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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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gebeten?« Pep vertiefte sich in die Zeitung.
    Christmas zuckte mit den Schultern und trat gegen einen Stein. Knurrend jagte Lilliput dem kleinen Geschoss hinterher, nahm es ins Maul, schüttelte den Kopf wie in einem Kampf, bis sie zu Christmas zurückkehrte und den Stein vor ihm ablegte. Christmas lachte und trat erneut dagegen. Lilliput schnappte sich den Stein wieder mit einem Knurren.
    »Wie viel hast du denn dafür bezahlt?«, erkundigte sich der Metzger und blickte von der Zeitung auf.
    »Zwei Dollar«, antwortete Christmas, als interessierte ihn die Angelegenheit nicht sonderlich, und schoss abermals den Stein weg.
    »Zwei Dollar?«, wiederholte der Metzger kopfschüttelnd und blätterte weiter in der Zeitung. Doch nach einer Weile ließ er sie sinken, pfiff Lilliput herbei, nahm sie hoch und schnupperte an ihr, als wäre sie tatsächlich ein Grillhähnchen. Er setzte sie wieder ab. »Zitrone. Und Destillat.« Mit dem Finger strich er über das Hundefell und rieb dann die Fingerspitzen aneinander. »Paraffin.« Er wischte sich die Hände an der Schürze ab und griff wieder zur Zeitung. Gleich darauf jedoch ließ er sie mit einem entrüsteten Blick auf Christmas erneut sinken. »Zwei verfluchte Dollar?«, schimpfte er. »Für ein bisschen Zitrone, billigen Fusel und Paraffin?«
    »Der Arzt sagt, man muss sie täglich auftragen«, gab Christmas zurück, ohne den Blick zu senken.
    »Junge«, erwiderte Pep und hielt ihm einen Finger entgegen, der dick wie eine Wurst und mit Schnittwunden übersät war, »ich habe viel von dir gehört in letzter Zeit. Die Leute reden über nichts anderes. Aber eines will ich dir sagen. Ihr Verbrecher könnt mich alle mal kreuzweise, ob ihr nun Italiener oder Juden oder Iren seid. Ihr seid miese Schweine, die davon leben, dass arme, ehrlich arbeitende Leute sich euretwegen in die Hosen machen. Aber mich kümmern eure Gangs einen Scheißdreck, mir macht ihr keine Angst. Ich trete euch allen miteinander in den Arsch. Haben wir uns verstanden?«
    Wortlos sah Christmas ihn an. Santo erschien mit besorgtem Gesicht in der Tür.
    »Geh zurück an deinen Platz«, befahl Christmas ihm; sein Stellvertreter gehorchte. »Wolltest du nicht Zeitung lesen, Pep?«, fragte Christmas den Metzger.
    »Sag du mir nicht, was ich tun will, du Rotzbengel.«
    Mit verspieltem Knurren legte Lilliput wieder den Stein vor Christmas ab, der grinsend dagegentrat.
    Der Metzger sah seiner Hündin zu, die fröhlich hinter dem Stein herjagte und ihn dann apportierte. »Sie kratzt sich schon weniger«, brummte er, noch immer mit grimmiger Miene.
    Abermals schoss Christmas den Stein für Lilliput.
    »Ach, zum Teufel!«, fluchte Pep, stand auf und griff nach dem Stuhl. Dabei fiel die Zeitung herunter, mitten in den Matsch. »Na, bist du jetzt zufrieden?«, sagte er und deutete auf die Zeitung. »Lilliput, bei Fuß«, befahl er dem Hund, der ihm in den Laden folgte. »Und du, raus mit dir!«, hörte man Pep kurz darauf brüllen.
    Während Santo mit sorgenvoller Miene aus dem Laden gelaufen kam, hob Christmas die matschverschmierte Zeitung auf.
    »Mr. Pep hat gesagt, die soll ich dir geben.« Santo hielt Christmas zwei Dollar hin.
    Christmas steckte sie lächelnd ein.
    »Er bezahlt uns gut, was?«
    »Es geht.«
    »Wie hoch ist mein Anteil?«
    Statt zu antworten, schlug Christmas die Zeitung auf. Die Schlagzeile auf der ersten Seite verkündete:
    Nach dem Überfall auf die Enkelin des Textilmagnaten Saul Isaacson ermordet er seine Eltern. Die Polizei jagt William Hofflund .
    Christmas’ Miene verfinsterte sich. »William Hofflund«, murmelte er grollend.
    »Wie hoch ist mein Anteil?«
    Christmas sah Santo an. Seine Augen waren schmal wie Schlitze. »Das ist er. William Hofflund«, sagte er nur und ging davon.

15
    Manhattan, 1911
    »Ja ... jetzt schmecke ich dich ... So ist es gut ... Ja, ich schmecke dich ... Komm raus ... gut so ... Sie bricht auf ... die Blüte öffnet sich ... und drängt ... drängt nach draußen ... So ist es gut ... Jetzt, jetzt ... jetzt ... Still meinen Durst ...«
    »Sal!«, stöhnte Cetta. Ohne Scham gab sie sich den lustvollen Zuckungen hin, während sie, die Finger in Sals dichtem Haar verschränkt, seinen Kopf an ihren erregten Körper presste und nachspürte, wie ihre warmen Körpersäfte sich mit dem Speichel des Mannes mischten, der zwischen ihren Beinen kniete. »Sal ...«, sagte sie wieder, nun jedoch schwächer, lockerte den Griff ihrer Hände und wölbte den Rücken in einem letzten

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