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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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beteiligt.«
    »Was ist das nun wieder! Wie, ins Zuchthaus?« rief ich, indem ich aufsprang und ihn erschrocken anblickte.
    Auf seinem Gesicht lag der Ausdruck eines tiefen, düsteren, hoffnungslosen Grams.
    »Setzen Sie sich hin!« sagte er und setzte sich selbst auf einen Lehnstuhl mir gegenüber. »Erfahren Sie zunächst die Tatsachen: vor gut einem Jahr, in demselben Sommer, als ich in Ems mit Lidija und Katerina Nikolajewna zusammenkam, gerade in der Zeit, als ich mich auf zwei Monate nach Paris begeben hatte, ging mir in Paris selbstverständlich das Geld aus. Da erschien wie gerufen Stebelkow, den ich übrigens schon von früher her kannte. Er gab mir Geld und versprach, mir noch mehr zu geben, bat mich aber auch seinerseits um eine Gefälligkeit: er bedurfte eines Künstlers, der Zeichner, Graveur, Lithograph und so weiter und zugleich Chemiker und Techniker sein mußte, und das zu einem ganz bestimmten Zweck. Über diesen Zweck sprach er sich gleich das erstemal mit hinreichender Deutlichkeit aus. Und warum auch nicht? Er kannte meinen Charakter; das alles amüsierte mich nur. Die Sache war die, daß ich noch von der Schulbank her einen Bekannten hatte, der zu jener Zeit als russischer Emigrant – übrigens war er von Abstammung nicht Russe – in Hamburg lebte. In Rußland war er schon einmal in eine unangenehme Geschichte wegen Banknotenfälschung verwickelt gewesen. Und gerade auf diesen Menschen hatte Stebelkow sein Augenmerk gerichtet, aber er brauchte ein Empfehlungsschreiben an ihn und wandte sich zu diesem Zweck an mich. Ich gab ihm zwei Zeilen und vergaß die ganze Sache sofort wieder. Darauf kam er noch ein paarmal mit mir zusammen, und ich erhielt von ihm damals im ganzen etwa dreitausend Rubel. Diese ganze Angelegenheit hatte ich schon vollständig vergessen. Hier habe ich die ganze Zeit Geld auf Wechsel und Pfänder von ihm entliehen, und er ist vor mir gekrochen wie ein Sklave. Und plötzlich erfahre ich gestern von ihm zum erstenmal, daß ich ein Kriminalverbrecher bin.«
    »Wann denn gestern?«
    »Nun, gestern vormittag, als ich mit ihm im Nebenzimmer herumschrie, bevor Naschtschokin kam. Er erdreistete sich zum erstenmal, und zwar gleich ganz unverhohlen, mit mir von Anna Andrejewna zu sprechen. Ich hob die Hand auf, um ihm einen Schlag zu versetzen, aber er stand plötzlich auf und erklärte mir, ich sei mit ihm solidarisch und solle nicht vergessen, daß ich sein Komplice und ein ebensolcher Schurke sei wie er; kurz, wenn das auch nicht seine Worte waren, so war es doch der Sinn.«
    »So ein Unsinn! Das ist doch nur Phantasie!«
    »Nein, das ist nicht nur Phantasie. Er war heute bei mir und setzte es mir eingehender auseinander. Diese Aktien befinden sich schon längst im Umlauf, und es werden ihrer noch mehr in Umlauf gesetzt werden; aber es scheint, daß irgendwo schon welche als falsch angehalten worden sind. Allerdings stehe ich der Sache fern, aber Stebelkow sagte zu mir: »Sie haben mir doch damals das Briefchen gegeben.««
    »Aber Sie haben ja nicht gewußt, zu welchem Zweck er es haben wollte, oder doch?«
    »Ich habe es gewußt«, antwortete der Fürst leise und schlug die Augen nieder. »Das heißt, sehen Sie, ich habe es gewußt und habe es auch wieder nicht gewußt. Ich habe mich darüber amüsiert. Ich habe mir damals gar keine weiteren Gedanken darüber gemacht, um so weniger, als ich gar keine falschen Aktien nötig hatte und nicht beabsichtigte, solche zu fabrizieren. Aber auf der andern Seite diese dreitausend Rubel, die er mir damals gab und später nicht einmal auf mein Konto setzte, und ich ließ das zu. Übrigens, woher wollen Sie das wissen? Vielleicht war ich auch ein Fälscher. Ich mußte doch wissen, wie die Sache stand, ich bin doch kein kleines Kind; ich wußte es, amüsierte mich aber darüber und war gemeinen Verbrechern behilflich ... war ihnen behilflich für Geld! Mithin bin ich auch ein Fälscher!«
    »Oh, Sie übertreiben; Sie haben sich vergangen, aber Sie übertreiben!«
    »Da ist vor allen Dingen noch ein gewisser Shibelskij, ein noch junger Mensch, der beim Gericht tätig ist, so eine Art Gehilfe bei der Staatsanwaltschaft. Bei diesen Aktienist er ebenfalls irgendwie beteiligt; er ist dann später einmal auf Veranlassung jenes Hamburger Herrn zu mir gekommen, in einer ganz unbedeutenden Angelegenheit selbstverständlich, und ich weiß selbst nicht einmal, weswegen eigentlich; jedenfalls wurden die Aktien dabei nicht erwähnt. Aber doch hat er zwei

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