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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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bis sie auf einmal über Lisas Schultern hinweg den leuchtenden See sah.
    Susan schreckte zurück, stieß mit dem Rücken gegen die Wand und stemmte sich schwankend in die Hocke hoch.
    »Ihr solltet nicht hier sein«, jammerte sie mit erhobener Stimme.
    »Da haben Sie verdammt noch mal recht«, brummte Kowalski.
    Ohne ihn zu beachten, musterte Susan den See. Sie senkte die Stimme. »Hier wird das Gleiche passieren wie auf der Weihnachtsinsel. Nur hundertfach schlimmer. Ihr werdet euch alle anstecken.«
    Lisa hatte daran keinen Zweifel. Ihre Haut juckte bereits.
    »Ihr müsst weggehen.« Susan richtete sich schwankend auf und stützte sich an der Wand ab. »Nur ich kann hierbleiben. Ich muss hierbleiben.«
    Lisa sah die in ihren Augen funkelnde Angst, aber auch die tödliche Gewissheit.
    »Wegen des Heilmittels?«, fragte Lisa.
    Susan nickte. »Ich muss mich noch einmal exponieren, hier am Ursprung. Ich kann nicht erklären, woher ich das weiß, aber so ist es.« Sie fasste sich an die Schläfe. »Ich habe das Gefühl... als lebte ich mit einem Fuß in der Vergangenheit und einem Fuß in der Gegenwart. Es fällt mir schwer hierzubleiben. Alles stürzt auf mich ein, jeder einmal gedachte Gedanke, jede einzelne Empfindung.
Ich kann es nicht abstellen. Und ich spüre... ich spüre, dass es stärker wird.«
    Ihre Augen leuchteten angstvoll auf.
    Lisa musste an den Autismus denken, eine neurologische Störung der Verarbeitung sensorischer Reize. Einige wenige Autisten aber waren sogenannte Idiots Savants , hochspezialisierte Genies, deren außerordentliche Leistungen auf einer speziellen Gehirnstruktur beruhten. Lisa versuchte sich vorzustellen, welche pathophysiologischen Vorgänge in Susans Gehirn stattfanden, das mit fremdartigen Biotoxinen überschwemmt und von den Bakterien, welche die Toxine produzierten, mit Energie versorgt wurde. Die Menschen nutzten normalerweise nur einen kleinen Teil ihrer Gehirnkapazität. Lisa meinte, die EEG-Ausschläge von Susans aufgeladenem Gehirn mit seinen unablässig feuernden Neuronen vor sich zu sehen.
    Susan taumelte an den Rand des Wassers. »Wir haben nur diese eine Chance.«
    »Warum?«, fragte Gray und trat neben sie.
    »Wenn der See die kritische Masse erreicht und sein ganzes Giftpotenzial freisetzt, ist er zunächst einmal erschöpft. Dann dauert es drei Jahre, bis es zum nächsten Ausbruch kommt.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Gray.
    Susan blickte sich hilfeheischend nach Lisa um.
    »Sie weiß es einfach«, erwiderte Lisa. »Sie hat eine spezielle Verbindung zu diesem Ort. Susan, ist das der Grund, weshalb du unbedingt hierherwolltest?«
    Susan nickte. »Sobald der See mit dem Sonnenlicht in Kontakt kommt, baut sich Druck auf. Hätte ich diesen Moment verpasst...«
    »Dann wäre die Menschheit der Krankheit drei Jahre lang wehrlos ausgeliefert. Ohne jede Aussicht auf ein Heilmittel. Die Pandemie würde die ganze Welt erfassen.« Lisa stellte sich vor, wie der Mikrokosmos an Bord des Kreuzfahrtschiffs sich auf den ganzen Globus ausweitete.
    Als Seichan atemlos und verschwitzt zu ihnen zurückgeeilt kam, wurde Lisa von ihren grauenerregenden Vorstellungen abgelenkt. »Ich habe eine Tür entdeckt.«

    »Dann geht«, drängte Susan. »Sofort.«
    Seichan schüttelte den Kopf. »Ich habe die Tür nicht aufbekommen.«
    Kowalski schnitt eine Grimasse. »Haben Sie’s mal mit einem kräftigen Schubs probiert?«
    Seichan verdrehte die Augen, nickte aber. »Ja, ich habe dagegengedrückt.«
    Kowalski hob resigniert die Hände. »Dann muss ich wohl ebenfalls passen.«
    »Aber über dem Torbogen ist ein Kreuz eingeritzt«, fuhr Seichan fort. »Und da ist auch noch eine Inschrift, allerdings war es zu dunkel, um sie zu lesen. Vielleicht finden wir dort ja einen Hinweis.«
    Gray wandte sich an den Monsignore.
    »Ich habe noch die Taschenlampe«, sagte Vigor. »Ich gehe mit ihr.«
    »Beeilen Sie sich«, drängte Gray.
    Das Atmen fiel ihnen bereits schwer. Das Leuchten hatte sich im See weiter ausgebreitet und näherte sich allmählich dem Ufer.
    Susan zeigte aufs Wasser. »Ich muss weiter in den See rein.«
    Sie gingen zur steinernen Halbinsel.
    Gray schloss zu Lisa auf. »Du hast gerade eben von einem Übergriff auf ein Ökosystem gesprochen. Könntest du mir kurz erklären, was hier eigentlich vorgeht?« Er deutete auf den leuchtenden See und auf Susan.
    »Ich weiß auch nicht alles, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich die Hauptakteure kenne.«
    Gray forderte sie mit einem

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