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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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normales Krankenhaus bringen. Eine Schussverletzung hätte zu Nachforschungen geführt. Trotzdem musste er dafür sorgen, dass sie medizinisch versorgt wurde.
    Irgendwo auf der Straße fiel eine Tür ins Schloss. Gray lauschte angestrengt; seine Nerven waren so straff gespannt wie Klavierdrähte. Jemand rief etwas, dann wurde gelacht.
    »Gray, ist die Ambulanz schon unterwegs?«, wiederholte seine Mutter hartnäckig.

    Gray nickte wortlos, denn er scheute davor zurück, seine Mutter offen anzulügen. Er wandte sich seinem Vater zu, der sich die Hände an der Latzhose abwischte. Seine Eltern glaubten, seit man ihn wegen Handgreiflichkeiten gegen einen Vorgesetzten von den Army Rangers ausgeschlossen hatte, wirke er als Labortechniker bei einer Washingtoner Forschungsfirma.
    Auch das entsprach nicht der Wahrheit.
    Es war eine Notlüge gewesen.
    Seine Eltern wussten nicht, dass er für Sigma arbeitete, und dabei wollte Gray es auch belassen. Was bedeutete, dass er so schnell wie möglich von hier verschwinden musste.
    »Dad, kann ich mir den T-Bird borgen? Heute am Unabhängigkeitstag sind die Notdienste überlastet. Sie wird schneller versorgt, wenn ich sie ins Krankenhaus fahre.«
    Sein Vater kniff misstrauisch die Augen zusammen, dann zeigte er zur Hoftür der Küche. »Der Schlüssel hängt am Haken.«
    Gray sprang die Stufen der rückwärtigen Veranda hinauf. Er drückte die Tür auf, langte durch den Spalt und nahm den Autoschlüssel vom Haken. Sein Vater besaß ein restauriertes Thunderbird-Cabrio Baujahr 1960, rabenschwarz mit roten Ledersitzen, ausgestattet mit einem nagelneuen Holly-Vergaser, einer Flamethrower-Zündspule und elektrischem Choke. Weil sein Vater für die Party hatte Platz schaffen wollen, stand der Wagen auf der Straße.
    Gray rannte zum offenen Wagen, sprang über die Fahrertür und glitt hinters Steuer. Im nächsten Moment setzte er mit aufheulendem Motor in die Einfahrt zurück. Die Federung ging in die Knie, als er über den Bordstein fuhr. Sein Vater hatte die restaurierte Radaufhängung noch immer nicht ganz im Griff.
    Er schob den Automatikhebel in Parkstellung und rannte zu seinen Eltern, die neben Seichan knieten. Sein Vater machte bereits Anstalten, sie hochzuheben.
    »Lass mich das machen«, sagte Gray.
    »Vielleicht wäre es besser, sie nicht zu bewegen«, meinte seine Mutter. »Sie hat sich mit großer Wucht überschlagen.«
    Grays Vater ignorierte beide Einwände. Er nahm Seichan auf die Arme und richtete sich auf. Trotz der Beinprothese und seines
geistigen Handicaps war er noch immer so stark wie ein Arbeitsgaul.
    »Geh zur Tür«, befahl sein Vater. »Wir legen sie auf den Rücksitz.«
    Gray öffnete die Wagentür und klappte den Fahrersitz vor. Sein Vater kletterte nach hinten und legte Seichan behutsam ab, dann setzte er sich auf den Rücksitz und hielt ihr den Kopf.
    »Dad...«
    Seine Mutter nahm auf dem Beifahrersitz Platz. »Ich habe das Haus abgeschlossen. Fahr los.«
    »Ich... ich komme schon allein zurecht«, sagte Gray und wartete darauf, dass seine Eltern wieder ausstiegen.
    Er wollte nicht zum Krankenhaus. Er hatte bei der Einsatzzentrale angerufen, die ihn unverzüglich zu Direktor Crowe durchgestellt hatte. Gott sei Dank war er noch im Büro gewesen.
    Crowe hatte ihm die Adresse einer konspirativen Wohnung genannt, wo ein Notarztteam Seichan untersuchen und behandeln würde. Painter ging kein Risiko ein. Da es sich auch um eine Falle handeln konnte, durfte sie nicht ins Sigma-Hauptquartier gebracht werden. Als bekannte Mörderin und Terroristin stand Seichan ganz oben auf der Fahndungsliste von Interpol und zahlreichen Geheimdiensten in aller Welt. Der israelische Mossad hatte angeblich Befehl, sie umgehend zu erschießen, sollte er ihrer habhaft werden.
    Seine Eltern hatten hier nichts verloren.
    Gray blickte in das entschlossene Gesicht seines Vaters. Seine Mutter hatte bereits die Arme vor der Brust verschränkt. Sie würden sich nicht so leicht umstimmen lassen.
    »Ihr könnt nicht mitkommen«, sagte er. »Es ist... gefährlich.«
    »Als ob es hier ungefährlich wäre«, erwiderte sein Vater und zeigte auf die Garage. »Wer weiß schon, ob die Vergewaltiger oder Drogendealer, die sie angeschossen haben, nicht bald hier sind?«
    Gray hatte keine Zeit für Erklärungen. Der Direktor hatte bereits einen Einsatztrupp losgeschickt, der seine Eltern schützen sollte. Er würde in wenigen Minuten hier eintreffen.
    »Mein Auto... meine Regeln«, brummte sein Vater

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