Frühjahr 1971 vom Vietkong gefangen genommen. Achtzehn Monate unter ziemlich erbärmlichen Bedingungen festgehalten.«
»Einzelheiten, bitte«, bat Charlotte Ainsley.
»Mehrfach gefoltert. Ausgehungert. Zeitweise hielt man ihn in einem Käfig fest - nicht in einer Zelle, einem Käfig, ähnlich einem großen Vogelkäfig, sechs Fuß hoch und vielleicht vier Fuß breit. Als wir ihn fanden, wog er dreiundachtzig Pfund. Er sah aus wie ein Skelett - eines Tages sind ihm die Fußschellen von den Füßen gefallen. Hat drei Fluchtversuche unternommen. Der letzte gelang.«
»War eine derartige Behandlung typisch?«
»Nein«, sagte der Unterstaatssekretär. »Aber ebenso wenig war es typisch, immer wieder hartnäckig und raffiniert Fluchtversuche zu unternehmen. Die haben gewusst, dass er zu einer Abwehrabteilung gehörte, also haben sie sich ziemliche Mühe gegeben, ihn auszuhorchen. Und als sie damit auf keinen grünen Zweig kamen, waren sie natürlich sauer. Er kann von Glück reden, dass er überlebt hat. Mächtigem Glück sogar.«
»Dass er in Gefangenschaft geraten ist, spricht ja nicht gerade für sein Glück«, wandte die Nationale Sicherheitsberaterin ein.
»Nun, an dem Punkt sind die Dinge natürlich ein wenig kompliziert. Janson war der Ansicht, dass man ihn hereingelegt hat. Dass der Vietkong Informationen über ihn bekommen hatte und man ihn ganz bewusst in einen Hinterhalt gelockt hat.«
»Wer soll ihn denn hereingelegt haben?«
Ainsleys Stimme klang scharf.
»Sein Vorgesetzter.«
»Dessen Ansicht über seinen so geschätzten Protege ja offenbar ein wenig abgekühlt ist.«
Sie blätterte zu dem letzten Blatt mit der Überschrift OFFIZIERSFITNESSREPORT und las laut vor:
Obwohl die persönlichen professionellen Standards von Lieutenant Janson nach wie vor eindrucksvoll sind, haben sich doch in der Art seines Führungsstils gewisse Unstimmigkeiten gezeigt: Er hat sowohl bei Trainingsübungen als auch im aktiven Einsatz versäumt, von seinen Unter-gebenen ein ähnliches Maß an Fähigkeit und Einsatz zu fordern, und auch offenkundige Mängel übersehen. Er vermittelt den Eindruck, das Wohlergehen seiner Untergebenen sei ihm wichtiger als ihre Fähigkeit, einen Beitrag zum Erreichen des Einsatzziels zu leisten. Seine Loyalität gegenüber seinen Männern übersteigt das Gefühl der Pflichterfüllung für größere militärische Ziele im Rahmen der Vorgaben seiner Vorgesetzten.
»Da steckt mehr dahinter, als man auf den ersten Blick sieht«, meinte Collins. »Die Abkühlung war unvermeidbar.«
»Warum?«
»Weil er allem Anschein nach gedroht hat, seinen Vorgesetzten beim Oberkommando zu melden. Wegen Kriegsverbrechen.«
»Verzeihen Sie, ich sollte das wohl wissen. Aber was war hier im Gange? Hat das Wunderkind plötzlich angefangen, Gespenster zu sehen?«
»Nein. Jansons Verdacht war
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