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Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Titel: Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Henrik Nielsen
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gesprochen?«
    »Nein. Er sagte, er glaubte nicht, dass noch jemand lebt. Und er hat seine ganze Familie verloren.«
    »Er war lieb«, sagt Fride. »Obwohl wir Angst vor ihm hatten.«
    »Es ist gut zu hören, dass noch mehr Menschen überlebt haben«, sagt Trym. »Vielleicht mache ich einen Ausflug zur Brücke und rede mit ihm.«
    »Aber dann könnte es in der Stadt doch auch noch Menschen geben?«, sagt Nanna.
    »Ich glaube nicht. Das Letzte, was wir im Radio gehört haben, war, dass die Stadt evakuiert werden sollte.«
    »Was bedeutet das?«, fragt Fride.
    »Das bedeutet, dass alle von dort wegmussten. Ich glaube, man hatte Angst, dass sonst die, die noch da waren, auch krank werden würden.«
    »Weißt du, wohin die Leute gegangen sind?«
    »Nein. Kurz danach wurde alles still.«
    Nanna zögert, bevor sie fragt: »Warum ist alles gestorben? Ist es mehr als nur eine Krankheit?«
    Die alten Leute schauen sich an und schütteln den Kopf.
    »Das weiß niemand. Manche sagten, radioaktive Strahlung wäre daran schuld, andere meinten, dass es so viel Gift auf der Welt gäbe, dass die Natur es nicht mehr verkraftete, und wieder andere hielten es für eine Krankheit. Ja, und manche waren überzeugt, es wäre alles zusammen. Wir können nichts anderes tun, als zu hoffen, dass es wieder besser wird«, sagt Alma.
    »Glaubst du daran?«, fragt Nanna. »Bislang ist doch nur immer noch mehr abgestorben. In den ersten Jahren hatten die Bäume zumindest noch Blätter, wenn wir nach draußen geschaut haben. Gelbe und rote, die abfielen, sobald sie sich entfaltet hatten.«
    »Die Natur ist so viel mächtiger als wir. Wisst ihr noch, wie es früher war?«, sagt Trym. »Am Ende des Winters? Alles war tot. Die Bäume waren kahl und der Waldboden braun und leblos. Aber dann, eines Tages begann alles zu sprießen. Die Sonnenstrahlen wärmten und auf einer sonnigen Böschung sprossen die ersten kleinen, grünen Knospen. Ich habe es damals nicht verstanden und ich verstehe auch heute nicht, wie das zuging. Aber die Natur versteht es. Und vielleicht findet sie auch jetzt eine Lösung.«
    »Können wir bei euch bleiben?«, fragt Fride, ohne den Blick zu heben.
    »Oh, Schätzchen«, sagt Alma. »Ihr könnt gerne bleiben, aber hier gibt es nichts, wofür es sich lohnen würde.«
    »Hier sind nur zwei alte Menschen, die bald sterben werden«, sagt Trym. »Ihr müsst zusehen, dass ihr weiterkommt.«
    »Ja, das müssen wir. Wir müssen Medizin finden und sie zu Papa bringen«, sagt Nanna und steht langsam vom Tisch auf. »Komm jetzt, Fride.«
    Fride steht auf, immer noch ohne aufzusehen.
    »Tausend Dank für alles«, sagt Nanna.
    Alma nimmt sie beide in den Arm und draußen im Hinterhof hat Trym schon den Anhänger beladen. Fride klettert langsam und mit gesenktem Kopf in den Wagen.
    »Ich habe euer Rad repariert. Es hatte einen Achter«, sagt Trym.
    »Wie lieb. Vielen Dank«, sagt Nanna.
    »Das habe ich gerne gemacht.«
    »Wie weit ist es noch in die Stadt?«, fragt Nanna.
    »Nicht mehr weit. Ihr solltet vor dem Abend da sein. Folgt einfach der Straße«, sagt er und öffnet eine beinahe unsichtbare Tür im Wellblechzaun.
    »Alles Gute«, sagt Nanna, tritt in die Pedale und schluckt ihre Tränen hinunter.
    »Auf Wiedersehen. Passt gut auf euch auf«, sagt Trym.
    Nanna schaut nicht mehr zurück, als sie hört, wie das Tor hinter ihnen zufällt. Auf dem Weg ist eine große Blutlache, aber der Hund ist weg. Fride weint hinten im Anhänger. Bald sind sie wieder auf der Hauptstraße und Bäume und Felsen gleiten an ihnen vorbei.
    Was, wenn die Welt leer ist?, denkt Nanna. Was, wenn nichts übrig geblieben ist, als verrottete Wälder, Ruinen und ein Meer ohne Leben?
    Und dann kommt es ihr vor, als würde sie alles von oben betrachten. Als würde sie hoch oben zwischen den Wolken schweben und zusehen, wie sich das Fahrrad und der Anhänger langsam auf die Stadt zubewegen und es gibt keine anderen Menschen mehr auf der Welt. Die, die noch da sind, werden sterben. Die auch. Und dann ist die Welt endgültig leer und still.
    Nach und nach lassen sie den Wald hinter sich und leere Fabriken, Büros und Lagerhallen tauchen am Straßenrand auf. An einer Tankstelle machen sie eine kurze Pause, dann fahren sie weiter. Die Fenster sind grau und schmutzig und nirgends finden sie etwas zu essen. Am Nachmittag führt die Straße langsam in großen Kurven bergab. Und plötzlich, hinter einer Kurve, ist sie da.
    Die Stadt.

18
    »Schau!«, ruft Fride und richtet sich

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