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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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wollten sie nicht.

    Das Flugzeug flog einen Bogen und steuerte über die nördlich der Ruinenstadt gelegene Meeresenge hinweg. Die Überreste der alten Burg lagen auf einer Landspitze. Früher einmal war sie von der Stadt durch einen breiten Wassergraben getrennt gewesen, doch inzwischen war er versandet und nur noch als flache Rinne zu erkennen, die von Osten nach Westen verlief.
    Als sie die Ruine überflogen, musterte Seichan ihr Ziel. Die große Feste war umgeben von hohen Klippen, doch die Westseite hatte den Kampf gegen die Gewalten des Wassers längst verloren, war von den Brandungswellen unterspült worden und eingestürzt. Die durch eine flache Bucht geschützte Ostseite war weitaus besser erhalten.
    Das Flugzeug begann den Landeanflug. Seichan erhaschte einen Blick auf verrostete Kanonen am Fuß der Feste. Sechs weitere Kanonen standen am Strand. Ein einzelnes kleines Metallboot hatte an einer von ihnen festgemacht. Eine braunhäutige Gestalt, nackt bis auf die langen Shorts, winkte ihnen zu.
    Das war vermutlich der Fremdenführer, den sie aus dem Dorf angefordert hatte. Da sie nur zwei Stunden Zeit hatten, waren sie auf dessen Ortskenntnisse angewiesen.
    Die Kufen berührten das Wasser und wirbelten eine mächtige Gischtwolke auf. Seichan wurde gegen den Gurt gedrückt, was einen stechenden Schmerz in ihrer verletzten Seite auslöste. Sie hatte die Wunde auf der Flughafentoilette untersucht. Der Verband war feucht, doch die Farbe war eher rosa als rot.
    Sie würde überleben.
    Der Pilot steuerte das Wasserflugzeug um das im Kielwasser tanzende Metallboot herum. Der Fremdenführer saß im Heck, die Hand am Ruder.
    Kurz darauf öffneten sie die Luke und kletterten ins Boot. Der Junge war höchstens zwölf oder dreizehn, nichts als Haut und Knochen und ein breites Lächeln. Und er wollte sein gebrochenes Englisch üben.
    »Liebe Leute, schöne Dame, willkommen auf Hormus! Mein Name Fee’az!«
    Gray half Seichan ins Boot und zog eine Braue hoch. »Das ist also Ihr kundiger Führer?«

    »Es sei denn, Sie wären bereit, einen der goldenen Pässe einzuschmelzen, war er das Beste, was hier für Geld zu haben war.«
    Außerdem hatte sie es sich ein Vermögen kosten lassen, sie so schnell hierherzuschaffen.
    Sie beobachtete, wie Gray sich setzte. Er musterte bereits die Burg. Seine Schultern waren verkrampft. Sein Profil wirkte von den Wangenknochen bis zum Kinn kantig und hart. Innerlich aber war er aufgewühlt, gebrochen und geschwächt.
    Wegen seiner Eltern.
    Mit einem leichten Kopfschütteln wandte Seichan sich ab. Über ihre Eltern wusste sie nur wenig. Sie erinnerte sich lediglich an eine Frau, die aus der Tür gezerrt worden war, weinend die Arme nach ihr ausgestreckt hatte und dann für immer aus ihrem Leben verschwunden war. Sie wusste nicht einmal mit Sicherheit, ob dies ihre Mutter gewesen war.
    Fee’az brachte den kleinen Außenborder auf Touren und tuckerte auf den palmengesäumten Strand und die Burgruine zu. Kowalski ließ gähnend die Hand durchs Wasser schleifen. Vigor blickte zum Dorf hinüber. Musikfetzen wehten heran; offenbar wurde dort gefeiert.
    Gray erwiderte Seichans Blick. Beide Augenbrauen hatte er fragend hochgezogen: Bist du bereit?
    Sie nickte.
    Gray drehte sich wieder um und zog seine leichte Jacke aus. Die Sonne brannte vom Himmel herab. Seichan bemerkte, dass an seinem Kragen etwas aufblitzte. Mit der Rechten schob er geistesabwesend ein silbernes Schmuckstück unters Hemd.
    Einen Drachenanhänger.
    Sie hatten ihm den Anhänger im Scherz als Anerkennung für ihre Zusammenarbeit geschenkt. Gray aber hatte ihn behalten und trug ihn noch immer. Weshalb? Es löste ein warmes Gefühl bei ihr aus - hauptsächlich eine Mischung aus Verwirrung und Verlegenheit. Glaubte Gray etwa, sie hätte ihm den Anhänger als Andenken überlassen, als ein Zeichen ihrer Zuneigung? Sie hätte das lustig finden sollen, doch aus irgendeinem Grund irritierte es sie.
    Der Bug schrappte über den Sand. Der Ruck fuhr ihr in den Rücken.

    Sie machten sich daran auszuladen.
    Seichan warf Kowalski eine Tasche mit zusätzlicher Ausrüstung zu, darunter ein Laptop, mehrere Blendgranaten und sechs Schachteln Munition für ihre vier Pistolen.
    Gray reichte ihr die Hand, um ihr beim Aussteigen zu helfen.
    Sie schob seine Hand weg und sprang an Land.
    Fee’az band das Boot an einer der verrosteten Kanonen fest und deutete auf eine quadratische Öffnung in der Festungsmauer. In der Höhe waren schmale Schießscharten

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