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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Leuten herrschte oder ein anerkannter Führer vorhanden war, aber Harris und vier andere: Mountain selbst, zwei Schotten – Pinkerton und Hastie – und ein Mann namens Hicks, ein betrunkener Schuster, steckten die Köpfe zusammen und einigten sich über die Richtung. Äußerlich waren sie ziemlich gut ausgerüstet, und der Junker im besonderen nahm ein Zelt mit sich, um einige Abgeschlossenheit und etwas Schutz zu genießen.
    Selbst diese kleinste Vergünstigung brachte die Leute gegen ihn auf, aber er war an und für sich in einer so schiefen und fast lächerlichen Lage, daß Befehlshaberei und freundliches Benehmen sowieso nicht am Platze waren. In aller Augen, Secundra Daß ausgenommen, war er ein gewöhnlicher Dummkopf und ein gezeichnetes Opfertier, das unwissend dem Tode entgegenging, aber er selbst mußte sich für den Anführer und Leiter der Expedition halten. Wohl oder übel mußte er sich dementsprechend benehmen, doch wenn er Autorität oder Herablassung auch nur in den geringsten Dingen zeigte, lachten sich die Betrüger ins Fäustchen. Ich war so sehr daran gewöhnt, ihn in hoheitsvoller Kommandohaltung zu sehen, daß ich qualvoll überrascht war und beinahe rot geworden wäre, als ich seine wirkliche Rolle begriff. Wann er den ersten Verdacht schöpfte, kann man nicht wissen, aber es dauerte lange, und der Truppwar schon außerhalb des Bereiches menschlicher Hilfe, bevor er zur vollen Erkenntnis der Wahrheit erwachte.
    Das kam so: Harris und einige andere hatten sich in die Wälder zurückgezogen zur Beratung, als sie durch ein Rascheln im Laub aufgeschreckt wurden. Sie waren alle an indianische Kriegführung gewöhnt, und Mountain hatte nicht nur mit den Wilden gelebt und gejagt, sondern auch mit ihnen zusammen gekämpft und sich einige Achtung erworben. Er war imstande, ohne Geräusch in den Wäldern zu wandern und eine Spur wie ein Hund zu verfolgen. Deshalb wurde er auf diesen plötzlichen Alarm hin von den anderen beauftragt, in das Dickicht einzudringen, um die Ursache des Geräusches auszukundschaften. Er war bald davon überzeugt, daß in nächster Nachbarschaft ein Mensch war, der sich vorsichtig, aber ohne Erfahrung zwischen den Blättern und Zweigen bewegte, und als er nach kurzer Zeit an einen Platz gelangte, wo er Umschau halten konnte, bemerkte er Secundra Daß, der rasch von dannen kroch und dabei oft rückwärts blickte. Er wußte nicht, ob er lachen oder weinen sollte, und seine Gefährten waren sich ebensowenig darüber einig, als er zurückkehrte und ihnen Bericht erstattete. Ein Überfall durch Indianer war nicht sehr wahrscheinlich, aber da Secundra Daß bemüht war, sie auszuspionieren, war es höchst wahrscheinlich, daß er Englisch verstand, und wenn er Englisch verstand, war es sicher, daß der Junker ihren ganzen Plan kannte. Die Lage war einigermaßen sonderlich. Wenn Secundra Daß seine englischen Kenntnisse verbarg, so war andererseits Harrisin verschiedenen Dialekten Indiens bewandert, und da seine Taten in jenem Teil der Welt mehr als anrüchig waren, hatte er es für richtig befunden, diesen Umstand bisher zu verschweigen. Jede Partei besaß also Spioniermöglichkeiten. Die Verschwörer kehrten zum Lager zurück, sobald ihnen diese Tatsache bekanntgegeben war, und Harris kroch zum Zelt, als er vernahm, daß der Hindu wieder einmal mit dem Junker allein war. Die andern saßen mit ihren Pfeifen am Feuer und warteten ungeduldig auf den Bericht. Als Harris schließlich kam, war sein Gesicht sehr finster. Er hatte genug gehört, um seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt zu finden. Secundra Daß sprach sehr gut Englisch, er hatte sich mehrere Tage lauschend umhergetrieben, der Junker war über die Verschwörung in jeder Beziehung unterrichtet, und die beiden hatten beschlossen, am nächsten Morgen an einer geeigneten Stelle den Trupp zu verlassen und auf gut Glück in die Wälder vorzudringen. Sie zogen die Gefahr der Hungersnot und die Angriffe wilder Tiere und wilder Menschen dem Leben inmitten der Verrätergruppe vor.
    Was war also zu tun? Einige waren dafür, den Junker auf der Stelle zu töten, aber Harris versicherte sie, daß ein solches Verbrechen ihnen keinen Vorteil bringe, da das Geheimnis des Schatzes dann mit ihm begraben werde. Andere waren dafür, daß man das ganze Unternehmen sofort aufgebe und nach New York fahre, aber der Anreiz, den der Schatz bot, und der Gedanke an den langen Weg, den man schon zurückgelegt hatte, stimmte die Mehrzahl gegen den

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