Der Kaffeehaendler - Roman
Kredit war.
Anschließend schaute Miguel sich in der Börse um, wobei er stets ein Auge auf die Uhr und das andere Ende des Innenhofs hatte. Er tätigte ein kleines Geschäft, bei dem er billiges Holz kaufte, das ein Bursche losschlagen wollte, weil er Kapital benötigte, und plauderte dann mit Freunden, bis er fünf schwarz gekleidete Holländer bemerkte, die sich der Walfischtranecke näherten. Sie waren jung, pausbäckig und sauber rasiert und hatten die selbstsichere Miene von Männern aufgesetzt, die mit großen Summen hantieren, die nicht ihnen gehören. Sie waren Vertreter der Ostindischen Kompanie, und sie trugen ihre Mitgliedschaft wie eine Uniform. Männer hielten in ihren Gesprächen inne, um sie zu beobachten.
Alle fünf begannen gleichzeitig. Sie riefen nach Walfischtran, bestätigten den Kauf mit einem Händeklatschen und schritten weiter zum nächsten Geschäft. Fast sofort danach hörte Miguel lautstarke Bestellungen für neununddreißig pro Viertel. Die ersten Rufe erklangen auf Holländisch, Latein und Portugiesisch: »Kaufe hundert Viertel für vierzigeinhalb.« Eine andere Stimme erwiderte: »Verkaufe für vierzig.«
Miguels Herz hämmerte vor Aufregung. Es war genauso, wie Geertruid gesagt hatte – der Kaffee war wie ein Geist, der Besitz von seinem Körper ergriffen hatte. Er hörte jeden Ruf ganz deutlich; er kalkulierte jeden neuen Preis mit unverzüglicher Präzision. Nichts entging seiner Aufmerksamkeit.
Eine Hand um seine Quittung geklammert, spürte er die Stimmung der Menge klarer als je zuvor. Er hatte Dutzende dieser hektischen Abläufe miterlebt, aber nie das Gefühl gehabt, er könnte die Strömungen im Fluss des Geschehens erkennen. Mit jedem neuen Preis nahm die Strömung eine andere Richtung, und jemandem, der genau aufpasste, dessen Verstand durch das wunderbare Getränk geschärft war, offenbarte sich alles. Miguel verstand jetzt, wieso er in der Vergangenheit gescheitert war. Er hatte stets an die Zukunft gedacht, doch nun war ihm klar, dass die Zukunft nicht zählte. Nur dieser Moment, dieser Augenblick war wichtig. Der Preis würde heute in der allgemeinen Erregung seinen Höhepunkt erreichen, morgen würde es einen Preissturz geben. Nur auf das Jetzt kam es an.
Zweiundvierzig Gulden pro Vierteltonne, vierundvierzig Gulden. Nach wie vor keine Anzeichen für ein Nachlassen des Preisanstiegs. Siebenundvierzig.
Er hatte sich immer schon gefragt, woran er erkennen sollte, wann er aktiv werden musste. Man brauchte Erfahrung und Glück und Scharfsinn, um zu wissen, wann ein Preis auf seinem Höhepunkt war. Es war besser, kurz vor dem Höhepunkt zu verkaufen als kurz danach, denn die Werte fielen weitaus schneller als sie stiegen, und sich um eine Minute zu vertun, konnte schon Verlust bedeuten. Heute würde er den richtigen Moment erkennen.
Miguel beobachtete die Gesichter der Händler genau und hielt Ausschau nach Anzeichen von Panik. Da bemerkte er, dass die fünf Vertreter der Ostindischen Kompanie begannen,
sich von dem Trubel abzuwenden, den sie erzeugt hatten. Wenn sie nicht mehr da waren, würde erheblich weniger gekauft werden, und die Preise würden bald sinken. Ein Ruf erhob sich nach fünfzig Vierteltonnen zu je 53 Gulden. Es war Zeit zuzuschlagen.
Jetzt! schrie der Kaffee. Los!
» Fünfzig Viertel«, rief Miguel laut, »für dreiundfünfzigeinhalb Gulden.«
Ein dicker kleiner Makler namens Ricardo, ein Jude aus der Vlooyenburg, klatschte Miguel auf die Hand, um den Handel zu bestätigen. Und so war er abgeschlossen.
Miguels Herz klopfte. Sein Atem ging schnell und krächzend, während um ihn herum die Preise fielen. Fünfzig Gulden, dann achtundvierzig, fünfundvierzig. Er hatte genau im richtigen Augenblick verkauft. Die Zweifel, die ihn geplagt hatten, die Schwerfälligkeit, die trüben Gedanken waren verflogen. Er hatte sie mit Kaffee vertrieben, so wie ein guter Rabbi mit Hilfe der Thora Dämonen vertreibt.
Miguel fühlte sich, als wäre er soeben den ganzen Weg von Rotterdam hergerannt. Alles war so rasch vor sich gegangen, aber jetzt war es vollbracht. Wenige hektische Minuten hatten ihm einen reinen Profit von achthundert Gulden verschafft.
Er musste an sich halten, um nicht laut loszulachen. Es war wie das Erwachen aus einem Albtraum, wenn er sich sagen musste, die Schrecken des Traumes seien nicht real. Die Schulden, die ihn quälten, konnten sich ebenso gut in Luft auflösen, so wenig zählten sie noch.
In seiner Euphorie packte er einen jungen
Weitere Kostenlose Bücher