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Der Jünger

Der Jünger

Titel: Der Jünger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Sala
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äußeren weiblichen Merkmale, Bürstenhaarschnitt, Stacheldraht-Tätowierungen, ziemlich angsteinflößender Typ. Ich sehe mir gerade das Foto an, und ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es eine Frau ist.”
    “Wirklich?”
    “Wirklich.”
    “Was macht diese Jude denn?”
    “Sie ist Rausschmeißerin im Club Lesbo.”
    “Okay, verstehe. Seit wann wird sie vermisst?”
    “Seit drei Tagen, und nach Aussage ihrer Freundin ist sie überhaupt nicht der Typ, der sich einfach aus dem Staub macht. Findest du also auch, dass es eine Möglichkeit ist?”
    “Das hört sich ganz so an.”
    “Das denken Rick und ich auch.”
    “Du weißt, was das bedeutet, oder?”
    “Was meinst du damit?”, wollte Ben wissen.
    “Wenn er alle seine Jünger zusammen hat und kurz davor ist, geistig oder körperlich zusammenzubrechen, dann steuert er auf den furiosen Schlussakt zu.”
    “Schlussakt? Welcher Art?”, fragte Ben. “Was zum Teufel kommt als Nächstes … Die Kreuzigung?”
    “Ich weiß es nicht. Vielleicht.”
    “Mist”, murmelte Ben.
    “Und wenn das folgt, dann musst du bedenken, was in der Bibel mit Judas passiert ist. Der Priester hat seinen eigenen Johannes der Täufer enthauptet und Bartholomäus getötet, weil er der Falsche war. Der Himmel weiß, was noch alles passiert ist, von dem wir nichts wissen. Bekannt ist jedenfalls, dass Judas sich selbst erhängt hat. Auch dabei wird der Priester nachhelfen wollen.”
    Es folgte ein unterdrückter Fluch. “Du bist doch vorsichtig, ja?”, fragte Ben.
    “Klar.”
    “Würdest du etwas für mich tun?”
    “Sicher.”
    “Rufe deine Mutter Theresa noch mal an und rede mit ihr. Frage sie, ob sie irgendwas Neues erfahren hat.”
    “In Ordnung.”
    “Und lass mich wissen, was sie gesagt hat.”
    “Okay.”
    “Süße, ich liebe dich”, sagte Ben.
    January atmete leise aus. “Ich liebe dich auch.”
    “Sehen wir uns heute Abend?”
    “Ja. Aber es wird spät. Ich komme erst nach den Elf-Uhr-Nachrichten raus.”
    “Das ist in Ordnung. Ich bringe das Abendessen mit.”
    Sie grinste. “Wunderbar.”
    “Irgendetwas Bestimmtes, worauf du Appetit hast?”
    “Ich lasse mich gern überraschen.”
    “Okay, dann bis später”, sagte Ben und legte auf.
    January stellte das Handy aus und steckte es wieder in ihre Tasche, dann lief sie schnell zum Wagen. Sie rutschte auf den Beifahrersitz und grinste ihren Kameramann an. “Okay, Hank. Los geht's. Ich brauche mindestens eine Stunde zum Texten, Schneiden und Vertonen.”
    “Dann schnall dich an”, sagte Hank und fuhr los.
    Jay war auf dem Weg zum Lincoln Memorial, den Rücksitz vollgestopft mit blauhaarigen Frauen, alle über siebzig. In den vergangenen fünfzehn Minuten hatten sie darüber diskutiert, ob zusätzlich eingenommene Ballaststoffe besser seien als die in der Nahrung enthaltenen. Jetzt wusste er mehr über Darmgase, als ihm lieb war. Um das Thema zu wechseln, räusperte sich Jay, als sie an einer roten Ampel hielten, und erhob seine Stimme, um sich Gehör zu verschaffen.
    “Meine Damen … Meine Damen.”
    Er genoss das Schweigen, das nun folgte, brach diese Ruhe aber, um die Gelegenheit zu nutzen, den Herrn zu preisen.
    “Meine Damen”, sagte er erneut, “kennen Sie den Herrn?”
    Eine der drei hielt sich die Hand wie einen Trichter ans Ohr. “Was? Was hat er gesagt?”
    “Er fragte, ob wir Dänemark kennen.”
    Jay runzelte die Stirn. “Nein, ich sagte …”
    Die kleine Dame in der Mitte hob beide Hände. “Nein, hat er nicht, er hat gefragt, ob wir frieren.” Dann lehnte sie sich vor und tippte auf die Lehne des Vordersitzes. “Uns geht es gut, junger Mann”, sagte sie. “Wie lange dauert es denn noch, bis wir da sind?”
    Jay runzelte die Stirn. Es gefiel ihm nicht, einfach so ignoriert zu werden, aber er wusste ja, dass sie ihn nicht ärgern wollten. Sie konnten einfach nicht gut hören.
    “Ungefähr fünf Minuten, vielleicht auch zehn, wenn die Straßen nicht zu voll sind.”
    “Was hat er gesagt?”, fragte die Erste.
    “Er meint, wir wären zu direkt. Ich sagte dir ja, dass es sich nicht gehört, über Verstopfung zu reden.”
    “Nein, das hat er nicht gesagt”, meldete sich die Kleinste von ihnen erneut. “Er meinte eben …”
    Die Ampel sprang auf Grün. Jay trat heftig aufs Gas, was die Unterhaltung ruckartig beendete. Er nahm jede Abkürzung, die er kannte, um schnell ans Ziel zu gelangen, und war mehr als erleichtert, als er sie endlich wieder los war.
    Er hielt sich die

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