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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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schloss sein Auto auf. Er griff ins Handschuhfach und nahm einen Frischhaltebeutel mit einem rohen Hackfleischbällchen heraus. »Ist nicht viel, Kumpel«, entschuldigte er sich. »Du willst es trotzdem, oder? Klar. Du kommst immer wieder. Ein zufriedener Kunde.«
    Er öffnete den Beutel. Das Hackfleisch war noch teilweise gefroren, aber weich genug, um es zu zerteilen. Er brach kleine Stücke ab. Ein paar warf er in die Luft, damit der Hund sie auffing. Es gefiel ihm, wie George das Fleisch mit einem kurzen Schnappen aus der Luft holte. Andere Stücke hielt er ihm mit der Hand hin. George nahm sie wie ein echter Gentleman, indem er sie vorsichtig mit den Vorderzähnen anhob, ehe er sie schluckte.
    »Das war’s, Kumpel«, sagte Barney lächelnd.
    George sah mit großen hoffnungsvollen Augen zu ihm auf.
    »Traurig, aber wahr.«
    Barney kniete sich hin und ließ den Hund seine Finger ablecken. »Ja, alles weg. Aber komm morgen Nacht wieder. Dann hab ich ein paar neue Leckerchen für dich.«

    Er ging zurück zur offenen Tür des Museums, während George neben ihm hertänzelte.
    »Gute Nacht, George, alter Kumpel.«
    Er tätschelte das braune Fell auf dem Rücken des Hundes und schloss die Tür. Dann schaltete er die Taschenlampe an und stieg die Treppe hinauf. Er musste dem Hausmeister einen Zettel wegen der kaputten Glühbirne schreiben. Da konnte man sich ja im Dunkeln den Hals brechen. Ein kleiner Ausrutscher konnte schon reichen.
    Auf dem Absatz im Erdgeschoss drückte er die Metalltür auf und trat ins Foyer. Es war nur schwach beleuchtet. Er schaltete seine Taschenlampe aus und hängte sie wieder an den Gürtel, dann ging er zum Vordereingang. Er sollte sich lieber vergewissern, dass dort alles in Ordnung war, ehe er seine Runde über den Hauptgang drehte.
    Nachdem er die Türen kontrolliert hatte, hörte er das Poltern.
    Als wäre etwas Hölzernes auf den Boden gefallen. Er lauschte auf weitere Geräusche, aber es war still im Museum.
    Er dachte: Das ist die Stille des Grabes, Barney, eine Stille, die man fühlen kann.
    Wahrscheinlich hatte das Geräusch nichts zu bedeuten: ein Regalbrett, das von der Wand gefallen war, oder ein gerissenes Halteseil, so dass irgendwas von dem altertümlichen Kram umgefallen war. Andererseits …
    Verflucht – er hätte die Tür im Auge behalten sollen, als er George gefüttert hatte. Vielleicht hatten sich ein paar Kinder reingeschlichen. Oder irgendwelche Penner,
die einen Platz zum Schlafen suchten. Oder eine beschissene Katze.
    Leise ging er zur Haupttreppe. Während er hinaufstieg, ließ er seinen Blick durch die Gitterstäbe des Geländers über die Galerie im ersten Stock schweifen. Es schien niemand dort zu sein.
    Er wünschte sich seine Kanone, nur für alle Fälle. Aber in diesem verfluchten Museum ließen sie ihn keine Waffe tragen; sie sagten, sie wollten nicht, dass jemand verletzt würde. »Wenn es Ärger gibt, Barney, ruf die Polizei. « Klar, ich ruf die Polizei, und die finden dann eine Katze in der Callahan-Sammlung. Das würde dann jedem im Revier endgültig bestätigen, dass Barney ein ausgemusterter alter Sack war. Man musste ein Sondereinsatzkommando losschicken, um Barney vor einer Katze zu schützen. Na klar.
    Zum Teufel.
    Es klang, als käme das Geräusch wirklich von dort. Er fragte sich, wieso er diesen Eindruck hatte – nur weil der Callahan-Raum näher am Treppenhaus lag als die anderen Räume? Er ging zum Eingang. Warf einen Blick hinein. Dunkel. Sehr dunkel. Kein Licht im Raum. Barney konnte nur vage Umrisse erkennen. Er hakte die Absperrkordel aus und ließ sie fallen. Dann ertastete er den Lichtschalter. Klick. Ein Dutzend Lampen hinter den getönten Deckenplatten füllten den Raum mit weichem Licht.
    He, wie ist das denn passiert?
    Der Deckel des Mumiensargs lag auf dem Boden.
    Barney stand reglos da und sah sich im Raum um: der Ausstellungskasten voller Schmuck, eine Ansammlung von Gold und Himmelblau, das Rad des Streitwagens,
Dutzende von Statuetten, die steinernen Kanopen, der Sarg.
    Niemand da.
    Es sei denn, ein Eindringling hockte hinter der anderen Seite des Ausstellungskastens. Sie können mich sehen, aber ich sie nicht. Beobachten sie mich, während ich hier stehe? Hoffen darauf, dass ich die Schultern zucke und mich abwende? Hier ist nichts. Zeit, weiterzugehen.
    Nein. Barney, der so viele Jahre als Polizist auf dem Buckel hatte, würde sich nicht derart leicht reinlegen lassen.
    Leise ging er an dem Kasten entlang zum anderen Ende.

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