Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
ich wieder zu mir kam, gemahnte mich der Schmerz in allen Gliedmaßen schnell an die Ernsthaftigkeit meiner Lage. Die Dunkelheit war so dicht, dass ich mehrmals blinzelte, um sicherzugehen, dass meine Augen tatsächlich offen waren. Da ich den unebenen Boden unter meinem Rücken spürte, wusste ich, ich lag mit dem Gesicht nach oben. Ich hob meine Arme. Es erleichterte und tröstete mich, meinen noch immer nackten Körper zu betasten; mein Gesicht, meine Brust, meinen Bauch, mein Gemächt, meine Oberschenkel. Die Berührung der vertrauten Stellen gab mir das angenehme Gefühl, nicht ganz allein in dieser seltsamen und beängstigenden Grube zu sein. Sie verschaffte mir des weiteren Gewissheit, dass ich noch unversehrt war, zumindest in den Bereichen, die ich ertasten konnte. Ich bewegte meine Beine. Sie schienen nicht gebrochen zu sein.
    Während ich dort lag, weiter über meinen Körper strich und meinen Realitätssinn wiedererlangte, begann ich, meine Lage einzuschätzen. Der Teufel Kemwese wollte mich zweifellos hier sterben lassen. Zu diesem Zweck musste er die Öffnung der Grube wieder mit dem enormen Steinblock verschlossen haben, der sie ursprünglich bedeckt hatte. Selbst wenn es mir gelingen sollte, hinaufzuklettern, wäre ich nicht fähig, den Stein zu verschieben. Dennoch schienen meine besten Überlebenschancen darin zu bestehen, etwas in dieser Richtung zu unternehmen.

    Ich starrte in die schwarze Leere über mir und versuchte festzustellen, ob Kemwese tatsächlich den Stein zurückgeschoben hatte. Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hätte ich das Licht der Sterne oder des Mondes sehen müssen. Es war nichts zu sehen. Nichts.
    Ich beschloss, dass ich nichtsdestotrotz versuchen musste, hinaufzuklettern. Zuerst wäre es jedoch klug, die Grenzen meines Gefängnisses zu erkunden.
    Als ich mich aufsetzen wollte, schien der unebene Grund unter mir zu wackeln. Mit einer Hand betastete ich den Klumpen unter meiner nackten Hüfte und stellte sofort fest, dass die nachgiebige Oberfläche aus Haut bestand. Meine Finger setzten ihre Erkundungen fort. Die Haut fühlte sich verknittert und eingefallen an. Ich drückte darauf und spürte die feste Rundung eines Knochens unter der Oberfläche. Mit einem Keuchen sprang ich weg von der Kreatur.
    Ich kauerte auf dem Boden und starrte zitternd in ihre Richtung. Natürlich konnte ich nichts erkennen. Um meine Befürchtungen zu bestätigen, wagte ich mich schließlich vor. Meine Hände stießen wieder gegen das tote Fleisch. Nach kurzer Prüfung wurde mir mit schmerzlichem Entsetzen und Abscheu bewusst, dass mein Sturz von der vertrockneten Leiche eines Mannes gedämpft worden war.
    Er war, genau wie ich, nackt. Ich fragte mich, ob er ebenfalls bei Ausschweifungen mit den Töchtern Kemweses ertappt worden war. Bei dem Gedanken fröstelte ich trotz der fürchterlichen Hitze in der Grube. Vielleicht würde ich genauso enden wie er.
    »Nein, verdammt«, sagte ich. Meine Stimme klang schrecklich laut in der geschlossenen Kammer. Dumm, ich weiß, aber einen Moment lang befürchtete ich, meinen verstorbenen
Kameraden aufgeschreckt zu haben. Ich lauschte und rechnete fast damit, dass er etwas sagen würde. Oder schlimmer, dass er zu mir kommen und seine toten Finger auf meinen nackten Körper legte.
    Zu meiner großen Erleichterung geschah nichts.
    Alles, was ich hörte, war mein abgehackter Atem.
    Ein trockenes, schwerfälliges Geräusch.
    Von diesem Punkt an bemühte ich mich, still zu bleiben.
    Bei den Füßen des toten Mannes beginnend kroch ich zentimeterweise an den Wänden meiner Zelle entlang. Auf allen vieren bewegte ich mich durch uralten Staub, der sich in meiner Kehle trocken wie tote Haut anfühlte. Ich ließ meine Schulter an der Steinwand entlangstreifen, um die Orientierung zu behalten. Nachdem ich eine knappe Minute auf diese Weise vorgegangen war, stieß meine Hand auf ein Gesicht. Ich schrie auf.
    Das Geräusch hallte wider wie das Heulen einer Todesfee.
    Ich schlug mir so fest die Hände auf die Ohren, dass es schmerzte.
    Lange hockte ich an der Wand, keuchte in der heißen Luft und kämpfte darum, meine Selbstbeherrschung wiederzuerlangen. Dann wagte ich mich erneut vor. Mit zögerlichen Händen machte ich mich mit meinem neuen Nachbarn vertraut. Sein Fleisch fühlte sich steifer an als das des anderen Mannes, was mich vermuten ließ, dass er sich schon länger in der Grube befand. Meine Hände tasteten sich an einem nackten Glied entlang. Ich hätte nicht

Weitere Kostenlose Bücher