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Der Junge aus dem Meer

Der Junge aus dem Meer

Titel: Der Junge aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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daran denke, daß wir jetzt wochenlang hitzefrei haben“, erklärte Emil Langhans. Er streckte die Arme aus und holte tief Luft wie jemand, der sich ungeheuer wohl fühlt.
    „Ja, eine leere Schule und keine Hausaufgaben, davon kann man eigentlich nur träumen“, bestätigte Paul Nachtigall nachdenklich.
    Alle blickten jetzt wieder eine ganze Weile und ziemlich zufrieden in das offene Kaminfeuer, bis sich, zur allgemeinen Überraschung, Fräulein Emma Zobelmann vernehmen ließ. Sie war gerade mit dem Abwaschen fertig geworden und sagte zuerst einmal zu Fritz Treutlein und dem dicklichen Sputnik: „Besten Dank.“ Anschließend trocknete sie sich die Hände ab und stellte dabei fest: „Herr Kubatz hat vollkommen recht, das könnt ihr mir glauben. Ihr müßt euch für jeden Tag etwas anderes vornehmen, oder eure Ferien gehen in die Binsen. Laßt euch das von Emma Zobelmann hinter die Ohren schreiben.“ Dabei hängte sie die Geschirrtücher zum Trocknen über den Herd. „Wie oft hab’ ich schon Feriengäste erlebt, die erst am letzten Tag beim Kofferpacken begreifen, daß sie ihren ganzen Urlaub eigentlich zum Fenster rausgeschmissen haben.“
    „Das ist die längste Rede, die Emma je gehalten hat“, bemerkte die Großmutter vergnügt.
    „Damit hat sich’s dann aber auch“, lachte Fräulein Zobelmann und wünschte allerseits eine gute Nacht. Aber kaum hatte sie die Tür hinter sich zugemacht, kam sie noch einmal zurück: „Wann wollen die Herrschaften ihr Frühstück, das hätte ich gerne noch gewußt.“
    „Und schon sitzen wir mitten in der Tinte“, schmunzelte der Chefredakteur der Bad Rittershuder Nachrichten. „Ohne Programm funktioniert die Soße eben nicht.“
    „Für meine Wenigkeit das Frühstück so gegen elf Uhr“, witzelte Karlchen Kubatz. „Und zwar ans Bett, wenn ich bitten darf, Fräulein Zobelmann.“
    „Da hast du dich aber gewaltig in der Hausnummer geirrt“, lachte die Großmutter. „Gefrühstückt wird um acht, Mittagessen ist um eins und Abendessen, wie gehabt, um sieben. Ende der Fahnenstange.“
    „Das wollte ich nur bestätigt haben“, meinte Fräulein Emma Zobelmann, blinzelte noch kurz zu Herrn Kubatz hinüber und verschwand dann endgültig für diesen Abend.
    „Immerhin könnten wir uns ein paar Gedanken machen“, wagte Fritz Treutlein vorzuschlagen.
    „Bitte, wenn es unbedingt sein muß“, äußerte sich Emil Langhans noch sehr gelangweilt.
    Aber bereits fünf Minuten später hätte man das Haus Seestern mit dem Bundestag verwechseln können. Anträge wurden eingebracht und dann niedergestimmt. Als sich schließlich alle durcheinander die Köpfe heiß redeten, sprang Paul Nachtigall auf und rief: „So geht das nicht weiter. Ordnung muß sein.“
    Daraufhin wurde Hans Pigge zum Protokollführer bestimmt, weil er im Ruf stand, daß man seine Schrift hinterher auch lesen konnte.
    „Und wenn Sie, bitte, die Rolle des Vorsitzenden übernehmen würden?“ fragte Paul Nachtigall den Chefredakteur.
    „Mit Vergnügen“, erklärte Herr Kubatz. Er schlug die Beine übereinander, paffte aus seiner Pfeife eine Rauchwolke ins Zimmer und lehnte sich in seinen Sessel zurück: „Ich erkläre die Debatte für eröffnet.“
    „Endlich kommt Leben in die Bude“, kicherte die Großmutter. „Dabei hatte ich insgeheim schon jede Hoffnung aufgegeben, daß ich mit diesen Knaben mein blaues Wunder erlebe, das du mir am Telefon versprochen hast.“
    „Abwarten und Tee trinken“, erwiderte Herr Kubatz. Anschließend erteilte er zuerst Manuel Kohl das Wort.
    Der jeweilige Sprecher stand von seinem Stuhl auf, mußte Zwischenrufe einstecken, bekam Beifall oder wurde auch niedergebrüllt. Je nachdem.
    „Deine Redezeit ist leider abgelaufen“, unterbrach Herr Kubatz gelegentlich die Diskussion. Und schon sprang der nächste auf und stellte fest: „Höchste Zeit, daß ich jetzt endlich auch mal was sagen darf. Meine Wortmeldung liegt schon seit einer halben Stunde unbeachtet auf dem Tisch. So etwas schlägt der Demokratie mitten ins Gesicht.“
    „Hoppla!“ rief Fritz Treutlein, und zwei andere pfiffen durch die Finger. Gleichzeitig beugte sich der dickliche Sputnik nach vorn und knurrte: „Mäßigen Sie sich, ich warne Sie.“
    Karlchen Kubatz forderte schließlich die Aussage eines Sachverständigen für Inselfragen: „Ich rufe Florian Jansen in den Zeugenstand.“
    „Vor das Parlament, du Affe“, korrigierte Emil Langhans, und seine Stimme kippte dabei um. „Das hier ist doch

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