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Der Junge aus dem Meer

Der Junge aus dem Meer

Titel: Der Junge aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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lassen und dann gehorchten sie diesem Herrn Landauer mit den Eulenaugen doch wie zwei perfekte Musterschüler.“
    „Einverstanden“, gab der Professor zu und legte dabei seine schmalen Hände dicht nebeneinander. „Aber in diesem Falle sollte die ganze Geschichte ja nur ein Spiel sein, und diese beiden jungen Männer haben die Sache jedenfalls nicht ernst genug genommen. Im wirklichen Ernstfall ist das aber anders. Da kann es zwischen dem Hypnotiseur und seiner Versuchsperson zu einem Kampf kommen wie zwischen zwei Fußballspielern, die sich gegenseitig den Ball abjagen wollen. Da kämpft dann ein Wille gegen den anderen und der Stärkere siegt eben.“ Er faltete jetzt seine Hände wie zu einem schlanken Turm zusammen und betrachtete sie. „Zum zweiten kann in der Hypnose kein Mensch zu einer Tat gezwungen werden, die er im normalen Zustand nicht auch begehen würde. Gefährlich wird die Sache allerdings, wenn gewisse Neigungen vorhanden sind. Aber das ist ein weites Feld...“
    „Jemand, der sonst vielleicht auch stehlen würde“, überlegte Großmutter Kubatz, „könnte also zu einem Diebstahl angestiftet werden, wenn er hypnotisiert ist?“
    „Unter Umständen wäre das nicht auszuschließen“, antwortete Professor Schreiber.
    „Das klingt ja nicht sehr beruhigend“, meinte Großmutter Kubatz.
    „Hypnose ist auch kein Kinderspielzeug“, entgegnete das Schildkrötengesicht und lächelte nicht mehr.
    „Was meinst du also zu dem Angebot von Herrn Landauer? fragte Professor Stoll eine Weile später.
    „Es gibt Fälle von Gedächtnisverlust, bei denen Hypnose tatsächlich geholfen hat“, erwiderte der Gast aus Hamburg.
    „Im Zustand der Trance ist es möglich, daß plötzlich vergessene Namen, Zahlen oder Orte wieder in die Erinnerung zurückgerufen werden. Das könnte uns eine ganzes Stück weiterhelfen. Aber eine Garantie dafür gibt es natürlich nicht.“ Professor Schreiber blickte jetzt durch seine dicken Brillengläser zu Alexander hinüber. „Wollen wir’s probieren?“
    „Wenn es schon manchmal geholfen hat“, meinte der schwarzhaarige Junge. „Ich habe keine Angst davor.“
    „Dann bin ich dafür, daß wir die ganze Sache überschlafen“, schlug der schmale Professor mit dem Schildkrötengesicht vor. „Und wenn es dir nicht zu spät ist, dann würde ich jetzt noch gerne etwas von dir hören. Frau Kubatz hat mir vorhin erzählt, wie gut du spielen kannst. Und das interessiert mich natürlich.“
    Alexander stand aus seiner Sofaecke auf und setzte sich ans Klavier. Er überlegte nicht lange.
    Der Professor aus Hamburg hatte sich tief in seinen Sessel zurückgelehnt, die dünnen Beine übereinandergeschlagen, und beobachtete den schwarzhaarigen Jungen jetzt aufmerksam durch seine dicken Brillengläser.
    „Im Zweifelsfall Beethoven“, meinte Chefredakteur Kubatz nach einer Weile hinter einer Wolke von Pfeifenrauch.
    „Richtig geraten“, schmunzelte Professor Schreiber aus Hamburg. „Klavierkonzert Nummer drei, c-moll , Opus 37.“

Haus Seestern wird belagert

    Am nächsten Morgen platzte Polizeiwachtmeister Küselwind dem Haus Seestern mitten ins Frühstück. Er wünschte einen schönen Tag und einen guten Appetit. „Leider wird es mit letzterem allerdings bald vorbei sein“, fügte er dann betreten hinzu.
    „Sie machen mich neugierig“, sagte Großmutter Kubatz.
    „Am besten, Sie machen das Tor zu und verbarrikadieren die Türen“, schlug Herr Küselwind vor. Dabei hatte er seine Uniformmütze abgenommen und zeigte wieder einmal seine roten Haare. „Sie können sich ja gar nicht vorstellen, wie es heute nacht bei mir im Revier zugegangen ist. Ein Telefonat nach dem anderen.“
    „Vermutlich haben Sie Geburtstag“, kicherte die Großmutter. „Dürfen wir auch gratulieren?“
    „Schön wär’s“, meinte der Polizeiwachtmeister, und dann berichtete er, daß es Zeitungsredaktionen und Fernsehreporter gewesen waren, die ihm keine Ruhe gelassen hatten. „Ich wollte alle an Kriminalkommissar Michelsen in Westerland abwimmeln, aber der war die ganze Nacht über nicht zu erreichen. Bei Archsum soll wieder ein Haus abgebrannt sein, und deshalb waren alle Beamten auf den Beinen.“
    „Natürlich wollten diese Presse- und Fernsehleute alle dasselbe wissen, nicht wahr?“ fragte jetzt Chefredakteur Kubatz.
    „Ja, die Adresse“, gab Wachtmeister Küselwind zu. „Ich meine, wo sich der Junge aufhält.“ Er blickte verlegen zu Alexander hinüber. „Der Junge, der sein

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