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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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endgültig. Vergebens wartete Christmas darauf, weinen zu können. Seine Augen wurden nur ein wenig feucht, als wollte der Schmerz nicht nach außen dringen, als hielte seine Seele ihn fest. Das Letzte, was ihm noch von Ruth blieb.
    Am Abend fuhr ein Wagen in die Einfahrt. Christmas hörte Hermelindas Stimme und kurz darauf entschlossene Schritte auf der Treppe nach oben.
    Nick kam ins Zimmer. Er setzte sich in den Sessel, schlug die Beine übereinander, durchsuchte Christmas’ Jackentasche und zog den zerknitterten Vertrag von MGM heraus. »Mayer sagt, jetzt wird dir mal Feuer unterm Arsch gemacht. Hast du den Vertrag gelesen?«
    Christmas drehte sich nicht einmal zu ihm um.
    »Das Hausmädchen sagt, du hattest Besuch«, fuhr Nick in reserviertem Ton fort. »Hast du dich amüsiert?«
    Christmas rührte sich nicht.
    »Sieht nicht so aus«, stellte Nick fest, während er aufstand und den Vertrag wieder dorthin zurücksteckte, wo er ihn gefunden hatte. »Wir erwarten dich morgen früh um zehn in Mayers Büro. Pünktlich. Dann wird der Vertrag unterschrieben, einverstanden?«
    Christmas hielt weiter das Gesicht im Kissen verborgen.
    »Hör zu ...«, sagte da Nick, schon an der Tür. »Das Problem dreht sich um ein Mädchen, richtig? Ich besorge dir Mädchen, so viele du willst. Das hier ist Hollywood.«
    »Und darum bist du ja hier, nicht wahr?«, erwiderte Christmas, und seine Stimme klang durch das Kissen gedämpft. »Du löst die Probleme.«
    Nick warf ihm einen strengen Blick zu, doch das sah Christmas nicht. »Um zehn bei Mayer«, wiederholte er und ging.
    An all das musste Christmas denken, während er noch immer der 7th Avenue folgte. Langsam tauchten die Negro Tenements in der 125th Street vor ihm auf. Er ging langsamer. Dann blieb er stehen. Er musste sich erst wieder vertraut machen mit der Stadt, mit den Orten, zu denen er in nur zwei Wochen die Verbindung verloren hatte, da er jemand anders geworden war. Und er musste herausfinden, wer dieser Jemand war, in den er sich hatte verwandeln müssen.
    Am Morgen nach Nicks Besuch war er zu den MGM-Studios gefahren. Er hatte die Tür mit der Nummer elf betrachtet, die zu dem kleinen Büro führte, in dem er die Faszination des Schreibens entdeckt hatte. Das ist alles, was dir bleibt, sagte er sich. Doch selbst dieses neue, elektrisierende Gefühl, das er an der Schreibmaschine empfunden hatte, schien aus einem anderen Leben zu stammen.
    Er wandte sich ab und machte sich mit dem Vertrag in der Hand auf den Weg zu Mayers Büro. Es war zwei Minuten vor zehn. Er würde pünktlich erscheinen. Wie ein braver Angestellter, dachte er. Und plötzlich, noch ehe er einen bewussten Entschluss fassen konnte, blieb er stehen. Das Wort »Angestellter« dröhnte ihm drohend in den Ohren. Eine Stimme brüllte durch ein Megafon. Den Vertrag noch immer in der Hand, folgte Christmas ihr. Hinter einer breiten Schiebetür, die einen Spaltbreit offen stand, entdeckte er einen von Scheinwerfern angestrahlten künstlichen Garten, einen künstlichen Springbrunnen, der zu sprudeln begann, und zwei Schauspieler mit weißen Perücken und weiß geschminkten Gesichtern. Er schlüpfte hinein in die Dunkelheit und stolperte dabei über einen Kabelstrang am Boden. »Ruhe!«, brüllte jemand in ein Megafon.
    »Kamera ab!«, rief ein anderer. In die Stille hinein fing die Kamera an zu surren.
    »Und bitte!«, sagte der Regisseur, der neben den Kulissen auf einem Stuhl saß. Und mit einem Mal erwachten die Schauspieler zum Leben. Zwei schnelle Sätze, die auf etwas anspielten, was vorher geschehen sein musste. Dann wandten sich die Schauspieler zum hinteren Teil der Szene um, wo es plötzlich laut wurde. Gleich darauf versteckten sie sich hinter einem hohen Gebüsch.
    » Cut! «, brüllte der Regisseur ins Megafon. Alle hielten inne. Das Licht im Studio ging an und beschien die nackten Stellwände, nahm dem Bühnenbild die Tiefe und entlarvte es als das, was es war: bemalte Pappe. Der Regisseur unterschrieb einige Papiere. Die Schauspieler setzten sich vor einen Spiegel und schminkten sich in aller Eile ab. Dann zogen sie die Perücken aus. Ein anderer Mann kam zu ihnen und gab ihnen Geld. Christmas hörte, wie er sagte: »Ihr seid fertig.« Die beiden Schauspieler zählten das Geld nach und zogen sich um. Als sie an Christmas vorbeigingen, hörte er einen von ihnen sagen: »Beeilen wir uns, um zwanzig nach zehn müssen wir in Studio sieben sein und vorher noch die Cowboykostüme

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