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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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nacktem Oberkörper - waren übereinandergestürzt. Die Haut der Toten war mit Blasen und schwärzlichen Beulen bedeckt.
    Devesh atmete schnaufend durch die Nase und rang um Fassung. Um den Wissenschaftlern den Zugriff zu erleichtern, waren die am schlimmsten in Mitleidenschaft gezogenen Patienten in der Heckabteilung untergebracht. Devesh hatte den Umgang mit den Patienten dieser Ebene streng reglementiert. Solche Fehler waren unentschuldbar. Zumal sie dem Erfolg schon so nahe waren.
    »Ich habe Verstärkung angefordert«, sagte der Anführer. »Als wir zu feuern begannen, sind ein paar Kranke in unverschlossene Kabinen geflüchtet. Die müssen wir noch ausräuchern.«
    Aus dem Gang ertönte ein Stöhnen.
    Ein Mann stützte sich auf den Ellbogen auf. Die andere Schulter war ein blutiger Brei. Bekleidet war er mit einem weißen Kittel. Ein Arzt, der in die Schusslinie geraten war.
    »Helfen Sie mir!«, krächzte er.
    Aus einer offenen Tür schoss eine Hand hervor und packte ihn beim Kragen. Eine zweite Hand ergriff ihn beim Haar. Der schreiende Mann wurde nach innen gezerrt. Seine Beine ragten noch auf den Gang, seine Absätze scharrten über den Boden.
    Der Anführer bat Devesh wortlos um die Erlaubnis, dem Arzt helfen zu dürfen.
    Devesh schüttelte den Kopf.
    Unvermittelt brachen die Schreie ab - die Füße aber zuckten noch im Todeskampf.
    Devesh empfand kein Mitgefühl. Da hatte jemand entweder bei der Fesselung geschlampt oder vergessen, eine Tür abzusperren. Unter lautem Stiefelgepolter kam die Verstärkung die Treppe hochgestürmt.
    Devesh wandte sich ab und zeigte über die Schulter in den Gang. »Töten Sie sie.«
    »Sir?«
    »Alle Kranken auf diesem Deck. Misten Sie den Saustall aus. Kabine für Kabine.«

01:54
    Lisa, die im Virenlabor saß, hörte die Feuerstöße.
    Auch Schreie waren zu vernehmen.
    Niemand sprach.
    Schließlich kam Devesh zurück. Er wirkte gelassen, nur sein Gesicht war ein wenig gerötet. Mit dem Stock wies er auf Lisa. »Kommen Sie mit. Ich möchte Ihnen etwas zeigen.« Er machte auf dem Absatz kehrt und ging wieder hinaus.
    Lisa stand auf und folgte ihm. Sie musste sich anstrengen, um mit ihm Schritt zu halten.
    Devesh ging an den Wachposten vorbei und trat in den angrenzenden Gang.
    Es war ein Schlachthaus. Die Wände waren mit Blut bespritzt. Überall lagen von Automatikwaffen durchsiebte Leichen herum.
    Lisa schluckte mühsam. Der Gestank in dem engen Gang verschlug ihr den Atem.
    Die Kabinentüren, an denen sie vorbeikamen, standen alle offen. In den Kabinen lagen weitere Leichen, blutüberströmt und mit verdrehten Gliedmaßen. Einige waren noch ans Bett gefesselt gewesen, als man sie erschossen hatte.
    Es knallte wieder - keine Salven, sondern gezielte Schüsse.
    Weiter hinten traten zwei Wachposten mit qualmenden Gewehren aus einer Kabine - dann gingen sie zum nächsten Raum weiter.
    »Sie... Sie ermorden die Patienten«, sagte Lisa.
    »Wir trennen die Spreu vom Weizen, das ist alles.« Devesh schwenkte vage den Arm. »Das ist schon der zweite Ausbruchsversuch. Vor einer Stunde haben sich zwei Patienten von ihren Fesseln befreit, indem sie sich die Finger abgebissen haben. Sie haben den behandelnden Arzt angegriffen und ihn getötet, ehe man sie überwältigen konnte. In diesem Zustand extremer geistiger Verwirrung sind sie aufgeputscht vom Adrenalin und spüren keinen Schmerz.«
    Lisa dachte an die Videoaufnahmen von Susan Tunis’ tobendem Mann. Jetzt ging es hier also wieder los.
    Devesh erwiderte ihren Blick. »Die EEG-Untersuchungen scheinen Ihre Annahmen zu bestätigen. Es handelt sich um eine Form
von katatonischer Erregung, einhergehend mit starken psychotischen Schüben.«
    Es knallte mehrmals hintereinander, und Lisa schreckte bei jedem Schuss zusammen.
    Devesh seufzte. »Diese Maßnahme dient unser aller Sicherheit. Der Zustand der Patienten verschlechtert sich rapide. Im ganzen Schiff. Da die Medikamente bereits knapp werden, müssen wir mit unseren Vorräten sparsam umgehen. Wenn ein Patient erst einmal so stark abgebaut hat, stellt er eine Gefahr für die Allgemeinheit dar und erfüllt keinen Nutzen mehr.«
    Lisa war sich bewusst, welche Geisteshaltung diese Worte ausdrückten. Für Devesh und die Gilde waren die Kranken an Bord so etwas wie lebende Kulturen des Judas-Stamms, von denen sie die tödlichen Krankheitserreger ernteten und sie als potenzielle Biowaffen lagerten. Und jetzt pflügte Devesh das Feld, nachdem die Ernte eingebracht worden war.
    »Weshalb

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