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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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weiß.« Christmas ging aus dem Lagerraum, ohne auf Cyrils Gemurre zu hören. Dann rannte er die Treppe hinauf zum Konzertsaal.
    »Christmas, schmiede keine Pläne für uns beide«, hatte Maria zu ihm gesagt, nachdem sie sich zwei Wochen lang an jedem erdenklichen Ort im Funkhaus von N. Y. Broadcast geliebt hatten. »Ich werde einmal einen Puerto Ricaner heiraten.«
    »Das freut mich, Maria«, hatte er lächelnd erwidert, »ich werde nämlich einmal eine Jüdin heiraten.« Von allen Gefühlslasten befreit, war ihr Verhältnis von diesem Augenblick an nur noch leidenschaftlicher geworden.
    Maria, die den Kontakt zu den Künstlern, die für die einzelnen Programme verpflichtet worden waren, herstellte, hatte Christmas die Türen zu den Studios geöffnet, und so hatte er endlich erfahren, wie Radio gemacht wurde. In jeder freien Minute war er bei Aufzeichnungen oder Livesendungen dabei. Er hörte Musik, aber auch lustige Hörspiele oder Debatten. Und es dauerte nicht lange, da war ihm jedes einzelne Studio, das er gesehen hatte, vertraut. Er hatte Freundschaft mit Technikern, Hörspielregisseuren und sogar einigen Künstlern geschlossen. Im dunklen Raum setzte er sich in eine Ecke und lauschte, lernte und träumte.
    »Ich soll ein Mischpult einbauen«, erklärte er Maria, als er sie im Konzertsaal traf.
    Sie sah wie immer strahlend aus. Sie warf ihr dichtes schwarzes Haar zurück und zeigte ihm die ausgebaute Konsole im Tonregieraum. »Sie gehört ganz dir«, sagte sie und streichelte ihm, kaum war der Tontechniker aus dem Raum, über den Rücken. »Heute Nacht habe ich von dir geträumt«, raunte sie ihm ins Ohr.
    »Was habe ich denn gemacht?«, fragte Christmas, der gerade ein Kabelknäuel entwirren wollte.
    »Das Übliche ...«
    Er grinste. »Sogar im Traum?«
    Maria schlang die Arme um ihn und schmiegte sich an ihn. »Aber sicher. Deshalb habe ich auch heute keine Lust darauf.«
    Christmas wandte ihr den Blick zu. »Ich sorge schon dafür, dass sie zurückkommt.«
    Maria strich ihm die blonde Locke aus dem Gesicht. »Möchtest du heute Abend mit mir ins Theater gehen?«
    »Ins Theater?«
    »Ja. Victor Arden, ein begabter Pianist, der, wenn er Zeit hat, auch für uns spielt, hat mir zwei Karten für heute Abend gegeben.«
    Christmas sah sie verblüfft an. »Und du willst mit mir ins Theater gehen?«
    »Ja ... hast du Lust?«
    »Heute ist der Tag der Einladungen«, sagte er.
    »Wer hat dich denn noch eingeladen?«
    Christmas lachte. »Cyril. Ich esse bei ihm zu Hause zu Mittag.«
    Maria neigte den Kopf zur Seite, ihre schwarzen Augen funkelten. »Du bist anders als alle, die ich kenne. Kein Weißer würde bei einem Schwarzen zu Hause essen.«
    Er zwinkerte ihr zu. »Wenn es danach geht – du bist auch nicht gerade weiß und trotzdem ...«
    »Mit dieser Sache haben die Weißen kein großes Problem.«
    »Wie dem auch sei, ich habe soeben herausgefunden, dass Italiener gar keine Weißen sind.« Christmas grinste, zog sie an sich und küsste sie. »Du, Cyril und ich, wir sind Amerikaner. Schluss, aus.«
    »Ein schöner Traum.«
    »Es ist so, Maria«, entgegnete er mit Nachdruck.
    Maria blickte ihm in die Augen. »Du hast die Gabe, einen an das glauben zu lassen, was du erzählst, weißt du das?«
    Ernst sah Christmas sie an. »Es ist so«, sagte er noch einmal. Dann beugte er sich wieder über das Kabelknäuel.
    Maria schlug die Augen nieder und rückte von ihm ab. »Kommst du nun mit ins Theater? Das Alvin. Es ist gerade erst fertig gebaut geworden. Heute Abend wird es eingeweiht. Es ist die Eröffnungsshow. Sie zeigen Funny Face , ein Musical mit Adele und Fred Astaire, weißt du, die beiden Geschwister ...«
    » Lady, Be Good! «, rief Christmas. »Das hat meine Mutter immer gesungen. Wenn ich ihr erzähle, dass ich da hingehe, wird sie platzen vor Neid.«
    »Vielleicht könnte ich noch zwei Karten für einen anderen Abend besorgen ...«
    Christmas umarmte sie überschwänglich. »Ich bete dich an, Maria! Das wäre fantastisch.«
    »Also heute Abend?«
    »Aber ... was soll ich denn anziehen?«, fragte er, und sein Blick verfinsterte sich.
    Sie lächelte ihn an. »So wie jetzt bist du wunderschön. Alle werden mich beneiden.«
    »Maria!«, rief ein Mann, der in Sakko und Krawatte den Konzertsaal betrat. »Wir fangen an.«
    »Ich muss gehen«, sagte sie eilig. »West 52nd Street, Alvin Theater ...«
    » Funny Face «, vollendete Christmas und schnitt eine Grimasse.
    Maria lachte und verließ den Konzertsaal.
    Es war

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